Für die Mathematiker

gestellte Kartenverteilungen und Lösungen

Für die Mathematiker

Beitragvon chris » 7. Apr 2015 17:47

Hallo!

Was für den Skatfuchs, da meine Wahrscheinlichkeitstheoretischen Erkenntnisse nicht mehr vorhanden sind:

Gestern in einer Liste mit 48 Spielen (also ganz normale Liste) erhielt ein Spieler:

2 x 144 (Grand mit vier Schneider), 3 x 120 (Grand mit vier (2x) bzw. Grand mit zwei Schneider Schwarz (1x)), 3 x 72 (Grand mit zwei (2x), Kreuz mit vier Schneider (1x)), 2 x 48 (Kreuz ohne drei und einmal Kreuz mir drei).

Ich habe den Spieler dann (auch angesichts ähnlicher Läufe) so ähnlich wie "größter Skatglückspilz aller Zeiten" bezeichnet, dessen Spielrunden gegen jede Wahrscheinlichkeit sind. Jedoch akzeptierte derjenige das nicht so wirklich, meinte "sowas ist doch nicht ungewöhnlich und gute Spieler steht sowas ja zu" (so in dem Motto).

Mich würde interessieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist in einer Serie solche Blätter (waren ja immerhin 5x vier Buben auf der Hand, Findungen vernachlässigen wir mal) zu bekommen?

Gruß
Chris
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon mephisto » 7. Apr 2015 18:59

Ist erst ein paar Tage her.
Die ersten 4 Kästchen habe ich 4x abgehoben und 4x durfte sich der Listenführer als Kartengeber versuchen. Das waren genau 16 Buben für mich.

Oder wie einer meiner Vereinskollegen immer sagt: "Wahrscheinlichkeit hat kein Gedächtnis."

Was heißt das: Serien einer gleichverteilten (fairen) Karte sind genauso wahrscheinlich, wie die positiven oder negativen Läufe.
Aggressive Spieler suchen genau diese positiven Läufe und nutzen sie gnadenlos aus. Kommt es zum "Antilauf" (also auch ein Lauf, nur in die unerwünschte Richtung) dann werden sie eben Letzter oder stellen den Spielbetrieb ein, um Verlustspielgeld zu sparen.

:bgdev:
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon Leichenheinrich » 8. Apr 2015 07:20

mephisto hat geschrieben: oder stellen den Spielbetrieb ein, um Verlustspielgeld zu sparen.

Weijcheijer, elendige! Was reizbar ist, wird auch gereizt - und wenn ich mir Geld leihen muss! :grinsevil:
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon ohne11 » 8. Apr 2015 12:02

Zu Beginn des Jahres war ich zu einem Turnier, da machte ein Spieler an meinem Tisch eine 2000er Liste.... mit 13(!) Spielen. 1200 Spielpunkte sind ca ein 3 facher Grand im Schnitt...
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon HelAu » 8. Apr 2015 15:02

ohne11 hat geschrieben:Zu Beginn des Jahres war ich zu einem Turnier, da machte ein Spieler an meinem Tisch eine 2000er Liste.... mit 13(!) Spielen. 1200 Spielpunkte sind ca ein 3 facher Grand im Schnitt...

Du meinst nen Grand mit 3en, oder in Deinem Falle eher ohne 3 :) Ein 3 facher Grand sind entweder 3*24 = 72 oder 3*48 = 144 ...
Wer Rechtschreibfehler findet, darf diese behalten
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon AndreasHL » 8. Apr 2015 16:26

Hallo,

als junger Bursche von 18 oder 20 Jahren hatte ich mal einen richtigen Lauf beim Kneipenskat. Egal, was kam, es war immer hoch und ich habe jedes Spiel gewonnen.

Wir haben um ein Bier pro Runde gespielt. Schlußendlich hatte ich so viele Biergläser dastehen, dass ich das beim besten Willen nicht schaffen konnte, und sogar Bier verschenkt habe.

