Steigen oder tauchen?

Zusammenhänge bei Nullspielen

Welche Karte legt ihr?

Herz 10
10
63%
Herz 7
6
38%
 
Abstimmungen insgesamt : 16

Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon Primrose » 1. Jan 2015 17:29

Ich bleibe dabei, es gibt kein "richtig" oder "falsch".

Wer sich etwas mit Spieltheorie beschäftigt, wird erkennen, dass das Argument "Aber der Gegner wird doch nicht (...)" eben nicht zieht.

An manchen Stellen des Forums ist die Userschaft schon so klug, das zu erkennen.
Beispiel:

VH: (GS)
HH: (AS)

HH spielt z.b. Pik und hat als Beikarte heda he09 he08
VH hat heas he10 heko he07

Nach heas kras he08
spielt HH im 2. Stich auf
he10 kr10 direkt die heda .

Logisch, Herzkönig wird eh nachkommen, also kann man gleich die Dame hergeben und MH vllt von einer dritten Schmierung abhalten.

Vielleicht als Vorsatz für das neue Jahr: Spielzüge mehr hinterfragen und erweiterter denken. Dann ist auch offensichtlich, dass das Argument "aber VH hätte doch nicht (...)" hinfällig ist. :)
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon Miri23 » 1. Jan 2015 18:59

Normal spiele ich NOs eh immer nach dem schon genannten Prinzip "Ich mach mich doch nicht selber kaputt", aber wenn der Monsieur schon so fragt... :lol:
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - unter Null gibt's gar nix - was interessiert mich mein Geschwätz von gerade eben?!?
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon marvin » 1. Jan 2015 20:53

Ich oute mich mal als Steiger, mit der Begründung: VH weiß nicht, ob Herz gedrückt ist. Er sieht nur, dass noch König und Dame fehlen. Evtl. ist ja eine davon gedrückt, also versucht er durch Kreuz-Anspiel, das andere Herz abwerfen zu lassen. Erst dann spielt er eine Herz-Lusche.

An dieser Stelle möchte ich aber Primrose mit seinem "spieltheoretischen Argument" beipflichten und das ganze mal etwas theoretischer darlegen.
- Spieler B (in unserem Beispiel der Nullspieler) hat zwei Optionen B1 und B2.
- Spieler A hat drei Optionen A1, A2, A3.
- Beide Spieler müssen unabhängig voneinander und ohne die Wahl des anderen zu kennen, sich für eine Option entscheiden.
- Bei Wahl von A1/B1, A2/B2, A3/B2 gewinnt Spieler B, in den anderen drei Fällen gewinnt A.
- Wie sollten A und B spielen, um die Gewinnchance zu maximieren?

Man könnte argumentieren:
- Wenn Spieler B sich für B1 entscheidet, gewinnt er nur bei Wahl von A1, also in einem von drei Fällen. Bei B2 gewinnt er dagegen in zwei von drei Fällen, also wird er B2 wählen.
- Wenn Spieler A davon ausgeht, dass B so spielen wird, dann sollte er aber A1 wählen, denn dann gewinnt A.
- Wenn Spieler B davon ausgeht, dass A so denkt, sollte er doch die vermeintlich schlechtere Option B1 wählen, um zu gewinnen.
- Wenn Spieler A davon ausgeht, dass B bis hierhin denkt, dann mus er wiederum A2 oder A3 wählen.

So kann man sich nun beliebig lange im Kreis drehen, bei jedem weiteren Gedankengang kippt die Wahl eines der beiden Spieler. Daher bringt es - streng logisch betrachtet - nicht viel, davon auszugehen, dass der Gegner einen bestimmten Zug machen wird und dann genau so zu spielen, um von diesem Zug des Gegners zu profitieren. In der Praxis mag das funktionieren - bis man mal vom Gegenteil überrascht wird.

Die mathematische Auflösung solcher Situationen lautet nämlich: Man muss unvorhersehbar spielen, d.h. mal so und mal so. Alle in Frage kommenden Optionen werden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gewichtet gespielt, so dass der Gegner nicht wissen kann, wie ich im konkreten Fall spielen werde. Dann hat der Gegner aber auch keine Chance, durch Wahl eines eindeutigen Spielzugs mich auflaufen zu lassen.

