von MonsieurL » 27. Dez 2014 15:39
Da ich vier Jahre für Euroskat gearbeitet habe, kann ich diesbezüglich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern. Es ist in der Tat so, dass die Schnitte online deutlich niederiger sind als offline. Und zwar vermutlich bei allen Spielern. Es gab bei Euroskat keinen einzigen Spieler, der im Turnierbereich (also um Echtgeld) bei einer signifikanten Listenzahl einen Schnitt von über 1100 Punkten hatte. Und die Zahl derer, die über 1000 lagen, war ausgesprochen gering.
Da wir keine Aussagen darüber treffen können, wie hoch der Schnitt der meisten Spieler offline ist, ist ein Vergleich schwierig. Aber wir konnten natürlich die Spieler beurteilen, die offline in unserem Verein oder in einem der von uns regelmäßig besuchten Vereine aktiv sind. Und da ist eine Abweichung von rund 100 Punkten so ungewöhnlich nicht. Bei unserem Verein lag sie etwas niedriger, aber das liegt daran, dass das Spielniveau bei uns allgemein sehr hoch ist, was den Schnitt aller Spieler senkt (dieses Jahr hatte gerade mal der Vereinsmeister einen Schnitt von knapp über 1000 Punkten, alle anderen lagen deutlich darunter). Bei Vereinen, in denen das Gefälle sehr viel größer ist, geht der Titel des Vereinsmeisters erfahrungsgemäß selten unter 1100 weg.
Ein plausibler Grund dafür ist, dass online sehr viel offensiver gereizt wird. So lag der Schnitt der Platten aller Spieler in Standardturnieren bei 2,1 Spielen pro Serie. Mir wurde erzählt, dass sich mal jemand die Mühe gemacht hat, den Schnitt aller Platten bei einer größeren Anzahl von Offline-Turnieren auszurechnen, und dass dieser dort bei 1,9 lag (ich kann für diese Zahl keine Gewähr geben, sie kommt mir jedoch fast schon ein wenig zu hoch vor). Dieser Unterschied von 0,2 Schnittpunkten hört sich wenig an, wirkt sich aber signifikant aus.
Allerdings macht er sicher keine 100 Punkte aus. Über den Rest kann man nur spekulieren. Es gibt aber einige Anhaltspunkte, die mir durchaus schlüssig scheinen. Das Verklicken (online) und Verwerfen (offline) sollte sich etwa die Waage halten, aber falsche Spielansagen bzw. die Verwechslung von Button (z.B. statt Karten zeigen Spielaufgabe drücken) dürften bei der rasanten Geschwindigkeit des Online-Spiels sehr viel häufiger vorkommen als beim Offline-Skat.
Die nicht-Gönnen-Können-Mentalität ist im unpersönlichen Internet deutlich verbreiteter als beim Offline-Skat, was häufig zu Privatfehden und "Abrechnungen" führt, die beiden Kontrahenten schaden.
Vorallem aber sehe ich das Thema Mischen als ein sehr wesentliches an. Bei einem vernünftigen Online-Skatprogramm passiert das Mischen mithilfe eines Zufallsgenerators. Es bewegt sich daher tatsächlich in etwa entlang der statistischen Größen, an denen es sich bewegen sollte (die Informatiker, Mathematiker etc. mögen mir meine fachlich mangelhafte Ausdrucksweise nachsehen oder die dahinterstehende Aussage bitte präzisieren). Beim Live-Spiel jedoch beobachte ich ständig, dass nur sehr marginal gemischt wird. Gerade bei abgekürzten Spielen, in denen lange Farben oder Buben noch zusammenstecken, kommen so sehr oft dicke Anschlussspiele raus, weil die Farben oder Buben zusammenbleiben.
Es grüßt der Monsieur