Absichtlich falsch bedienen?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon fabsen » 7. Sep 2022 17:21

Hallo,

ich vermute, die Frage geht eher in die "Regelwerk" Rubrik, da habe ich allerdings keinen Zugriff, deshalb versuche es hier.
Auch wurde die Frage wahrscheinlich schon 1000x gestellt, aber ich kann in der Suche dazu leider nix finden :/.

Gibt es Situationen, in denen absichtliches falsch Bedienen sinnvoll ist?

Dazu habe ich mir folgende Situation überlegt:

Es wird einfacher Grand gespielt und jeder Mitspieler hat noch drei Karten in der Hand:
VH, Alleinspieler, Ausspiel: Bube Kreuz, Ass Karo, 7 Karo.
MH: Bube Pik, 8 Karo, 7 Kreuz
HH: Bube Karo, Zehn Karo, Dame Pik
Der Alleinspieler hat 60 Punkte, braucht also noch 30 Punkte zum Schneider (sprich alle Stiche).
VH spielt den Kreuz Buben, MH bedient und Hinterhand ist an der Reihe.

Falls HH davon ausgeht, dass die Gegenpartei keinen Stich mehr bekommt (oder wenn HH auf keinen Fall möchte, dass VH den Extrapunkt bekommt, bspw. am Ende einer Liste), ist es vorteilhaft hier falsch zu Bedienen.
So wird nur ein einfaches Spiel angerechnet und kein Schneider.
1. Der Regelverstoß tritt erst im drauf folgenden Stich auf.
2. "Die schuldige Partei ist zum Weiterspiel verpflichtet, wenn es die andere Partei verlangt. Dann zählt der Regelverstoß als nicht begangen." -> Dann macht der AS keine 90 Pkt.
3. "Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre. " -> Ist nicht sicher. Aber gilt 4.1.4 hier überhaupt?

Passt die Grundüberlegung oder habe ich einen Fehler in meiner Logik? Fall nein:

Ist das erlaubt, weil Teil des Spiels oder unsportlich? Was meint ihr?
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Skatfuchs » 8. Sep 2022 16:24

Hallo,

ein "absichtlich falsch bedienen" ist zulässig, wenn es darum geht, die gegnerische Partei zu bluffen.
Ein solch typischer Fall ist, auf ein angespieltes Ass des AS gleich den König zuzugeben (obwohl man noch eine Lusche der Farbe hält) mit dem Ziel, dass er dann nicht noch die Zehn nachspielt.
Dient dieses absichtlich falsch zugeben aber dem Zweck, eine höhere Gewinnstufe des AS zu verhindern, die er sonst wahrscheinlich erreicht hätte und die er durch das Spiel nachweisen muss, aber nun nicht mehr kann, dann ist dies grob unsportlich und nicht zulässig.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Mathias » 9. Sep 2022 03:23

>> auf ein angespieltes Ass des AS gleich den König zuzugeben (obwohl man noch eine Lusche der Farbe hält)

Das ist nicht "falsch" bedient, das ist eine Finte, die völlig legal ist.

Das "Absichtlich falsch bedienen" des Titels bedeutet, einen Regelverstoss zu begehen, um einen Vorteil zu erlangen. Das ist unsportlich, aber schwer zu ahnden über den einfachen Spielverlust hinaus.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Skatfuchs » 9. Sep 2022 11:26

Hallo,

ich habe das Thema mal in's "Regelwerk" verschoben, wo es hingehört.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Sifo-Dyas » 9. Sep 2022 14:47

Als Schiedsrichter und als VG- Spielleitung würde ich dir sofort die rote Karte zeigen und für künftige Turniere wärst du unter verschärften Beobachtung. Ob das Sportgericht dich sperrt wäre eine weitere Frage.

Bei (regelmäßig) privat von mir organisierten Preisskats wärst du auch zusätzlich gesperrt.


Das ist Falschspiel und nichts anderes!!!

