Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

interessante Skataufgaben der täglichen Praxis für Fortgeschrittene

Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon MonsieurL » 26. Jun 2020 17:43

Hurra, gestern hatte ich mein erstes Live-Kartenspiel seit Corona. Eine lange Pause ohne qualifizierte Spielpraxis (da ich Online-Spielen verabscheue) hat endlich ein Ende gefunden. Ein Risiko? Keine Frage, aber ich hoffe, da wir im Gartenlokal gespielt haben, ein überschaubares (klopf, klopf auf die Tischplatte). Die Gier nach Karten und vorallem nach netter Gesellschaft hat uns auf jeden Fall bewogen, das Risiko einzugehen.

Die nächste bange Frage war, können wir es überhaupt noch einigermaßen? Oder würde sich Fehler an Fehler reihen? Nun, fehlerfrei war es bei keinem von uns dreien, aber die die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich dankenswerter Weise auch nicht.

Auf ein Gegenspiel war ich sogar richtig stolz und die Chance, dieses schöne Gefühl zu haben, möchte ich euch natürlich auch geben. Bei besagtem Spiel befand ich mich mit folgender Karte in MH:

hebu pias pida he10 heko he09 he08 ka10 kada ka07

Ich bringe es einfach nicht fertig, mit dieser Karte zu passen, aber als VH meine 18 hielt, habe ich die Waffen gestreckt. HH gab auch kein Reizgebot mehr ab und nach der Drückung taufte VH einen Pik. Ausspiel:

kabu hebu piko

Es gibt sicher auch Argumente für die D, möglicherweise hätte die auch den Sieg gebracht, aber dieser Zug ist nunmal vorgegeben. Wie spielt ihr nun weiter? Bitte auch begründen!
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon Skatfuchs » 27. Jun 2020 12:37

Hallo,

ich bringe nun die ka07 , um meinem MS möglichst an's Spiel mit Kreuz zu bringen.
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon ThomAss » 27. Jun 2020 13:35

Viele Wege können hier im Spielgewinnsinne noch zum Ziel führen, denkbar wären alleine z. B. die 3 folgenden klassischen Szenarien:

1. eine scharfe 10
Denkbar, dass man bereits jetzt die eine rote Lusche des AS mit 21 Augen treffen muss, um noch im Geschäft zu bleiben, dann hätte der AS sowas wie Kreuz B Pik B Karo B Pik 10 x x + blanke rote Lusche + Kreuz 10 K D, auch ein Trumpfrückspiel würde sich hierzu anbieten, so dass der AS ggf. selbst antreten muss, ansonsten müssen wir wenn der AS es gut spielt, uns später sowieso 50/50 entscheiden, ob der AS nun Herz oder Karo Lusche mitschleppt, so dass wir uns theoretisch auch jetzt direkt im 2. entscheiden können, die Entscheidung ist halt nur vertagt.

2. Ping Pong Herz Kreuz
Hier auf das Ping Pong Spiel in Herz und Kreuz zu hoffen, ist durchaus plausibel, dazu müsste Herz kommen, mal ist die 10 gut mal der König, je nachdem ob der AS schnittfreudig und/oder risikobereit ist, könnte es auch noch gegen Herz 2:1 gehen, aber realistisch wird häufig eh nur direkt Herz 3:0 helfen.

3. ein - zwei Trumpf Stiche + 2 Schmierungen auf Kreuz
Hier wäre der Plan zu den bestehenden 8 Augen, mindestens 13-18 weitere Augen auf Trumpf zu holen, dazu in 2 Kreuz Stichen mindestens 15-25 Kreuz Augen und meine 2 Zehner einzusammeln für 60+, dafür sollte man eine rote Lusche oder ein rotes Bild anspielen

Darüberhinaus gibt es sicherlich viele weitere Szenarien, in denen man zum Beispiel dass Herz oder Karo Ass des Partners nicht in Gefahr bringen darf, um es in der anderen Farbe einzusammeln, vielleicht gewinnt in ganz abstrusen Fällen auch nur eine Fortsetzung mit Trumpf, wie oft haben wir es schon erlebt, dass wir eine Farbe frei sind, aber in dieser Farbe mit der für uns größten Hoffnung einfach gar nichts los ist und gar nichts geht und wir zu versteift nur auf diese Farbe geschaut haben.

Da ich immer Spaß an der Zwickmühle habe, und es für mich nach dem Aufschlag eher nach einem 5 Trümpfer aussieht, probiere ich es mit Herz König, der hält zumindest noch den dritten Weg offen, falls ich doch beide Volle auf Kreuz brauche + weitere Trumpfstiche.