Im konkreten Beispiel muss Spieler A mit Wahrscheinlichkeit 50% A1 wählen und mit 50% A2 oder A3. Spieler B wählt ebenfalls mit 50% B1 und mit 50% B2. Dann wird in 50% der Fälle A gewinnen und in 50% der Fälle B. Besser geht es nicht, da bei jeder anderen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Gegner - so er diese durchschaut - sich an diese anpassen und daraus einen Vorteil ziehen kann.

Damit will ich nicht sagen, dass man als Nullspieler in einer solchen Situation mit 50% Wahrscheinlichkeit steigen sollte. Aber vermutlich sollte man auch nicht immer wegbleiben, weil es dann für die Gegenspieler zu einfach wird, wenn beide Luschen vor mir stehen.
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon MonsieurL » 1. Jan 2015 21:17

@ Skatfriedl

Sorry an Dich. Natürlich hattest Du recht, die Beiträge hatten sich nur überschnitten. :)

@ Prim

Dein zweites Beispiel passt auf dieses Spiel einfach nicht, es behandelt ein grundsätzlich anderes Problem. Mit Deinem ersten Einwand bin ich hingegen aus folgendem Grund nicht einverstanden:

Meines Erachtens passt hier die alte Geschichte, "wenn der denkt, dass ich denke, dann..." nicht, da der Gegenspieler in VH ja mit einem Ausspiel von Herz im ersten Stich nicht täuscht. Sie ist für den AS vollkommen neutral, soll heißen, er weiß absolut nichts über die weitere Kartenverteilung und muss jetzt eine Entscheidung treffen. Und da gilt nunmal der Grundsatz, sich nicht selbst totzuspielen. Was auch jedem halbwegs erfahrenen Skatspieler bekannt ist. Frag Dich doch mal selbst, würdest Du auf die 8 steigen? Ich im ganzen Leben nicht. Ich mag mir einfach das Gelächter nicht angucken, wenn HH mir jetzt seine Karten zeigt und da kommt die blanke 9 zum Vorschein (gewissermaßen als Krönung für die selbstverursachte Niederlage).

Deshalb muss mich ja VH auf eine andere Fährte führen und das macht er mit der Kreuz-Eröffnung sehr geschickt. Denn nur mit dem Abwurf des hohen Herz - der total überflüssig wäre, wenn HH die 9 führt - gibt er mir einen Anhaltspunkt, auf Herz 8 zu steigen. Warum aber sollte er mir durch seine Spielweise gewissermaßen einen Tipp geben, wie ich das Spiel als AS gewinnen kann? Das macht doch keinen Sinn.

Allerdings kann ich das Argument von HelAu, dass bei einem gedrückten Herz das Kreuz-Ausspiel u.U. einen hundertprozent sicheren Spielgewinn für die Gegenpartei bedeutet, wenn VH beide Luschen hat, nicht entkräften.

@ grüne Sau

Fraglos ist diese Aufgabe für einen Spieler, der noch nicht auf sehr hohem Niveau spielt, sehr schwer, um nicht zu sagen, zu schwer. Ich denke aber, dass es schon sehr ehrenvoll ist, dass das Forum einen Platz für Skatspieler jeglicher Spielstärke bietet. Da müssen die, die noch am Lernen sind, m.E. auch mal in Kauf nehmen, dass nicht jede Aufgabe auf sie zugeschneidert ist. Wenn die richtig Guten hier sich nur selbstlos um die Anfänger kümmern sollten (ich denke, der Vorwurf, das täten sie nicht, wäre nicht angebracht), würden sie alsbald das Interesse verlieren, so viel im Forum zu posten. Du musst ihnen schon das Recht einräumen, sich auch mal mit Spielen zu beschäftigen, die eben sehr schwierig und komplex sind. :)
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon Primrose » 1. Jan 2015 21:20

Denk nochmal nach. :)
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon Kantholz » 1. Jan 2015 21:40

ein sehr interessantes Beispiel.

Ich habe allerdings meine Zweifel, ob der AS unter realen Spielbedingungen überhaupt in der Lage ist, die entsprechende Lösung anhand der GS - Spielweise zu finden.

Dabei hat er noch den Vorteil, dass er nur für sich entscheiden muss.
Zunächst wird erst mal außerordentliche Klasse bei den GS vorausgesetzt werden müssen, nämlich dergestalt, dass sie vollkommen unbeeindruckt sofort an das Spiel gehen.