Schönes Wochenende
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon mr.kite » 9. Sep 2022 17:37

@Skatfuchs: Das ist auch eine Möglichkeit, einen Teilnehmer zum Schweigen zu bringen :lol:

Zunächst aber mal Glückwunsch an den Aufgabensteller: Genau in die Regelungslücke getroffen! Wirklich gut konstruiert, da vergisst man doch leicht so einen Verstoß gegen die Forenregeln.
Aber der Reihe nach. Es gibt hier zwei Problemstellungen zu lösen. Erstens: Wie wird das Spiel gewertet? Zweitens: Was passiert turnierrechtlich mit HH?

Fangen wir mit der zweiten Frage an:
5.3 Wettspielordnung sagt: Veranstalter und Spielleitung haben das Recht, bei nachweisbar willkürlichen Verstößen Teilnehmer ohne weiteres vom Weiterspiel auszuschließen. Das Startgeld ist dann verfallen. Jede erneute Beteiligung kann versagt werden.
-> HH begeht hier einen Regelverstoß (Nichtbedienen ist ein Verstoß gegen 4.2.1 ISkO), und dies mit voller Absicht, also willkürlich. Jetzt kann die Spielleitung von einer Ermahnung bis zum Ausschluss gegen den Spieler vorgehen, je nach Wunsch. Der Nachweis des Vorsatzes wird natürlich in aller Regel nur dann gelingen, wenn HH die Absicht zugibt. Bei einem geständigen Sünder wäre die Höchstsanktion eventuell unangebracht, aber das ist wieder eine andere Geschichte mit anderen Maßstäben.

Wie das Spiel nun selbst zu werten ist, finde ich gar nicht so leicht. 4.1.3 und 4.1.4 scheint hierfür schon die richtige Norm zu sein. Zum einen kann man hier durchaus diskutieren, ob der theoretische Nachweis nicht doch gelungen ist. Zum anderen ist ein Paradebeispiel dafür, dass man hilfsweise den 1.1.5 auch mal für eine längere Rückabwicklung nutzen kann. Aber das war ja gar nicht die Frage.

Die Antwort auf die Frage lautet eindeutig: Das Vorgehen von HH ist nicht erlaubt und zusätzlich unsportlich.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon AndreasHL » 14. Sep 2022 21:43

Hallo,

jetzt hat man mich das doch auf eine blöde Idee gebracht, daher ist meine Frage auch eher theoretisch:

Spieler A sagt Grand Hand Schneider an. Spieler B bedient absichtlich falsch und so, dass es auch bemerkt wird. Wie wird das Spiel jetzt gewertet?

Spieler A hat alles richtig gemacht, man kann ihm nichts vorwerfen.

Spieler B ist nicht AS und daher kann ihm ja nichts passieren, oder?

Ich kann mir nur zwei Lösungen vorstellen: Alle Karten zurück bis zu dem Punkt, an dem B falsch bedient hat, und weiter spielen unter verschärfter Beobachtung des Schiedsrichters

oder

B bekommt das Spiel als verloren gemäß Spielansage angeschrieben, hier also Grand Hand Schneider.

Wie seht ihr das?

Viele Grüße

Andreas
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Mathias » 15. Sep 2022 03:18

Ein Spiel, das durch einen Fehler der Gegenpartei beendet wird, wird einfach gewertet -- ES SEI DENN, dass die höhere Spielstufe zum Spielgewinn des AS nötig ist.

>> Wie wird das Spiel jetzt gewertet?

Der Alleinspieler gewinnt Grand Hand Schneider.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Hulsch » 15. Sep 2022 10:25

Zusätzlich hat der AS immer das Recht auf Weiterspiel zu bestehen!

Ein erfahrener Spieler wird sich davon nicht hinters Licht führen lassen.

Es widerspricht dem Fairness Gebot (auch in den Regeln verankert!) und derjenige, der das ernsthaft in Erwägung zieht, sollte mMn sich einen anderen Freizeitvertreib suchen.

Ich mag solche Leute einfach nicht (handeln nach dem Moto: alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten, deswegen versuch's ich) und würde das demjenigen auch sehr deutlich machen.

Prinzipiell bin ich voll auf der Linie von Sifo-Dyas.

Bei mir im Club hat sich auch ein Gastspieler eines Nachbarvereins vor Jahren mal durch einen Betrug (Karten "gestoppt") ins Abseits gestellt und wird, solange ich im Verein was zu sagen habe, auch nicht mehr bei uns spielen.