VG



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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon MonsieurL » 27. Jun 2020 16:12

Wunderbar, so habe ich mir das gewünscht. Skatfuchs und ThomAss haben zusammen eine Menge plausibler Argumente für verschiedene potenzielle Spielweisen aufgezeigt. Bevor ich darauf eingehe und meine Überlegungen darstelle, muss ich erstmal ein Geständnis loswerden. Den ersten Stich habe ich, um ehrlich zu sein, mechanisch und ohne nachzudenken gespielt. :oops:

Hätte ich da schon mein Gehirn eingeschaltet, wäre ich möglicherweise doch mit der D getaucht. Es gibt allerdings auch Argumente gegen die D. So wäre z.B. eine Zwangsrausnahme mit Kr B und anschließend ein Blick auf kr07 krko so ziemlich der größt möglich anzunehmende Unfall bei diesem Spiel. :evil:

Doch nun zu euren Ideen. An die Karoübernahme mochte ich nicht so recht glauben. Mir fehlen A und K, da habe ich viel zu viel Angst davor, dass der AS diese führt und schneidet. Und selbst wenn der Partner den K hat, wird der AS wohl eher rausnehmen und dann Trumpf bringen. Insofern habe ich ein Karo-Anspiel recht schnell verworfen.

Trumpf zurück ist tatsächlich eine abstruse Idee, das hast du richtig dargestellt, ThomAss. :) Dein Szenario mit den drei B beim AS finde ich auch nicht wirklich schlüssig. Da hätten vermutlich 95 % aller Spieler mit Pik B begonnen. Bleiben also noch deine Überlegungen zu Herz.

Ping Pong ist sicher eine Möglichkeit. Zumal die scharfe 10 auch unter Umständen bei einer 21-Übernahme der Siegbringer gegen einen 6-Trümpfer sein könnte. Allerdings könnte sie gegen einen 5-Trümpfer auch der einzige Rettungsanker für den AS sein. :cry: Und hier kommt dann wieder mein Grundcredo vom Gegenspiel zum Tragen: Es gibt Spiele, die man beim Skat widerlegen kann und es gibt Spiele, die man widerlegen muss. Dieses Blatt hat gegen viele Spiele des AS Optionen, da setze ich ungern alles auf eine Karte und höre mir hinterher das Gelächter an.

Ich fand wie du, dass es nach einem 5-Trümpfer aussah. Dazu vermutete ich beim AS zwei Fehl-Asse. Die Frage war allerdings, hat er Herz oder Karo A. Hat er Karo A, sind mir die 15 Augen zum Stechen zuviel, Hat er Herz A, soll er gerne schneiden. Mit Kr B gewinnt er mit K genauso, da er rausnehmen und Trumpf oben unten spielen wird, hat er ihn nicht, erlebt er ein blaues Wunder. Also raus mit der Lusche.

he08 heas pi10
pi08 pias pi07

Und nun?
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon ThomAss » 27. Jun 2020 20:16

MonsieurL hat geschrieben:Trumpf zurück ist tatsächlich eine abstruse Idee, das hast du richtig dargestellt, ThomAss. :) Dein Szenario mit den drei B beim AS finde ich auch nicht wirklich schlüssig. Da hätten vermutlich 95 % aller Spieler mit Pik B begonnen. Bleiben also noch deine Überlegungen zu Herz.


Naja Trumpf zurück setzt halt auf die Verteilung, bei der es keinen weiteren Trumpfstich gibt, der Unterzug mit 3 Buben UND der Trumpf 10 zu dritt wird von vielen Top-Spielern sogar so gelehrt, zum Beispiel TomKin in seinen Seminaren. Planmäßig sollen halt zb bei meiner angenommen Kartenverteilung maximal 21 21 15 rausgehen.

Deinen dritten Stich kann es so nicht geben, meinst sicherlich pi08 pias pi07 ?