ABER: so einen Lauf hatte ich in den nächsten 30 Jahren nicht mehr :nein:

Trotzdem würde ich mich erkundigen, ob der Mitspieler immer so viel Glück hat. Allerdings, sollte jemand dem Glück etwas nachgeholfen haben, würde er das wohl kaum so auffällig machen. Oder vielleicht grade ? :nixweiss:

Gruss

Andreas
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon mr.kite » 8. Apr 2015 17:51

5mal mit 4 in einer Serie halte ich nicht für so übermäßig ungewöhnlich. Rein aus dem Gefühl würde ich sagen dass das alle 300 bis 1000 Listen mal vorkommt. Eine Berechnung ist denke ich unmöglich ohne einen "Mischalgorythmus" zu kennen. Aber selbst dass halte ich es für extrem aufwendig.
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon marvin » 8. Apr 2015 21:27

Um zur eigentlichen Frage zurückzukehren: Werden die Karten völlig zufällig verteilt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Spieler in seinen 10 Handkarten sowie den beiden Karten des Skats alle vier Buben vorfindet, ca. 1,4%. In der Praxis dürfte die Wahrscheinlichkeit höher sein, da beim menschlichen Mischen bekanntlich die Buben gerne "zusammenkleben".

1,4% bedeutet, dass ein bestimmter Spieler nur einmal in zwei Serien ein Spiel mit Vieren hat. Da an einem Vierertisch aber vier Spieler sitzen und jeder von denen die Chance hat, wären das pro Serie zwei Spiele mit Vieren. Meiner Erfahrung nach sind solche Spiele häufiger - was bestätigt, dass die 1,4% zu niedrig sind.

Aber bleiben wir erst mal dabei. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Spieler innerhalb einer Serie (mindestens) 5 Spiele mit Vieren bekommt, ist dann nur 0,013%. Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendeinen Spieler am Tisch trifft, wäre dann ca. 0,05%. Und wenn wir ein Turnier mit 20 Tischen spielen, schon 1%. Das heißt, einmal in 100 Turnieren mit jeweils 80 Teilnehmern würde ein Teilnehmer einen solchen Lauf haben.

Und weil ich gerade im Rechnen bin, das ganze nochmal mit der doppelten Grundwahrscheinlichkeit - aufgerundet 3% statt 1,4%. Dann hätten wir pro Serie etwas mehr als 4 Spiele mit Vieren - was meiner Erfahrung nach schon eher passt.

Dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Spieler innerhalb einer Serie (mindestens) 5 Spiele mit Vieren bekommt, deutlich mehr als um den Faktor 2 - nämlich auf 0,42%! Pro Tisch hätte man dann mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 1,7% damit zu rechnen, dass einer der vier Spieler so viele Buben sieht. Und bei unserem 80-Mann-Turnier wären es schon ca. 30%. Nun wäre also in jedem dritten solchen Turnier damit zu rechnen, dass ein Teilnehmer fünf Spiele mit Vieren innerhalb einer Serie hat.
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon knoffhoff » 8. Apr 2015 21:36

Hallo zusammen,

Als ambitionierter Hobbyspieler (ausschließlich am Tisch) erfreue ich mich schon eine geraume Zeit an Niveau und Umgangston in diesem Forum.
Diese jüngste Frage zu einem statistischen Problem möchte ich nun zu meiner ersten aktiven Beteiligung nutzen.

Zum Thema :
Die Frage der Wahrscheinlichkeit eines gehäuften Auftreten von vier Bauern auf einer Hand lässt sich tatsächlich sehr genau beantworten.
Ich nehm´s mal vorweg: Dies passiert tatsächlich nur alle 8.250 Listen. (also für einen vorher !! bestimmten Spieler)
Fragen wir zunächst, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Spieler ist, vier Jungs in den zugeteilten 10 Karten zu finden. Dies lässt sich (wie schon häufiger erwähnt) mit der hypergeometrischen Verteilung bestimmen und beträgt ungefähr 0,58%.

Wer damit nicht so vertraut ist, kann diese Wahrscheinlichkeit auch anders nachvollziehen. Der erste Bube fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 zu 32 dem vorher bestimmten Spieler zu, der zweite dann nur noch mit 9 zu 31, der dritte mit 8 zu 30 und der letzte schlussendlich mit 7 zu 29. Da alle diese (Elementar-)Ereignisse eintreffen müssen, kann man diese „Kette“ multiplizieren und erhält so eben 0,58%....(Diese Heuristik funktioniert ebenso für „Null“ Bauern nicht jedoch für die Verteilung von 1-3 Buben)
Fragt man nun analog nach der Wahrscheinlichkeit für vier Bauern auf einer Hand NACH Skataufnahme erhalten wir dagegen schon eine Wahrscheinlichkeit von 1,38%. (Statt mit 10 bis 7 ist dann analog mit 12 bis 9 zu rechnen.)

