Anmerkung zum wahrscheinlichkeitstheoretischen Modell

Mathematische Zusammenhänge des Skatspieles

Anmerkung zum wahrscheinlichkeitstheoretischen Modell

Beitragvon Kantholz » 18. Aug 2007 13:36

Hallo Freunde der analytischen Überlegung.

Es ist zu begrüßen, wenn in diesem Forum erstmals grundsätzliche Überlegungen zum Startereignis getätigt werden (eine Überlegung, die zu hinterfragen ich mir bisher verkniffen habe)

Marvin schreibt sinngemäß, dass NACH Mischen und Abheben alle Karten (Verteilungen,Folgen) zueinander gleichberechtigt stehen . Auf der Grundlage dieser Basis sollen Ableitungen- berechnet mit einschlägigen Verfahren- auf praktischen Nutzen hinterfragt werden.

Genau hier- praktisch beim ersten Wort ("nach")- beginnt das Dilemma.

Wir haben die 3 Ereignisse

-Mischen,
-Abheben,
-Verteilen,
die nach dem theoretischen Startereignis kommen.

Das Startereignis- der Urknall so zusagen- kann nur eine virtuelle Verteilung sein. Wenn dies keine ist, ist das erste Ergenis verfälscht bzw. unbrauchbar; dann müssen die folgenden Verteilung virtuell sein.

Wenn ich nun die 3 Ereignisse dem Startereignis folgen lasse und dies zur Basis der Berechnungen mache, muss sichergestellt sein ,dass diese das Startereignis nicht unzulässig ( erheblich) verfälschen.

Mischen.
Wir reden von 40 Mio möglichen Verteilungen und mischen 2 oder 3 mal die Karte durch. Wie erheblich ist das ?

Abheben
Wie mischen.

Verteilen
Es hat in der Vergangenheit verschiedene Gebweisen gegeben bis sich das 3-4-3 System durchgesetzt hat . Mal war die Karte zu schlecht mal war die Karte zu gut.

wenn also hier schon erhebliche Veränderungen nur durch die Änderung der Gebweise möglich sind, dann ist das doch eine nicht zu ignorierende Einflussgröße!
Wie kann diese berücksichtigt werden?
Wie gravierend verfälscht diese das Ergebnis?
Wie groß ist die Abweichung?
Wo wird die Fehlerfortpflanzung kritisch eingewertet ?

Es bleibt also die Frage, ob wir dies herausfinden.

( Ich verstehe dies als ergänzende Anmerkung zu Marvin`s Beitrag)

Grüße, Kantholz
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Beitragvon Skatfuchs » 18. Aug 2007 14:51

Hallo Kantholz und Skatpinnies,

es freut mich, wenn du die Problematik sachlich und kritisch hinterfragst, denn davon können wir alle lernen!

Sicherlich ist es erstmal richtig, dass die Berechnungen nur gültig sind, wenn auch die zuvor gesetzten Prämissen stimmen.
Dazu möchte ich folgendes bemerken:
1. Wie du selbst schon richtig darstellst, wurde bereits mehrfach im "Leben des Skatspiels" das Gebverfahren geändert. Gab man die Karten einzeln nacheinander aus, so hatte man zu oft unspielbare Spiele. In der anderen Variante, die zu 2*5 Karten auszuteilen, hatte man zu oft zu "gute Karten" und damit Spiele. So hat sich das jetzt praktizierte Gebverfahren als das praktisch günstigste herausgestellt!
2. Es wurde früher mal versucht, die Karten nach dem "Zufallsgeneratorprinzip" zu verteilen. Da kamen ca. 25% eingepasste Spiele zustande. Ich habe das auch mal programmiert, in dem nach diesem Prinzip in einer Minute ca. 5 Mrd. mal die Karten verteilt wurden und habe die Verteilung der 32 Karten auf die Plätze genauestens kontrolliert- bis auf Abweichungen im "Mü-Bereich" lagen alle 32 Karten mit der gleichen Häufigkeit am gleichen Platze. Auch hier stellte ich widerum fest, dass zu viele eingepasste Spiele entstehen!
3. Was ist überhaupt durchschnittlich die reale Zahl der eingepassten Spiele? Nach meinen Untersuchungen beträgt diese, in Abhängigkeit der "Art des Skates":
- beim Mannschaftsskat ca. 6%
- beim Skatturnier ca. 2 .. 3 %
- beim Klubskat ca. 3 ... 4 %
Hast du da andere Werte?
4. Ich habe mal einige der "Austeil-Algorithmen", die einige Skatspiel-Programmierer veröffentlicht haben, näher untersucht und musste sowohl feststellen, dass manche sehr gut mit meiner Statistik im "Pappkartenskat" übereinstimmten aber auch die wahrscheinlichen Kartenverteilungen, wie sie aus der "hypergeometrischen Verteilung" berechnet werden, sehr gut widerspiegeln.
Dies betrifft sowohl die Trumpfverteilung als auch die Farbverteilung. Selbst die Verteilung der restlichen zwei Buben bei einem Grand, die ja berechnet mit 52,63% verteilt sitzen, wich erst in der 2.Kommastelle danach von der berechneten ab!

