Grundsätzlich, das Aufspiel ist einer der größten Herausforderungen im Skat, hier sind sich oft die Profis nicht einig. Oft entscheidet aber direkt das Aufspiel, ob man ein Gegenspiel erfolgreich zu Ende bringen kann oder nicht. Was aber auch nicht weiter erstaunlich ist, da es vor den ersten zehn Stichen meistens viel zu viele Konstellation gibt, welches eigene Aufspiel das Spiel des AS kippen kann bzw. könnte. Es gibt dazu auch keine grundsätzlichen Regeln oder Weisheiten, die immer passen. Früher lehrte man langer Weg, kurzer Farbe und kurzer Weg lange Farbe, auch wenn das sicher in vielen Fällen nicht falsch ist, dennoch gibt es doch mittlerweile ein Haufen anderer Überlegungen, welche uns zu anderen und gezielteren Aufschlägen veranlässt. Handspiele haben dazu nochmal ihr eigene Besonderheiten, da der AS nicht in der Lage war, ggf. schwache Karten selbst zu drücken, viele sind deswegen wie beim Grand der Überzeugung und verkaufen es als Weisheit, dass bei einem Handspiel / Grand immer ein Ass auf den Tisch kommen muss. Wenn dieses "immer" und Allgemeingültige nicht wäre, könnte man das sogar auch fast so stehen lassen. Vielleicht vorab nochmal, es gibt keine lehrbare Lösung für das Aufspiel, es gibt eben nur weniger geeignete und stärkere / besser Karten für das Aufspiel. Es gibt auch immer verschiedene Heransgehensweisen, ich versuche euch mal meine zu schildern.
Von folgenden Faktoren sind Aufspiele abhängig:
- Blatteinschätzung / Kartenverteilung
1. Das eigene Blatt, wie stark sind meine Karten, wieviele Trümpfe / Volle habe ich? Kann ich ggf. das Spiel des AS selbst schlagen oder brauche ich den Partner, wenn ja in welchen Farben / in Trumpf? Was wissen die Mitspieler über mein Blatt, habe ich selber gereizt? Welche Informationen habe ich von den anderen aus der Reizung ggf. auch beim passen über Gestik, Mimik und Kommentare?
2. Das Blatt des Partners, was glaube ich welche Karten der Partner führt, hat er gereizt, kann man sich eventuell schon eine grobe Vorstellung über die Karten des Partners machen?
3. Das Blatt des AS, wir spielen immer gegen ein Blatt, was wir auch gewinnen können, selbst wenn der AS aufgrund der Reizung vermutlich 4 Bauern führt. Die meistanzutreffende Konstellation bei einem AS ist allerdings eine 6-3-1 oder 6-2-2 Konstellation, sprich (6) Trumpf, (3) Ass zu dritt (ggf. mit der Zehn) plus (1) eine Faule.
- grober Gewinnplan
1. soll der AS stechen?
2. suche ich einen Einschub in die Karte des AS?
3. spiele ich meinem Partner einen Vollen frei / kaputt, ggf. nach seiner Reizfarbe?
4. spiele ich von meinen eigenen Vollen?
5. will ich eine blanke Lusche möglichst teuer beim AS abpflücken?
6. habe ich nur wenige Trumpf und will eine hohe Trumpfzählkarte retten?
7. komme ich wieder ans Spiel, muss ich vielleicht im dritten oder vierten Stich wieder selbst antreten, was mache ich dann, insbesondere wenn meine ersten Überlegungen scheitern zu drohen?
- konkretes Aufspiel
nachdem ich mir nun bestmöglich Gedanken über die oben genannten Punkte gemacht habe, muss ich mich jetzt entscheiden, wichtig hierbei ist, das ich schon einen groben Gewinnplan zurecht gelegt habe, den ich verfolge und dann auch konsequent durchspiele. Ein konkretes Aufspiel kann man logischerweise nur an einem konkreten Ausgangsblatt bestimmen. Ich versuche mich mal an Erics Ausgangsblatt meine genannten Punkte zu verarbeiten.
MH: 36 gehalten, spielt Pik Hand
HH: 36 gereizt, wollte wohl Kreuz oder Karo spielen, wahrscheinlich Kreuz da ich selbst 5 Karos führe, auch sicher: für ein Handspiel hat es bei HH nicht gereicht
Ein MH-Spieler braucht in der Regel ein Blatt, welches um eine Karte/Tick/Nuance stärker ist als in HH und VH.
Ausgehend von meiner 6-3-1 Verteilung spielt, hat er 2 schwarze Buben und Herz Ass, da er Hand spielt, führt er in einem solchen Fall wahrscheinlich auch noch die Herz Zehn dazu.
Ausgehend von einer 6-3-1 Verteilung kann man sich jetzt andere mögliche schlagbare Konstellation basteln. Alternativ wäre ein Spiel mit 7 oder 8 Trümpf, mit zweien führt er Herz Ass wohl nicht, ohne 2 wahrscheinlich schon, sonst würde sein Blatt kein Handspiel hergeben, außer er spiel mit 8 Trumpf.
