Natürlich meinen die beiden das nicht in dem Sinn. Ohne je in einem Seminar von Kinback gewesen zu sein, bin ich sehr sicher, dass er diesen Satz dort vernünftig erläutert. Schließlich gibt es auch Situationen, in denen ein Farbwechsel zwingend ist. Der Klassiker dabei:
Der AS nimmt in MH das Ass mit und über Trumpf kommt HH ans Spiel und führt von Kreuz jetzt noch
. Jetzt wird ein Kreuz-Nachspiel ganz leicht zum absoluten Super-GAU.
Das Eingehen auf das Spiel des Partners in der Form, dass man die Farbe nachspielt, ist nichtsdestotrotz zweifellos sehr häufig richtig und das wollten die beiden mit ihren drastischen Formulierungen unterstreichen. Ich vermute mal, dass sie sich durch in der Praxis viel zu oft erlebte unmotivierte Farbwechsel veranlasst sahen, dieser Aussage einen besonderen Nachdruck zu verleihen. Ist ja irgendwie auch nachvollziehbar.
Gerade für Anfänger aber klingt eine solche Aussage, wenn sie nicht näher erläutert wird, leicht wie ein unumstößliches Mantra. Sie suchen naturgemäß nach Orientierung, und wenn ein anerkannter Meister seines Fachs so deutlich formuliert, wird das gern unhinterfragt übernommen. Dass der Meister in einem direkten Gespräch diese Aussage selbstverständlich relativieren würde, können sie schließlich nicht wissen. Wer hat schon Gelegenheit, sich mit Kinback oder von Stegen persönlich über Skat zu unterhalten?
Deshalb bin ich kein Freund von solchen Formulierungen. Für mich ist die Gefahr größer, dass Anfänger sich viel zu früh auf derartige Schemata festlegen, die dann ein Lehrender mühevoll wieder aus ihren Köpfen rauskriegen muss, als dass sie durch zu viel erfolgloses Rumprobieren so frustriert werden, dass sie den Skatsport schon früh wieder an den Nagel hängen. Das ist eine Frage des Lehrkonzepts. Was will ich erreichen? Will ich kurzfriste Erfolge mit der Gefahr, einen mittelmäßigen Skatspieler "heranzuzüchten"? Oder versuche ich schon in einem frühen Stadium, einem Spieler immer mehr Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen er dann rumprobieren soll, zu was sie nütze sein können. Am Anfang wird er dabei sehr viel Schrott verursachen, aber mittel- und langfristig wird er m.E. damit besser fahren. Zumindest unter der Voraussetzung, dass ein gewisses Talent da ist. Untalentierte Spieler fahren auch dauerhaft mit der schematischen Herangehensweise besser.