Sicherlich hast du Recht, dass ein schlecht gemischtes Kartenblatt (z.Bsp. die Spieler haben die Karten sortiert auf der Hand und geben bei einem NO das Spiel auf) mit nur 2 .. 3 mal kurz mischen diese Gegebenheiten wahrscheinlich nicht reflektieren- aber wie soll man das berücksichtigen? Da kann man wohl nur nochmals ein Mischen fordern! :wink:
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Beitragvon marvin » 19. Aug 2007 22:10

Sicherlich hast du recht, dass die Prämisse "Die Reihenfolge der Karten im Stapel ist nach dem Abheben rein zufällig und jede mögliche Reihenfolge ist gleichberechtigt" kritisch hinterfragt werden muss. Vermutlich ist sie unzutreffend. Diese Vermutung zu beweisen ist natürlich extrem kompliziert - fast unmöglich. Letztlich kann man das nur durch statistische Tests: Man schreibt sich in sehr vielen real gegebenen Spielen die Kartenverteilung auf und sucht - nach vorher (!) festgelegten Kriterien - nach Auffälligkeiten, die eine Abweichung von der Hypothese der völlig zufälligen Verteilung hinweisen.
Allein die Tatsache, dass sich durch verschiedene Gebweisen der Anteil der eingepassten Spiele sowie der Riesen beeinflussen lässt, spricht natürlich stark dafür. Die Frage ist, ob diese Abweichung vom wahrscheinlichkeitstheoretischen Modell aber so wesentlich ist, dass die daraus abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten nennenswert beeinflusst werden. Skatfuchs hat da ja einige Pionierarbeit geleistet, und seine Ergebnisse liefern bisher keine Bestätigung für die Annahme, dass nenneswerte Abweichungen bestehen.
Letztlich muss man für die Nutzung der Wahrscheinlichkeitsrechnung irgendwo starten, und für mich ist diese Prämisse eine ausreichende Annäherung an die Realität. Sie exakt abzubilden wird praktisch unmöglich sein. Denn dazu müsste man von der Kartenverteilung vor dem Mischen ausgehen (die gewissen Mustern durch die Stichfolge und evtl. sortierte Handkarten bei abgekürzten Spielen unterliegt), dann das Mischen und Abheben stochastisch simulieren und schließlich das Geben nachbilden. Genauso komplex, wie wenn man versucht, die physikalischen Gesetze auf den Würfelwurf anzuwenden, um die Genauigkeit der Wahrscheinlichkeitsrechnung beim Würfelspiel gegenüber der Prämisse "Gleichverteilung aller Augenzahlen" zu erhöhen.
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Beitragvon Moses » 20. Aug 2007 19:15

Also mal ehrlich: wenn man das so liest, vergeht einem fast die Lust auf die Karten :wink:

Ich als erwiesener Anti-Mathematiker (Chemie-LK, Mathe seinerzeit nach der 12/1 abgegeben) finde zwar Eure Ausflüge in die Stochastik mitunter recht interessant, allerdings auch manchmal beängstigend.
Für Fachleute ist das gewiss ein sehr weites Feld, allerdings mag ich mir als Laie nicht vorstellen, dass unterschiedliche "Gebe- und Hebe-Varianten" tatsächlich einen solch enormen Einfluss auf die Ergebnisse haben.
Meines Erachtens kommt dem Abheben keine allzu große Rolle zu, was die Verteilung insgesamt angeht. Hier wird lediglich bestimmt, welcher Spieler das Spiel tendenziell bekommen wird, da ja nur an einer Stelle die durch das Mischen festgelegte Kartenfolge getrennt wird.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass mehr Spiele eingepasst würden, wenn z.B. mit Mischmaschinen gearbeitet wird, welche aufgrund ihrer Programmierung die Karten "optimal" verteilen, was ja eigentlich gar nicht geschehen kann, da die Maschine an sich strunzdumm ist und einfach ihren Algorithmus abarbeitet.
Vielleicht kann mir ja mal einer der Zahlen-Jongleure in verständlichem Deutsch nahebringen, wie sie zu derlei Annahmen kommen. Über eine Buchempfehlung á la "Stochastik für Dummies" würde ich mich auch freuen, weil ich endlich verstehen möchte, von was ihr da faselt 8)

