Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

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Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon wing » 22. Jul 2025 10:22

Hallo zusammen,

es gibt einen erfolgreichen Youtuber, der interessanten Content zum Thema Skat veröffentlich mit vielen Lehrvideos und auch Livestreams. Der Name sollte hier auch bekannt sein- seine Videos finde ich sehr hilfreich, weil viel erklärt wird und ein anderer Blickwinkel eröffnet wird.
In seinem neusten Video wird folgende Karte beleuchtet:
VH hat:
hebu heko kras kr10 krko krda pida pi09 kako ka08

MH bekommt kampflos das Spiel und tauft Herz. Der Aufschlag aus Kreuz ist nicht zu diskutieren. Nehmen wir mal an:
1. kr10 he10 kr07
Der Alleinspieler klärt Trumpf:
2. he08 he07 --> und ab hier wird es interessant!
Die Profitaktik besteht nun aus einem Stich mit hebu und im Dritten wird dierkt heko zurück gespielt mit der Idee, dass der Alleinspieler einen Fünftrümpfer hat mit einer Dreilänge und einem Zwilling. Dadurch kann er über das Rückspiel in Trumpf angreifbar gemacht werden (der andere Gegenspieler zieht die Trümpfe ab) und im besten Fall kommt das Rückspiel auf Kreuz, wo der Alleinspieler nur noch abwerfen kann und der Mitspieler lädt.

Dazu als Überlegung, ohne anzuzweifeln, dass diese Taktik funktioniert:
1. Was, wenn der AS einen Sechstrümpfer hat, was bei Passe, Passe durchaus möglich wäre?
2. Was, wenn der AS die beiden fehlenden Kreuz-Luschen in den Skat gelegt hat und damit nach Trumpfabzug die Übergabe auf Vorhand nicht mehr klappt (genau dann wäre das Nachspiel von Kreuz genau richtig, weil es zum Überstich kommt)?
3. Was, wenn der AS den Alten hat und damit nicht in Trumpf abgezogen werden kann sondern seine Vollen in der Beikarte spielen kann?

In diesen drei Fällen funktioniert die Profitaktik nicht und würde den AS in die Karten spielen. Alle 3 Fälle halte ich bei Passe-Passe auch für realistisch. Außerdem ist nicht gesagt, dass wenn einer der drei Fälle eintritt nicht trotzdem der AS verliert, weil beispielsweise sein Beiblatt zu viele Schwächen hat.

Kann mir jemand dabei helfen das zu verstehen?
wing
 
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skatfuchs » 23. Jul 2025 10:26

Hallo,

ich nehme an, du meinst mit dem Youtuber Daniel.
Ich glaube nicht, dass dir jemand die Taktik erklären kann, denn ich halte sie für falsch und wie du auch sagst, so ist es keinesfalls sicher, dass es ohne Reizung ein 5Trümpfer ist.
Die häufigeren Farbspiele sind sowieso die 6-Trümpfer.

Auch das Anspiel mit klkr10 ist meiner Meinung nach nicht effektiv bei nur 2 eigenen Trümpfen und 2 Vollen.
Ich würde in der Position auch immer zuerst den klheko nehmen, damit der AS dann wieder in MH genommen werden kann mit dem klhebu .
Ich hoffe, du hast die Aufgabe auch richtig hier reingestellt und kannst zur Sicherheit ja mal den Link zur Aufgabe hier reinstellen.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon wing » 23. Jul 2025 11:24

Hallo Fuchs,

das Video ist auf youtube derzeit nicht verfügbar bzw. nur mit Altersbeschränkung.. keine Ahnung warum.

Das Blatt von Vorhand ist oben zu sehen.