Wenn dem so ist, setze ich nun mit Herz König fort, damit ist der AS schon Trumpf zu kurz. Herz König Lusche dürfte für den AS zu wenig sein, und er wird abwerfen, wenn ein oder 2 Herz gedrückt sind, bedrohen wir jetzt sogar Karo Ass und Kreuz Ass des AS, so wäre mein Plan, ergo wird Herz König laufen gelassen, folgt Herz Lusche Karo Bild vermutlich wieder Abwurf, danach Herz 10 Karo Lusche wahlweise Karo 10 Bube Karo Ass, Kreuz Abstich auch platt.
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon MonsieurL » 27. Jun 2020 20:35

Natürlich, du hast recht, ich habs geändert.
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon Primrose » 28. Jun 2020 01:08

Ich bringe jetzt heko und he09 und will sehen, ob der AS diesen Rotz wirklich sticht. Falls nicht und er wirft 2x ab, kommt nun he10 , die mein Mann mit seinem Chef anbinden darf. Dann kommt kr10 kras abstich und rumms.
Deutschlands bester Vorhandgeber. :)
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Re: Ein nicht ganz leichtes Gegenspiel

Beitragvon MonsieurL » 29. Jun 2020 03:28

ThomAss hat geschrieben:der Unterzug mit 3 Buben UND der Trumpf 10 zu dritt wird von vielen Top-Spielern sogar so gelehrt, zum Beispiel TomKin in seinen Seminaren.


Ich weiß, dass TomKin ein excellenter Skatspieler ist, auch zweifellos viel besser als ich. Aber ist das ein Grund, vorbehaltlos alles zu glauben, was er lehrt? Bzw. bist du überhaupt sicher, dass er lehrt, mit dem Karo B zu starten? Denn dieser Zug ist bestenfalls die zweitbeste Lösung. Bei einer 3/2 Verteilung geht so ziemlich oft das Trumpf Ass nach Hause und die Gegner machen 15 Punkte. Ziehst du von oben, müssen sie ein Fehl-Volles "opfern", um 12 oder 13 Punkte zu machen, da du nur eine Lusche abgibst.

Bei 4/1 hingegen ist er besser als der von oben, da die Gegner nur einmal schmieren können. Ausnahme: Herz B oder Trumpf Ass sind blank. Dann ist er wieder schlechter. Aber bei 4/1 ist der wahre Meisterzug der Unterzug mit der Lusche. Wenn die Beikarte also so solide ist, dass sie eine 3/2-Verteilung in der Regel auch schlägt, wenn die Gegner Trumpf Ass bekommen, empfiehlt es sich, mit der Lusche zu starten, um sich gegen die gefährliche 4/1-Sitzung zu wappnen. Denn nun wird der 4-Atout-Mann sein Ass in der Annahme schonen, sein Partner habe auch mindestens einen B und du kannst später das Ass abholen. Klappt fast immer, ich habs in der Praxis schon unzählige Male ausprobiert.

Das nur mal am Rande, doch nun zurück zum Spiel. Der zweite Trumpfzug des AS mit der Lusche zeigt uns, dass wir mit unserer Vermutung des 5-Trümpfers richtig lagen und - wie Prim richtig angemerkt hat - dass unser Passmann den Kr B führt (hätte er Pik B, hätte er übernommen und den AS in MH gesetzt). Wir wissen aber noch nicht, was der AS gedrückt hat. Denkbar wären zwei Herz, aber auch ein Herz und ein störendes Bild sind nicht unwahrscheinlich.

Unser Plan muss ja nach wie vor sein, möglichst 21 Augen in Kreuz zu stechen, da der AS bei den schwachen Trümpfen zwei Fehl-Asse haben muss, wenn seine Reizung gegen eine 18 von MH berechtigt ist. Also müssen wir unseren Partner ans Spiel bringen. Über Karo klappt das nicht, aber wie soll es mit Herz K gehen? Den kann unser Mann nicht übernehmen. Er kann ihn höchstens mit Kr B stechen, aber dazu muss er Herz frei sein und dann reichen die Augen auch nicht. Dazu kommt, ist er Herz frei, wird er vermutlich Karo abtrennen und dem AS Angst machen, so dass dieser sich genötigt sehen könnte, zu stechen und Trumpf zu ziehen.

Auch wenn 7 Augen in Herz da liegen, besteht diese Gefahr. Deshalb habe ich mich entschieden, die 9 zu spielen. Hat unser Mann keinen Herz mehr, sollen da möglichst null Augen liegen. Hat er hingegen noch einen, übernimmt er entweder mit der D und nun können wir bei drei Augen wirklich auf einen Abwurf hoffen. Oder er hat nur die 7 und dann ist der Abwurf gewissermaßen vorprogrammiert. Und so kam es auch.

he09 he07 kr08 -19
he10 krbu ka08 -31
kr10 kras pida -55
heko

Klappe zu, Affe tot. Wenn doch die Pläne nur immer so gut aufgehen würden. :D
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