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Beitragvon marvin » 21. Aug 2007 14:30

Die Sache ist eigentlich nicht schwer. Bei optimalem Mischen kommen die Karten in völlig willkürlicher Reihenfolge heraus, und unter dieser Voraussetzung gelten dann die schönen mathematischen Rechnungen.
Beim menschlichen Mischen dagegen ist zu befürchten, dass nicht gründlich genug gemischt wird und somit tendenziell immer ein paar Karten "zusammenkleben", d.h. in derselben Reihenfolge bleiben, wie sie vor dem Mischen waren. Vor dem Mischen sind die Karten aber nicht willkürlich angeordnet, sondern als Dreierfolge meist zusammenpassender Karten (gleiche Farbe) oder gar nach abgekürzten Spielen noch größere zusammenhängende Gebilde. Wenn solche Folgen beim Mischen, Abheben und Geben nicht getrennt werden, entstehen tendenziell einseitiger verteilte Spiele, als nach der WSK-Rechnung zu erwarten wäre.
Nun ist der Einfluss des Gebens klar: Wird einzeln gegeben, so werden alle zusammenhängenden Folgen getrennt, so dass es schwierig wird, große Spiele zu produzieren. Gerade wenn vorher nicht gründlich gemischt wurde und z.B. drei Buben zusammengeblieben sind...
Beim Geben in Fünfergruppen dagegen ist die Chance, dass zusammenhängende Karten auf eine Hand und nicht auf zwei oder drei verschiedene wandern, am größten. Das in der ISkO vorgeschriebene 3-4-3-Geben scheint einen gesunden Kompromiss darzustellen.
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Beitragvon Skatfuchs » 21. Aug 2007 18:34

Hallo Skatpinnies,

inhaltlich möchte ich nichts mehr hinzufügen!
Ich habe mir aber mal die Mühe gemacht, um in der 1.Deutschen Skatordnung von 1886 nachzulesen und fand da bezüglich des Gebens folgendes:
§5. Die Vertheilung der Karten.
Das Vertheilen der Karten (Geben) hat so zu geschehen, daß keinem Mitspieler die Innenseite der Karten sichtbar werden kann.
Beim Mischen erhalten immer nur drei Karten und zwar ein jeder 10 Blätter. Bei vier und mehr Theilnehmern giebt der Geber sich selbst keine Karten, sondern pausirt (sitzt). Sind 5 oder 6 Mitspieler vorhanden, so erhalten die ersten beiden Mitspieler zur Linken des Gebers und der rechte Nachbar Karten zugetheilt.
Die Karten sind nicht einzeln und auch nicht alle 10 Blätter auf einmal an die Mitspieler zu vertheilen, sondern entweder in zwei Gängen von je 5 Blatt, oder in drei Gängen von je 3, 4 und 3 Blatt, oder endlich in vier Gängen von je 3, 2, 3, 2 Blatt. – Dem Geber steht es frei, welche von diesen Methoden er wählen will, jedoch muß er die Gänge gleichmäßig einhalten, d.h. in ein und demselben Gange allen drei Mitspielern eine gleiche Anzahl Blätter geben. Es kann aber durch Vereinbarung oder Ortsgebrauch bestimmt werden, daß eine dieser Methoden des Gebens von allen Mitspielern stets einzuhalten sei.
Die Karten sind von links nach rechts zu geben und wechselt das Geben (”die Hand haben”) so ab, daß immer der Nachbar zur Linken im Geben folgt.
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Beitragvon WMatti » 30. Sep 2008 05:13

Hallo,

wenn 1/4 aller Spiele bei den theoretischen Wahrscheinlichkeiten eingepasst würden im Gegensatz zu 3-4% bei den normalen "Life"-Mischvorgängen, dann ist das mMn schon erheblich, immerhin ein Unterschied von über 20% zur Realität!

Um so erstaunlicher, daß die theoretischen Verteilungswerte so genau hinauen. Hätte eher vermutet, daß sie in der Praxis um einen relativ konstanten Wert, vielleicht um 10% oder so, abweichen.

Danke für das Engagement bei der Rumrechnerei! Bin erleichtert, daß man dann nicht noch 1 Million Mischvorgänge mit Beobachtung von im Schnitt 3,5-4,5 Mischvorgängen mit Resultaten zum Zusammenbleiben der Karten in % oder nicht und mit sonstwas rechnen muß.

Gruß! Matthias
Mannschaftsführer der SO-Mannschaft DIE KLEMPNER
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