Der AS hat irgendsowas wie:

kabu he10 he09 he08 he07 kr07 pias pi10 piko kaas ka10 ka09

gedrückt dann kr07 pi10

Über die Eröffnung, welche Kreuz man nimmt, kann man streiten. König ist vermutlich das beste, aber das soll nicht das Thema sein.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skymaster » 23. Jul 2025 12:14

wing hat geschrieben:
das Video ist auf youtube derzeit nicht verfügbar bzw. nur mit Altersbeschränkung


seid wann giebt es eine Alterbeschränkung unter 6 ???
Zähl' Trumpf und Augen allemal, so hast du nie die "Qual der Wahl", ob Abzuwerfen oder Stechen, und must für's Spiel nicht auch noch blechen!
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skatfuchs » 23. Jul 2025 20:51

Hallo,

es kann schon sein, dass der Beitrag auf Youtube P18 ist, wenn die Damen dann "oben ohne" das Spiel betreten. STKA :lol: :lol:

Aber mal im Ernst:
Bei der konkreten Verteilung gewinnt die vorgeschlagene Spielweise für die GS, selbst wenn gleich mit klkr10 eröffnet wird.
Das setzt aber folgendes voraus:
1. Es handelt sich um einen 5-Trümper des AS, beim 6- und 7-Trümper wird das eher kontraproduktiv!
2. Der MS führt den klkrbu und möglichst auch noch den klpibu
3. Der MS hat eine kleine Kreuzkarte für das Rückspiel
4. Der AS geht mit seinen schwachen Trümpfen nicht nach dem Einstich gleich "über die Dörfer", was das sinnvollste wäre für ihn und womit er immer gewinnt.
5. Der MS in VH wimmelt auf die von oben gezogenen Trümpfe keine Kreuz, obwohl der AS diese ja nicht hatte.

Ein bisschen viel für eine mögliche Verallgemeinerung! :nein:
Man kann daraus kein gültiges Spielmotiv herleiten und erkennen. Vielleicht war das auch der Grund dafür, warum das Spiel so schnell wieder verschwand?
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon wing » 24. Jul 2025 05:33

Hallo zusammen,

das Video ist ja nicht verschwunden.
https://www.youtube.com/watch?v=dolJipQs_UM

Das wäre der Link- vielleicht sind die Kommentare zur Analyse auch sinnvoll? Vielleicht ist auch jemand bei youtube angemeldet und kann noch Informationen liefern, die wichtig sind, ich aber noch nicht genannt habe.

Im Großen und ganzen nehme ich aber mit, dass ich nichts mitnehmen kann.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon mitderrauteimherz » 24. Jul 2025 06:03

GuMo Wing, hallo everybody,

nur weil Reiner etwas für falsch hält, muss etwas nicht falsch sein. Nur weil Reiner "nur" seine Statistik zur Problemlösung nutzt, muss das nicht richtig sein.

Ich habe zwar nach wie vor keine Ahnung von Skat kann aber dem Vortrag doch einiges abgewinnen. Denn zumindest ich sehe keinen besseren Gewinnplan, bzw. keinen der eher erfolgsversprechend erscheint.

Die klkr10 im Ausspiel jedenfalls empfinde ich sogar als supi. Sie klärt, sie macht Druck, sie macht nichts kaputt und beide Kreuz-Vollen später zu sichern zu können, erscheint doch eher fragwürdig...


Grüssle

Lars
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon wing » 24. Jul 2025 06:14

Hallo Lars,

lassen wir das Ausspiel- es ist Geschmackssache, ob ich Kreuz König, 10 oder Dame nehme..
Im Video wird aber erwähnt, dass nach der ersten Trumpfrunde im zweiten Stich wir im dritten wieder vor kommen. Und da ist eben die eigentliche Frage: Warum nicht nochmal Kreuz auf den Tisch? Bei der gegebenen Kartenverteilung könnte es sogar sein, dass wir im fünften Stich wieder vorn sind- auch da könnte man nochmal Kreuz auf den Tisch werfen. AS wäre in allen Kreuzstichen in Mittelhand und unser Partner kann entscheiden, ob er sich einer Farbe entledigt oder übersticht.