Doch nun zum Eigentlichen :

Im Verlauf einer gesamten Serie absolviert der betrachtete Spieler nun 36 Spiele. In jedem dieser Spiele KANN nun der Spieler „von Haus aus“ vier Bauern auf die Hand bekommen oder nach Skateinsicht halten. Im Unterschied zum Fallen der einzelnen Buben auf eine Hand, sind diese Ereignisse nun jedoch unabhängig voneinander. (Dies ist gemeint, wenn gesagt wird „Der Zufall hat kein Gedächtnis.“)

In diesem (unabhängigen) Fall wird die hypergeometrische Verteilung durch die Binomialverteilung ersetzt. In unserem Fall also :

W(X=x)=Komb(36;x)×〖0,0058〗^x×〖0,9942〗^(36-x)

für die Verteilung von vier Buben auf genau einen Spieler vor Skateinsicht

und

W(X=x)=Komb(36;x)×〖0,0138〗^x×〖0,9862〗^(36-x) mit Skateinsicht.

Tabelliert sieht das Ganze dann konkret für 36 Spiele so aus :

4 Bauern ohne Skat (mit Skat)

0 x 80,99% (60,71%)
1 x 17,13% (30,51%)
2 x 1,76% (7,45%)
3 x 0,12% (1,18%)
4 x 0,0057% (0,14%)
5 x 0,0002% (0,012%)

Demnach ist festzuhalten, dass der Kollege schon einen außergewöhnlichen Lauf hatte. Fünf mal Vier Bauern auf der Hand, hat man selbst mit Skateinsicht nur alle 8.250 Serien.


Diese Zahlen mögen dem geneigten Leser wahrscheinlich sehr niedrig vorkommen. Deshalb noch zwei Anmerkungen dazu. Zum einen hat am Tisch eben der Zufall doch manchmal ein Gedächtnis.... durch schlechtes Kartenmischen. :juggle: Dies machte solche Häufungen dann durchaus wahrscheinlicher.

Zum anderen werden zu einem Turnier meist zwei Serien gespielt. Und die Erinnerung an einen "Lauf" bezieht sich dann meist auf beide Serien. Dabei darf in diesem Falle die geringe Wahrscheinlichkeit für einen solchen nicht einfach verdoppelt werden, sondern sie steigt recht progressiv an.

Für 72 Spiele sieht die Situation dann schon so aus :

4 Bauern ohne Skat (mit Skat)

0 x 65,59% (36,86%)
1 x 27,74% (37,04%)
2 x 5,78% (18,35%)
3 x 0,79% (5,98%)
4 x 0,08% (1,44%)
5 x 0,006% (0,27%)

Mit 0,27% ist ein Lauf von 5x Vier Buben zwar immer noch sehr gering, jedoch schon 23 Mal wahrscheinlicher.... :top:

Ich hatte im letzten 3-Serien-Turnier übrigens genau ein Mal !! vier Buben…. :nein: ....
Zuletzt geändert von knoffhoff am 9. Apr 2015 09:27, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon Eric » 8. Apr 2015 22:06

Wow, vielen Dank für die super Erklärung, die auch den Menschen zugänglich ist, deren Gehirn mehr einem Rechenschieber als einem Computer gleicht.... :oops:

knoffhoff hat geschrieben:
Ich hatte im letzten 3-Serien-Turnier übrigens genau ein Mal !! vier Buben…. :nein: ....


Da musst Du natürlich mal ganz klar an deinem Karma arbeiten !! :mrgreen:
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon Sifo-Dyas » 8. Apr 2015 23:54

knoffhoff hat geschrieben:Für 72 Spiele sieht die Situation dann schon so aus :

4 Bauern ohne Skat (mit Skat)

0 x 65,5931% (36,86%)
1 x 34,2535% (61,01%)
2 x 7,1429% (30,23%)
3 x 0,9790% (9,85%)
4 x 0,0992% (2,37%)
5 x 0,0079% (0,45%)


Deine Argumentation stimmt, aber deine Zahlen nicht, da die Summe jeweils über 100% liegt.
Bitte korrigieren ;-)
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Re: Für die Mathematiker

Beitragvon knoffhoff » 9. Apr 2015 09:00

Danke für den Tipp. Hab´s korrigiert. Wenn schon Excel, dann richtig...
@ Eric : Wer braucht schon Bauern - Die zähln doch nur "Zwei"
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