Hallo, ich stelle hier ein für mich bemerkenswertes Theorem dar, von dem mich interessiert, ob es schon bekannt ist. Ich bin leider, was Skatliteratur angeht, vollkommen ungebildet und weiß daher bei dem, was ich mir überlegt habe, nicht sicher, ob es neu ist oder nicht eigentlich den meisten bekannt, die sich tiefer mit dem Spiel beschäftigen. Bei dem hier habe ich geglaubt, dass es bekannt sein müsste, aber seid ich in der Diskussion zum Null Hand gemerkt habe, das wir doch etwas verschieden denken, will ich das hier doch einmal teilen.
Es geht um den Begriff der Spielbarkeit, und zwar abhängig von der Art die Punkte zusammenzuzählen: "klassisch" (ohne die 50 für gew./verl. Spiele) oder mit diesen Zusatzpunken. Ich nenne ein Blatt aus 12 Karten (nicht 10) spielbar genau dann, wenn es im Erwartungswert unter Einbeziehung einer gegebenen Spielweise der Gegner keine Minuspunkte bringt. Null Punkte erlaube ich auch, weil ich persönlich im Zweifel lieber Alleinspieler bin. Genauer ist von klassischer Spielbarkeit und SF-Spielbarkeit zu sprechen, weil bestimmt sein muss, auf welche Art die Punkt zu Stande kommen, um über Spielbarkeit zu entscheiden. Die Spielweise X aller Spieler muss festgelegt sein, damit die Wahrscheinlichkeiten eindeutig sind. Man kann z.B. praktisch ideales Spiel aller Spieler voraussetzen, oder ideales Spiel nach Maßgabe der gegebenen Informationen, oder auch Eigenheiten von bestimmten Spielern. Ich hoffe, das ist soweit harmlos und unproblematisch. Nun das
Theorem. Jedes klassisch spielbare Blatt ist SF-spielbar.
Für Nullspiiele ist das schnell klar, weil die ab 2/3 Chance klassisch spielbar und schon etwas darunter SF-spielbar sind.
Um es für Farb- und Grandspiele zu beweisen, verwenden wir allgemeine Formeln zum Erwartungswert der Punkte, die ein Blatt einbringt. Die wiederum beweise ich an dieser Stelle allerdings nicht, weil ich vermute, dass die bekannt sind. Falls nicht, kann das gesondert geklärt werden.
Hilfssatz 1.
klassischer Blattwert für ein 12-Karten-Blatt B bei Spielweise X: W^k(B, X) = w(A^k) · sum(i) (T + i) (P^i_S(X) - 2P^i_N(X))
(summiert wird über die Zusatzgewinnstufe i: Einfach 1, Schneider 2, Schwarz 3)
SF-Blattwert für ein 12-Karten-Blatt B bei Spielweise X: W^k(B, X) = W^k(B, X, A^SF) + 50*(2P_S(X) - 1).
Zeichen:
A^k ~ optimales Spiel auf lange Sicht (klassisch)
A^SF ~ optimales Spiel auf lange Sicht (Seeger-Fabian)
w(A^k) ~ Spielwert zur Spielart A^k
T ~ Spitzenfaktor von B.
P^i_S(X) ~ Siegchance bei Spielweise X in der Stufe i.
P^i_N(X) ~ Verlustchance bei Spielweise X in der Stufe i.
W^k(B, X, A^SF) ~ klassischer Spielwert in der Spielart A^SF
P_S(X) ~Gesamtsiegwahrscheinlichkeit
Formal lässt sich (klassische) Spielbarkeit jetzt formulieren als die Ungleichung W^k(B, X) >= 0, SF analog.
Hilfssatz 2. Ein Blatt bei Spielweise X ist genau dann SF-spielbar, wenn für die Gesamtsiegwahrschienlichkeit gilt:
P_S(X) >= (50 - W^k(B, X, A^SF))/100.
Beweis. zu Hilfssatz 2.
Ein Blatt bei Spielweise X ist genau dann SF-spielbar, wenn W^k(B, X, A^SF) + 50*(2P_S(X) - 1) >=0. Einfaches umformen genügt. QED
Beweis zum Theorem.
Sei ein Blatt B gegeben, das klassisch spielbar ist. Dann gibt es also eine optimale Spielart A, mit der W^k(B, X) >= 0 ist. Ich zeige jetzt, dass das Blatt in der Spielart A auch SF-spielbar ist.
Dafür reicht es aus, die Ungleichung vom Hilfssatz 2 zu verifizieren:
P_S(X) >= (50 - W^k(B, X, A))/100.
Wegen der klassischen Spielbarkeit W^k(B, X, A) >= 0 genügt es zu zeigen, dass die Gesamtsiegwahrscheinlichkeit P_S(X) >= 1/2. Sie muss tatsächlich mindestens 50% sein, denn mit weniger als 50% wäre das Blatt niemals klassisch spielbar gewesen. Für wen das eine bekannte Tatsache ist, könnte der Beweis hier schon enden. Wer das nicht gleich glaubt:
Nehmen wir an, die Chance wäre kleiner als 50%. Und nehmen wir weiter an, die Chancen verteilen sich so günstig wie irgendmöglich für den AS auf die Gewinnstufen: gewinnt der AS, gewinnt er Schwarz, verliert er, dann nur einfach. Dann würde für den klassischen Blattewert gelten:
0 <= W^k(B, X) = w(A^k) · sum(i) (T + i) (P^i_S - 2P^i_N) = w(A^k) ((T + 3) * P ^3_S - 2(T + 1) * P ^1_N)
Wir können, da die Siegchance kleiner als 50% ist, verwenden, dass P ^1_N > 1/2 und P ^3_S < 1/2.
< (T + 3 - 2(T + 1))/2 = (1 - T)/2
Der Spitzenfaktor ist mindestens T = 1:
<= (1-1)/2 = 0.
Insgesamt folgt 0 < 0, ein Widerspruch. Also war die Annahme, dass P_S < 50% ein Widerspruch dazu, dass das Blatt klassisch spielbar ist. QED
Eine Folgerung hieraus ist, dass seit Einführung der Zusatzpunkte nicht plötzlich Spiele nicht mehr lohnenswert geworden wären, sondern noch sind vormalige Minusspiele Plusspiele geworden. Außerdem kann, um die theoretische Spielbarkeit geprüft werden soll, es schon genügen, ohne Seegerpunkte zu rechnen. Allerdings gilt das bei Spielvergleichen nicht.
Eine Vermutung ist, dass etwas analoges über die Reizbarkeit von 10-Karten-Blätter gilt, allerdings geht der Beweis dafür nicht mehr so schön auf und es muss eine Reihe von Fällen (Trumpfmustern) betrachtet werden, vielleicht interessiert euch das, oder ist das alles schon längst bekannt ...?