In der Regel hat man hierbei noch eine Blindniete mit bei Tische sitzen, die eben zu lange unschlüssig die Karten dreht.

Damit bin ich bei dem, was ich die Hauptverteidigungslinie nenne.

Ich strecke meine Karte und versuche die kleinste Reaktion der GS zu erkennen, denn die sind zu zweit. Und wenn einer ein guter Schauspieler ist, muss das der zweite Spieler noch lang noch nicht sein.

Überlegen kann ich dann immer noch...
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon carpe diem 87 » 2. Jan 2015 12:16

Hi

Ich habe dieses Spiel leider erst nach der Bekanntmachung der Lösung gesehen und daher kann ich ja nicht ganz Vorurteilsfrei antworten. Ich wäre allerdings bewegt hier auch die 7 zu legen da Kreuz am Anfang doch ziemlich eigenartig ist. Dennoch würde ich genauso mit Kreuz starten falls ich 4 Herz mit 8/9 hätte, daher sehe ich hier auch nicht DIE EINDEUTIGE Lösung.
Allerdings kann ich mich noch an ein Spiel erinnern welches ich genau durch das legen der 7 verloren habe gerade nach so einem Eigenartigem Spielverlauf (ich hatte so ziemlich die gleichen Gedanken wie geschildert) doch war hier der Unterschied folgender, die Gegner waren nicht sonderlich gut.

Ich hoffe ihr seid alle gut in das neue Jahr gestartet

Greez
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon Kantholz » 2. Jan 2015 13:27

carpe diem 87 hat geschrieben:Hi

Allerdings kann ich mich noch an ein Spiel erinnern welches ich genau durch das legen der 7 verloren habe gerade nach so einem Eigenartigem Spielverlauf (ich hatte so ziemlich die gleichen Gedanken wie geschildert) doch war hier der Unterschied folgender, die Gegner waren nicht sonderlich gut.


Du hast ja richtig Humor !
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon HelAu » 2. Jan 2015 13:42

Kantholz hat geschrieben:
carpe diem 87 hat geschrieben:Hi

Allerdings kann ich mich noch an ein Spiel erinnern welches ich genau durch das legen der 7 verloren habe gerade nach so einem Eigenartigem Spielverlauf (ich hatte so ziemlich die gleichen Gedanken wie geschildert) doch war hier der Unterschied folgender, die Gegner waren nicht sonderlich gut.


Du hast ja richtig Humor !

Und Du bist in dieser Disziplin sogar empfänglich 8)
Allseits ein gutes neues Jahr :sekt2:
Wer Rechtschreibfehler findet, darf diese behalten
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon grüne Sau » 2. Jan 2015 14:10

Interessante Erkenntnis aus dieser Kopfnuss: gegen starke Spieler kann sich der AS hier wehren, aber nicht gegen schwache. Auch ganz gut zu wissen, dass es auch mal ein Vorteil sein kann, nicht so gut zu sein.
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Re: Steigen oder tauchen?

Beitragvon MonsieurL » 2. Jan 2015 14:50

grüne Sau hat geschrieben:Auch ganz gut zu wissen, dass es auch mal ein Vorteil sein kann, nicht so gut zu sein.


Das ist im Prinzip richtig. Wenn Karten mehr oder weniger wahllos auf den Tisch kommen, sind sie nicht mehr zu lesen. :) Und nun verpufft die Stärke der guten Spieler, die Kartenverteilung aus dem Spielverlauf herauslesen zu können. Deshalb wird ein guter Spieler gegen zwei Schlechte am Tisch auf Dauer auch nicht so eine große Punktdifferenz herausholen als wenn zwei Gute gegen einen Schlechten spielen.

Allerdings kann ich Dir da nicht viel Hoffnung machen. Um diesen "Vorteil" nutzen zu können, bist Du viel zu gut. :D Das ist übrigens jeder hier im Forum. Wer sich so intensiv mit Skat auseinandersetzt, dass er ein Skatforum liest und sich an Diskussionen über richtiges oder falsches Spiel beteiligt, spielt nicht wahllos Karten aus. :D Er wird zwar, wenn er noch am Lernen ist, weniger richtige Entscheidungen als ein weitgehend fertiger Spieler, aber allemal mehr als einer, der dieses Spiel nur als lustigen Zeitvertreib ansieht.
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