Plötzlicher Sinneswandel

Fragen zur ISkO

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Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon mr.kite » 27. Jul 2020 12:30

Nochmals ein fiktiver Fall aus der Mottenkiste (diesmal ursprünglicher Autor: Skatfuchs):

MH erhält das Spiel für 18 (Geben und Reizen einwandfrei). Er nimmt den Skat auf, legt 2 Karten beiseite und deckt kommentarlos seine Karten auf:
krbu kr08 kr07 pias pi10 pi08 pi07 he08 he07 ka07

VH entspannt: "Na dann" uns spielt klpi09 aus. Daraufhin MH: "Ach nee", er nimmt die Karten wieder auf, legt andere 2 Karten weg und deckt nun folgende Karten auf mit dem Zusatz "Null Ouvert":
krbu kr08 kr07 pi10 pi08 pi07 heda he08 he07 ka07

Die Gegenpartei ist damit nicht einverstanden.

1. Hat der AS bereits verloren?
2. Falls nein: Hat die GP einen Anspruch darauf, dass die ursprüngliche Drückung wiederhergestellt wird?
3. Darf VH zumindest seine Karte zurücknehmen?
4. Wäre der Fall anders zu entscheiden, wenn VH statt auszuspielen 4mal Pik vorzeigt?
5. Dürfte der AS die Karten auch wieder aufnehmen und ein Farbspiel durchführen?
6. Würde sich die Entscheidung ändern, wenn MH unabhängig von seiner Drückung in keinem Fall sein NO verliert (nur falls 1. mit ja beantwortet wird)?
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Re: Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon sacklzement » 27. Jul 2020 13:36

kann es überhaupt ein gültiges Ausspiel ohne Spielansage geben ?
der AS kann doch mit seinen Karten bis zu seiner Spielansage machen was er will, es ist ja kein Nachteil für die Gegenpartei wenn er seine Karten offen zeigt. Vor dem Ausspiel muss eine (gültige) Spielansage gemacht sein.
Daraus folgt für mich:

1. nein
2. nein
3. Jetz wird es schwierig....
4. nein
5. ja
6.
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Re: Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon marvin » 27. Jul 2020 20:55

Ich stimme sacklzement zu, bei Nr. 3 würde ich sagen: Die Karte darf nicht zurückgenommen werden. Die Begründung ist aus meiner Sicht alles andere als klar, weil es keinen Paragraphen gibt, der genau auf den Fall passt.

4.1.1 sagt, dass das Ausspiel zum ersten Stich nach der Spielansage erfolgt. Dagegen hat VH verstoßen, dieser Regelverstoß wird aber nirgends explizit sanktioniert. Es wäre aus meiner Sicht auch unverhältnismäßig, hier einen spielverlustbringenden Regelverstoß zu sehen. Vielmehr trägt das Verhalten des AS entscheidend zu dem voreiligen Ausspielen bei, und der AS hat ja sogar einen Vorteil davon, weil er nun seine Skatlegung daran anpassen kann.

Allerdings verbietet 4.1.2 das Zurücknehmen einer ausgespielten Karte. Das ist auch hier sinnvoll, weil ja sonst eine Karte von VH bekannt wird, ohne dass diese ausgespielt ist. Die Gegenpartei hat zwar nun einen Nachteil aus der Tatsache, dass der AS nach dem Ausspielen nochmals umdrücken kann. Den Nachteil haben sie sich aber selbst eingebrockt - sie hätten eben den AS zu einer Spielansage auffordern müssen, bevor sie ausspielen.
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Re: Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon mr.kite » 28. Jul 2020 10:53

Vielen Dan für Eure Beiträge. Ich sehe das etwas anders, denn für mich sind Eure Betrachtungen inkonsequent.

Aber der Reihe nach:
- MH ist korrekt AS geworden. Es geht also nurnoch darum, ob MH gewinnt oder verliert
- MH hat noch kein Spiel angesagt.
- Die GP sollte nun den AS zu einer Spielansage auffordern (marvin hat das ausgeführt)
- VH darf nicht ausspielen, aber da dem AS kein Nachteil entsteht führt das nicht direkt zum Spielgewinn AS (millionenfach vom ISkG so vertreten)

so weit ist das denke ich unstreitig. Wo ich anderer Meinung bin ist 4.: Wäre der Fall anders zu entscheiden, wenn VH statt auszuspielen 4mal Pik vorzeigt?
Für mich lautet hier die Antwort eindeutig ja!
VH darf nur dann abkürzen, wenn er auch alleine das Spiel kippen kann. Kann er das nicht (und das ist ja unmöglich ohne Spielansage) begeht er einen Kartenverrat und hat das Spiel für die GP verloren mit der Folge, dass ein Schiedsrichter hier dem AS ein Spiel gutschreiben lassen muss (vermutlich einfach Null, aber da ist der Schiedsrichter ziemlich frei).
Kommt man dieser doch eher seltsam anmutenden Entscheidung aus?
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Re: Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon John » 28. Jul 2020 11:17

Die Entscheidung ist so seltsam, dass sie ans Absurde grenzt. Und als Skatschiri würde ich versuchen, entweder einen Ausweg zu finden, um nicht absurd entscheiden zu müssen oder eine Änderung des Regelwerks, bzw. besser gesagt, eine Formulierungsanpassung aus der Praxis heraus anzuregen.
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Re: Plötzlicher Sinneswandel

Beitragvon Eric » 29. Jul 2020 20:35

Unstrittig ist, dass das vorzeitige(!) aber nicht unberechtigte(!) Ausspiel von VH ohne Konsequenz bleibt, da es ja einen Vorteil für den AS darstellt. Auch klar, dass der sich hieraus ergebende Nachteil für die GP auch von dieser getragen werden muss, da sie ja "Verursacher" der Situation ist. ( Wobei ich mindestens einen Skatspieler kenne, der hier, weil der AS das ja mit Absicht machen könnte, das Auflegen der Handkarten ohne Spielansage immer als Spielverlust für den AS werten würde .... ). Den Unterschied zwischen vorzeitig und unberechtigt könnte man ja mal in eine Skatprüfungsaufgabe einbauen .... :juggle:

Das Zeigen von vier Pik stellt eine Spielabkürzung dar. Ein Spiel das noch nicht begonnen hat kann meiner Auffassung nach nicht abgekürzt werden. Daher würde ich das wie mr.kite auch als Kartenverrat werden. Auch auf die Gefahr hin, dass ganz windige AS genau das so machen, erst Karten auflegen ohne Spielansage um so ein Verhalten der GP zu provozieren.

Eine Ermahnung ( an den AS, zukünftig ein solches Verhalten zu unterlassen, und an die GP , bei fehlender Spielansage zuerst eine solche einzufordern ) gibt es von mir eh. Beim zweiten Mal kann man über eine Verwarnung an den AS schon mal nachdenken, anders entscheiden kann man aber wohl kaum. Man kann natürlich in den Raum stellen, dass der AS im Wiederholungsfall von der Spielleitung vom Weiterspiel ausgeschlossen wird. ( Dies aber nicht weil das Verhalten per se einen Regelverstoß darstellt, sondern weil das Verhalten umsportlich ist ).
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
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