Hallo liebe Community,
Wie ihr sicher schon festgestellt habt, bin ich seit geraumer Zeit nicht mehr im Forum aktiv. Das liegt an verschiedenen Umständen welche sowohl privater als auch beruflicher Natur sind. Umgekehrt heißt das nicht, dass ich das Skatspiel eingestellt habe; es nimmt jedoch nicht mehr den Stellenwert in meinem Leben ein wie noch vor einigen Jahren. An dieser Stelle möchte ich jedoch die Gelegenheit nutzen und euch an einigen Entwicklungen teilhaben lassen, welche sich überraschenderweise in der Schnittmenge meines beruflichen Schaffens und meines Hobbies befinden. Worum es dabei geht, konntet ihr gewiss bereits dem Titel entnehmen.
Seit vielen Jahren gibt es in der Mathematik einen eigenen Bereich, der sich „Spieltheorie“ nennt. Ich weiß, dass das für einige Bewanderte hier eine redundante Information ist, aber bin mir sicher, dass der ein oder andere Leser nicht so tief in der Materie steckt.
Grundsätzlich beschäftigt sich die Spieltheorie mit der Mathematik hinter Entscheidungssituationen. D.h. man versucht herauszufinden, in welchen Situationen welche Strategien besonders vorteilhaft sind und warum man wie handeln sollte, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dass es dabei recht offensichtliche Verbindungen zwischen eigentlichen „Spielen“ und realen Problemen in der Wirtschaft gibt, sieht man sicherlich schnell, wenn man versucht die optimale Monopoly-Strategie zu finden. Inwiefern ein Unternehmen, wie z.B. eine Bank, jedoch davon profitieren kann, dass mir ein Skat-Computer sagt „Spiel Karo Ass“ ist weitaus weniger unmittelbar ersichtlich.
Grundsätzlich unterteilt man Spiele ganz verschieden. Zum einen mit Hilfe des sog. Bewersdorff-Dreiecks, welches sie nach ihrem Anteil an strategischen, kombinatorischen und Glücksgehalt einordnet. Ein rein kombinatorisches Spiel ist beispielsweise Schach. Beim Schach könnte man prinzipiell perfekt spielen, wenn man nur in der Lage wäre immer alle Optionen zu durchdenken. Als rein strategisches Spiel bezeichnet man zum Beispiel Stein-Schere-Papier. Es gibt an sich keine Kombinatorik bei diesem Spiel – ich gewinne mit der richtigen Strategie schließlich immer. Ich muss dazu „nur“ wissen, was mein Gegenüber macht, dann hab ich gewonnen. Beide Spiele enthalten keine Glückskomponente. Ein reines Glücksspiel ist hingegen Roulette. Es gibt keine Strategie und keine kombinatorischen Überlegungen, die irgendwie Einfluss auf meinen Erwartungswert hätten. Skat ordnet sich ziemlich mittig in diesem Dreieck ein und besitzt in Teilen alle diese Komponenten, die sich gegenseitig beeinflussen können. Die Kombinatorik (sprich die Menge aller Verteilungen und möglicher Spielverläufe) gibt die Rahmenbedingungen für die Strategie vor – jedoch ist es schwer bis unmöglich in diesem riesigen Raum an Möglichkeiten den optimalen Zug zu finden. Und damit sind wir schon beim nächsten Punkt:
Was ist denn eine formale Lösung eines solchen Spiels?
Eine andere Möglichkeit Spiele zu einzuteilen, ist die Fokussierung auf den gegebenen Informationsgehalt. Schach ist beispielsweise ein Spiel mit perfekter Information, d.h. es gibt keine Unklarheiten – jeder Spieler sieht alles was auf dem Brett geschieht. Für solche Spiele besteht die Hauptschwierigkeit in der Berechnung in der schieren Größe des Entscheidungsbaumes. Shannon hat 1950 die potentielle Rechenzeit auf einem 2 kHz Computer auf etwa 10^90 Jahre geschätzt bei etwa 10^120 möglichen Stellungen. Da das weit, weit außerhalb der mutmaßlichen Lebensdauer des Universums liegt, ist es natürlich unsinnig, solch eine Berechnung überhaupt anzufangen. Dennoch gibt es heute Bestrebungen, mit einer neuen Technologie und völlig neuen Art zu rechnen – dem Quantencomputing - damit fertig zu werden.
Im Gegensatz zu Schach ist Skat ein Spiel mit „imperfekter Information“. Das heißt, mir liegen eben nicht alle Informationen vor und ich muss den stetig wachsenden Informationsgehalt während des Spiels genauso in meine Entscheidungen mit einfließen lassen, wie eine ganze Reihe von plausiblen Annahmen und Zwangsvermutungen. Auf der Haben-Seite hingegen steht die Kombinatorik aus der Spielabfolge, welche – im Gegensatz zum Schach – doch deutlich begrenzt ist. Ein Spiel besteht nämlich nur aus 30 Zügen.
Wo ist also das Problem?
Das Problem für die Berechnung kommt in aller erster Linie aus der Unbekanntheit der (Rest-) Verteilung. Denn: Wie wir alle wissen, ist es für eine gegebene Verteilung kein Problem mehr, alle Spielverläufe durchzurechnen. Ihr könnt es alle machen – mit dem SkatFox!
Aber ist der Skatfox dann nicht die Lösung des Problems?
Jein.
Denn was der Skatfox macht (und das sehr gut, ich liebe dieses Tool!), ist eine bestimmte Verteilung zu analysieren und bei allseits bestem Spiel aufzuzeigen, welche Karte auf welche Augenzahl am Ende führt. Da könnte man doch denken, die Karte mit der höchsten Zahl ist die beste, oder? Und genau da unterscheidet sich die Lösung von klassischen Solvern von der spieltheoretischen Lösung der Aufgabenstellung. Die Aufgabenstellung im spieltheoretischen Sinne lautete nämlich: