Rückspielkarte

Theoretische Abhandlungen, Motive, Tricks, Handlungsanleitungen.

Rückspielkarte

Beitragvon Schotte » 4. Jun 2017 22:40

Ich komme gerade von einer Skatveranstaltung zurück, wo ich mehrfach mit einem Motiv konfrontiert wurde, das wohl "Standard" ist. Vielleicht gibt es ja bereits einen Thread dazu.

Der AS in MH sticht im Farbspiel ein Ass von VH. HH hält in der Farbe 10, K, 8. Hier wurde oft der König zugegeben, um die 8 (oder andere Lusche) zur billigen Übergabe zu haben. Von welchen Kriterien (Beikarte, Trumpfanzahl etc.) macht ihr solches Spiel abhängig? Spielt ihr das auch mit Ass, K, Lusche in HH so (bei Anspiel von 10, D, Lusche)?

Da ich das Motiv nicht kannte, habe ich mich in VH nicht getraut, die Farbe nachzuspielen, da ich die HH-Zehn nicht opfern wollte.
Andersherum habe ich mir als AS in MH in einem anderen Spiel die Zehn bereits sicher geglaubt, und nicht schlecht gestaunt, als dann nur die Lusche fiel.

Kann bitte jemand den Link angeben, wo das bereits diskutiert wurde?
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Re: Rückspielkarte

Beitragvon todo » 5. Jun 2017 02:20

Die Begriffe müssen sauber geklärt werden. Die Bezeichnung "Rückspielkarte" meint im allgemeinen eine ganz andere Situation.

Die Rückspielkarte bzw. der Einschub ist eine taktische Möglichkeit, den Alleinspieler ans Spiel zu bringen, um ihn zum Vorspiel einer für ihn nachteiligen Karte zu bringen.

Das Rückspiel muß der Alleinspieler übernehmen (z.B. weil er das Ass führt oder weil er eine Karte haben muß, die höher ist als die Karte, die der jeweilige Gegenspieler im Blatt führt). Folglich wird der Alleinspieler gezwungen, eine bestellte Zehn selbst zu bringen (der GS könnte folglich schneiden) bzw. die Gegenpartei sichert sich so den Stich, den sie beispielswese benötigt, um "aus dem Schneider" zu kommen.

Die Beispiele für Rückspiele sind so vielfältig wie das Leben selbst. Auch ein Rückspiel mit einer Trumpfkarte kann spielentscheidend sein (z.B.) --

Die Situation, die Du beschreibst, ist jedoch eine Verlegenheitsvariante im Gegenspiel. Wenn ich von
klkr10 klkrko klkr08
bspw. die Acht zugebe, dann wird mein Mitspieler nicht in der Lage sein, den Kreuzkönig verletzungsfrei zu übernehmen. (15 Punkte wären in vielen Fällen zuviel, oder?) Wenn ich meinem Mitspieler jedoch die Möglichkeit geben will, mein zweites Anspiel in Kreuz zu übernehmen (und wenn er die Kreuzdame führen sollte!), dann "verschenke" ich den Kreuzkönig und spiele die Kreuzacht zurück.

Dies geschieht aber nur, wenn ich sicher bin, daß ich in Trumpf nach vorn gehen muß (Trumpfkonstellation) und in Ermangelung eines besseren Ausspiels! Ideal wäre es, wenn ich bspw. nur
klkrko klkr08
besäße und Vorhand die Stechfarbe Kreuz viermal führen würde:

1. kr09 -Einstich- krko
2. Trumpf -Übernahme- xyz
3. kr08 krda -Einstich-
4. Trumpf (Übernahme GS!)
5. klkr07 ...

Der Alleinspieler wäre also gezwungen, dreimal (!) ins Leere zu stechen. Hinzu käme, daß ich als Mitspieler, der ich nun in Hinterhand säße, eine "unnütze" Farbe absetzen kann auf das dritte Vorspiel der Stechfarbe Kreuz.

Wenn ich stur die tiefste Karte zugäbe, käme diese Abwurf-/Überstich-Situation gar nicht zustande.

Ich hoffe, ich habe mich verständlich und allumfassend ausgedrückt. :)
--todo
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Re: Rückspielkarte

Beitragvon Schotte » 5. Jun 2017 10:41

Vielen Dank für die Ausführungen!

Wenn ich in HH K, 8 habe und den K zugebe, ist für VH natürlich nicht ersichtlich, ob der blank ist oder nicht. Entsprechend würde VH nicht wissen, ob Zehn oder Lusche folgen soll. Die Idee ist aber nicht, dass VH ausspielt, sondern, wie du sagtest, dass HH mit Trumpf ans Spiel kommt und ausspielt. Wenn HH (jetzt MH) Pik Bube und Trumpflusche führt und eine Trumpflusche vorgesetzt bekommt, sollte sie dann gleich den Buben nehmen, um das Dilemma zu vermeiden? Und dabei dem AS die Hinterhandposition spendieren und potentiell auf einen Trumpfstich verzichten? Oder würde diese Trumpfkonstellation diese Spielweise (König statt Lusche) nicht rechtfertigen?
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Re: Rückspielkarte