Klar, das ist einfacher nachzuweisen und eine andere Hausnummer wie dieser Fall.

Beim ersten Verstoß ist eine Bestrafung nicht machbar. Es könnte ja auch nur ein Versehen sein, was natürlich vorkommt.

Passiert das öfters bzw. nachweisbar absichtlich, muss man Konsequenzen ziehen.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Primrose » 15. Sep 2022 10:46

Verstehe ich nicht. Was bedeutet "Karten gestoppt"?
Deutschlands bester Vorhandgeber. :)
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Skatfuchs » 15. Sep 2022 12:16

Primrose hat geschrieben:Verstehe ich nicht. Was bedeutet "Karten gestoppt"?


Hallo,

ja das würde mich auch interessieren. Ich habe zwar inzwischen über 1100 Begriffe aus der "Skatwelt" gesammelt, doch der ist nicht dabei. :nein:

Der Autor des Beitrages wollte übrigens hier auch Stellung nehmen und teilte mir mit, dass er als User in der Rubrik keinen Zugnag hätte.
Das konnte zwar nicht sein, ich habe ihm aber erneut freigeschaltet, falls es ein Problem bei der Anmeldung gegeben haben sollte.
Zusätzlich habe ich ihm angeboten, in seinem Namen einen Post zu erstellen, falls das doch nicht möglich sein sollte.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Hulsch » 15. Sep 2022 16:45

Karten stoppen heißt in unserer Gegend, die Buben zusammen mischen/bringen.

Der Spieler war mir bekannt, daß er das kann und auch schon gemacht hat. Gerade an einem 3er Tisch ist das auch durch extrem hohe Serien von ihm aufgefallen.

Er hatte das aber an meinem Tisch auch gemacht um einem Mannschaftskollegen zu helfen ...

Er hatte 3 grossen Buben zusammengemischt und hat diese nach unten (nach dem Abheben) gezogen.

Das funktioniert, wenn man die Karten schon leicht versetzt hinlegt zum abheben und den "Schnitt" schon vorbereitet hat.

Ich habe ihn dabei erwischt, wie er die obersten 3 Karten nach unten gezogen hatte.

Es gibt schon einige "Spezialisten" für solche Betrügereien, weitere Maschen sind z.B. "buckeln" der Buben. Das heist, man knickt die 4 Buben ganz leicht an, das sie nicht komplett aufliegen.

Dann weis man, wo man abheben muss oder wenn ein Bube liegt etc.....

Auch einen solchen Herren habe ich auf einer LV Einzelmeisterschaft am Tisch gehabt und konnte ihn überführen. Der wurde für 2 Jahre gesperrt :D :lol:

Das lief dann über das Deutsche Skatgericht und hatte mich sehr gefreut, daß es auch konsequent geahndet wurde.
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon Skatfuchs » 15. Sep 2022 17:22

Hallo,

Danke. Da wohl inhaltlich nichts mehr kommt, so möchte ich mal eine lustige Anekdote in dieser Angelegenheit erzählen, kann das aber auch später verschieben.

Eine Spielerin meines Vereins fragte mich mal, warum ich oft so gut in der Wertung dastehe? Ich sagte: ganz einfach; ich mische und verteile die Karten nach "Charlie".
Sie fragte, was das sei? Ich antworte "ein Falsch-Mischen und Verteilen".
Ich mische die Karten immer so, dass ich krbu pibu in den Skat lege am Dreiertisch und da ich das weis, dann darauf reize.
Sie sagte, dass das nicht geht und sie mir das nicht glaube.
Ich daraufhin: Ich zeige dir das mal; mischte die Karten normal durch und verteilte sie und zufällig lagen die beiden Alten im Skat. :lol:

Sie sprach daraufhin mit mir den ganzen Abend kein Wörtchen mehr...
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Re: Absichtlich falsch bedienen?

Beitragvon mr.kite » 17. Sep 2022 08:46

Skatfuchs hat geschrieben:Der Autor des Beitrages wollte übrigens hier auch Stellung nehmen und teilte mir mit, dass er als User in der Rubrik keinen Zugnag hätte.

Du weißt genau, dass Neumitglieder im Regelbereich nicht schreiben dürfen, und Du weißt auch genau, warum :oops:
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