Bei einem Handspiel können für den AS ekelige Karten im Skat liegen zum Beispiel Karo oder Herz, ggf. auch ein schwarzer Bube (hier wohl ausgeschlossen aufgrund der HH-Reizung), so dass er Schneider spielen muss (drauf achten und rechtzeitig erkennen!!!)! Da wir gegen eine gewinnbare Verteilung ohne schwarzen Buben im Skat spielen wollen, geben wir dem AS 4 Abgeber, entweder 2 in Trumpf und 2 Nebenfarben oder 3:1 in Trumpf und / oder Nebenfarben.
Da ich nun nicht sicher weiß, wieviele Trumpfstiche wir bekommen werde und ich folglich nicht weiß wieviele Möglichkeiten ich zum Schmieren bekommen werde, suche ich zunächst einen / den Fehl in Beikarte beim AS, den hat er wohl sicher, er spielt ja auch Hand, so dass er eine unangenehme Karte vielleicht nicht drücken konnte. Es gibt zusätzlich noch die Option, das günstige Karten für mein Aufspiel im Skat liegen könnten. Wie oben erwähnt, sollte man sich auch Gedanken dazu machen, ob man das Spiel selber legen kann, das geht natürlich wie immer nur bedingt, aber wenn der AS Karo führt, so kann ich hier selbst direkt das Kommando übernehmen. Aus diesen Gründen wäre mein Aufspiel hier Karo Ass, zumal ja auch noch ein oder 2 im Skat liegen können und der Partner zum Beispiel von Haus aus Karo frei sein könnte, das würde auch zur Reizung ohne Ass passen. Ein weiterer Aspekt ist für mich auch, sollte der AS kein Karo führen, 1. ich schwäche ihn in Trumpf und 2. ich weiß relativ sicher, dass mein Kreuz Ass laufen wird, womit der Partner im weiteren Spiel sowieso kommen wird und ich dann je nach Situation den AS weiter mit Karo quälen kann. Und vor allem der Partner weiß dann vermutlich auch schon das ohne Kreuz Ass bei mir nichts mehr geht und er ruhigen Gewissen auch seine Kreuz 10 zu viert auf den Tisch knallen kann.
Betrachten wir noch die anderen Aufspiele, Trumpf ist murks, wenn der AS tatsächlich auf 6-3-1 steht und der Partner starke Trümpfe führt, da die meisten AS sowieso Trumpf eröffnen sobald sie am Spiel sind, schenkt man ihnen mit so einem Aufspiel quasi die Vorhand und das wichtigste meine Karte bietet ja durchaus andere Optionen, deswegen hier sicher kein Trumpfzauberaufspiel.
Ein Herzaufspiel klärt dem AS die Herzfarbe und kriegt ein Einspiel und somit auch quasi die Vorhand, in MH muss der AS quasi das letzte verbliebene Fehlass führen für ein brauchbares Handspiel, sollte mein Partner in der Folge ans Spiel kommen, wird er meinem Aufspiel vielleicht vertrauen und der AS bekommt ein doppelte Einspiel, das ist murks.
Bliebe noch Kreuz Ass, in Kreuz führt der Partner viele Karten, so dass hier ein Abstich / durchgehen nicht wahrscheinlicher ist als in Karo. Karo klärt die Karte meines Erachtens besser, da der Partner sieht, wo die Baustellen des AS sind und er in der Folge sowieso mit Kreuz kommen wird, weil er kaum noch anders kann, das habe ich ja schon als positiven Effekt für das Karo Ass beschrieben. Was für das Kreuz Ass spricht ist klar, nämlich dass der AS auch hier seine blanke Fehlkarte führen könnte und wir je nach Spielverlauf keinen Herz Stich bekommen und folglich Karo Ass und Zehn in trumpfstichen des Partners benötigen, dann hätten wir mit dem Karo Ass Aufspiel mit Zitronen gehandelt.
Bleibt noch eine kurze Anmerkung zu meinen beiden Herzern, die könnten im folgenden Spielverlauf noch wichtig werden, denn sollte der AS kein Karo führen und die Übergabe auf Kreuz gelingen, habe ich hier immer noch die Möglichkeit im Mittel- / Endspiel Herz zu bringen und meinem seine 10 freizuspielen. Ob das alles so gelingt, bleibt natürlich abzuwarten. Wenn Karo Ass läuft und keine Übergabe stattfinden kann, hat der Partner hoffentlich einen Trumpfrückschub in der Hand, um seine Herz 10 zu retten, so dann er sie denn führt.
Von 4 möglichen Sternchen würde ich folgende Verteilung vergeben.
Karo Ass ***
Kreuz Ass **
Trumpf *
Herz *
So das solls erstmal gewesen sein, ich hoffe ich konnte insbesondere dir Eric, aber auch allen anderen, meine Überlegungen etwas näher bringen, und Aufspielmöglichkeiten etwas verständlicher machen.
MfG
ThomAss