Beitragvon ThomAss » 5. Jun 2017 13:38

Bei uns nennt sich das "DSKV Opferbild". Warum ausgerechnet DSKV kann ich dir nicht sagen, die Bezeichnung Opferbild passt aber ganz gut, da man ja ein Bild opfert, um den Partner möglicherweise leichter und einfacher wieder über die behaltene Lusche ans Spiel zu bringen. Ich persönlich bin absolut kein Freund von dieser Spielweise, ich halte sie sogar für falsch. Das "verschwendete" Bild kann dem AS den Sieg bringen, dass der Abwurf des Bildes aber den Sieg gebracht hat, weil man anschließend eine Lusche nachbringen konnte und der MS ggf. nicht gezwungen wurde, die 10 zu legen, habe ich aber ehrlich gesagt noch nie erlebt.
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Re: Rückspielkarte

Beitragvon todo » 5. Jun 2017 15:35

Die Bezeichnung "Opferbild" finde ich zutreffend.

Schotte hat geschrieben: Wenn HH (jetzt MH) Pik Bube und Trumpflusche führt und eine Trumpflusche vorgesetzt bekommt, sollte sie dann gleich den Buben nehmen, um das Dilemma zu vermeiden?


Pik = Trumpf
pi07 pibu krko kr08 xx
xx xx xx xx xx (GS)

Es kommt darauf an: Wenn Du der Meinung bist, ein besseres Ausspiel zum dritten Stich zu haben als Dein Mitspieler (ehemals VH), dann drängelst Du Dich natürlich mit dem Pikbauern vor. Warum? Weil Du eine andere Farbe spielen möchtest; weil der Pikbauer eh' in den Alten hineinfällt, wenn die zweite Trumpfrunde gespielt wird. Oder weil du nochmals die Stechfarbe Kreuz bringen möchtest (also hier die klkr08 ), um den Alleinspieler in Trumpf zu kürzen. Diese Intention hättest Du, wenn Du z.B. in einer Farbe frei wärst!

Die Trumpfkonstellation, das Anspiel des Partners und die Beikarte, auf die man Punkte machen möchte, sind jeweils entscheidend.

Du kannst die 2 Punkte des Pikbuben retten und einen Farbwechsel initiieren. (Es wird nur wenige Spieler geben, die Deinen Pikbauern auf Teufel komm raus übernehmen werden; nur, um "nach vorn" zu kommen.)

Bei 2 Trümpfen legst Du den Buben natürlich nicht,
- wenn Du die zuvor gespielte Partnerfarbe nicht mehr führst (Kreuz blank)
- wenn Du eine andere Farbe nicht führst
- wenn Du bspw. eine andere Farbe blank führst und erwarten kannst, daß Dein Partner in diese Farbe wechseln wird
- wenn der AS ein Farbspiel "ohne" macht

Es kommt halt immer auf die jeweilige Situation an. Wer was gereizt hat, wer welche Karten führen könnte. Diese Situation ist, grob vereinfachend gesagt, bei jedem Spiel anders.

Was in dem einen Spiel zum Erfolg führt, ist im anderen völlig falsch. Wäre es anders, würde Skat auch keinen Spaß machen :juggle:
==================================================

Eine Beispielvariante:
pi07 pibu krko kr08 ka09
ka08 heas he10 he08 he07 (GS; HH)

1. kr07 pias krko
2. pi08 pibu pi09 -2
3. heas kras he09 -24
4. he10 xyz heda -37 + x
5. he08 ...

Bei diesem Pikspiel geschähe das Opferbild eher zufällig. Das Motiv spielte hier keine Rolle. Lediglich die Erlangung des Ausspielrechts wäre wesentlich. Durch die beiden Trumpfkarten von HH ist jedoch wahrscheinlich, daß HH an den Stich kommt. (Der Pikspieler kann ja auch Herzbauer bringen. Oder: Zuerst den Kreuzbauern, danach eine andere Trumpfkarte.)

Das Opferbild wäre in jedem Falle eine Hilfskonstruktion, um dem Partner in VH die Übernahme ohne den Verlust einer vollen Zählkarte zu erleichtern.
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Re: Rückspielkarte

Beitragvon Schotte » 5. Jun 2017 17:25

Vielen Dank für die detailierte Rückmeldung!

Aus Sicht von HH fange ich an, die Logik zu verstehen. Wo mir noch Zweifel bleiben, ist die VH-Perspektive (nicht bei deinem konkreten Beispiel, sondern allgemein). Wenn die (4-)trumpfstarke VH eine Lusche unterm Ass oder unter Ass/Zehn von einer Dreier- oder Viererlänge ausspielt, bekommt MH einen billigen Abwurf. Beim Zurückschieben über Lusche-Dame einen zweiten. Danach kann, zugegebenermaßen der trumpfkurze GS einen Abstich erzielen und später schmieren. Wiegt dieser Vorteil die beiden Abwürfe auf?

Wenn HH nach Abwurf von MH tatsächlich mit einem BLANKEN König ans Spiel kommt und auf langem Weg eine neue Farbe aufmachen muss, ist dann der potentielle Schaden für die GS nicht noch größer?
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