Mir geht es um das Motiv (ist es eines?), dass man den ersten Trumpfstich hoch sticht und dann wieder klein-Trumpf raus gibt- mit der Absicht oder Wette, dass der Partner das Trumpfspiel komplett klärt und uns dann in die lange Farbe zurück spielt.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon grüne Sau » 24. Jul 2025 15:02

ich kenne das Video was du meinst, und worauf Daniel hinaus will. Er nimmt nach dem 2. Stich an, dass man einen 6- oder 7 Trümpfer mit dem Blatt einfach nicht mehr schlagen kann, unde legt sich damit auf das Motiv Trumpfabzug fest (der hier nur funktioniert, weil der AS den schwächsten Buben hat, mit einem schwarzen klappt das auch nicht), und deshalb den MS einspielen will, damit dieser die Trümpfe abzieht und trotzdem noch auf Kreuz rüberspielen kann. Deshalb auch die beiden Bilder in die Trumpfstiche. Ein Indiz für diese Trumpfverteilung ist laut Daniel dass sein Partner kein Trumpfvolles in den ersten Stich legt, was nur 2 Schlüsse zulässt:

a) er hat keins (dann schließt er eine Gewinnmöglichkeit aus)
b) er macht noch 3 sichere Trumpfstiche mit AS und 2 Buben

darauf beruht seine Gewinnidee, aus dem ersten Stich und den zwei ersten Karten des zweiten Stichs.

Der AS kann sich hier nur wehren, wenn er gar keinen Trumpf zieht, was er aber als Unsinn abtut, dass das keiner macht, was unser Fuchs offensichtlich anders sieht.

Das Spielen unter dem AS im ersten ist auch nicht immer unumstritten, vor allem wenn nur Luschen fehlen. Hätte der AS blank Kreuz oben gehabt hätte er beim Anspiel eines Bildes diese für 3 oder 4 Augen wegbekommen.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skatfuchs » 24. Jul 2025 19:14

Hallo,

vielen Dank Flo für die ergänzenden Erläuterungen.

Wie ich bereits sagte, so ist der Vortrag im Video die einzige Möglichkeit, das Spiel für die GS zu schlagen, da sie beide noch je 2 Karten für die beiden Farbdoppelläufer des AS halten.
Doch das war ja nicht die Frage von wing, sondern ob man das erkennen kann und sich daraus ein Motiv für einen Spielvortrag ableiten lässt?
Und genau das hatte ich doppelt verneint und begründe das nochmals wie folgt:
1. Es ist 100ig richtig, das Spiel von der Kreuzfarbe aufzumachen, denn diese hat gegen unbekannte Verteilungen immerhin 21,3% Sieg, während die Zweierlänge ohne Ass und Zehn nur 13,2% hat. Die Geschmäcker sind dabei verschieden, ob man ein Volles anbieten soll oder unter dem Ass anspielen soll. In Anbetracht der Trumpfkürze und der sonst nicht vorhandenen Vollen wäre ich für ein Anspiel der klkrda .
2. Die Logik des Spielvortrages geht davon aus, dass ein 6-Trümpfer des AS ohnehin nicht gewinnbar wäre und das verneine ich. Beide GS kennen das Beiblatt des AS nicht und wissen nicht, wo die restlichen Asse stehen, Selbst ein solch starkes Blatt
kabu he10 heko he09 he08 he07 piko kaas ka10 ka09 Skat: pi10 kr07 ist von den GS locker zu schlagen mit Anspiel eines Kreuzbildes. Vielfältige andere Gewinnkombinationen sind möglich.
3. Es ist für VH nicht erkennbar, dass sein MS die beiden schwarzen Buben hält, selbst wenn er davon ausgehen kann, dass er noch das klheas hält.

Deshalb ist das zwar eine interessante Lösung, die aber nicht verallgemeinerbar ist und die man auch im realen Spiel nur mit Glaskarten finden kann.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon mitderrauteimherz » 25. Jul 2025 06:05

GuMo,

ich erlebe es nicht allzu selten, dass man dem AS mit der Stechfarbe glaubt derart schwächen zu können, dass er am Ende verliert. Es reicht doch aber häufig schon aus, nur 2x zu stechen und dann das Spiel über die Beikarte abzuwickeln, um zu obsiegen. Das ist doch wohl die Grundidee für einen Kurztrümpfer.
Im aufgezeigten Beispiel wird ganz offenbar versucht, einen solchen Gewinnplan frühzeitig zu durchkreuzen. Das sich dafür einige Variablen erfüllen müssen, ist doch unbestritten.
Die Idee hinter der Übernahme mit einer höheren Karte, um im weiteren Verlauf mit einer niedrigen Karten der Farbe die Übernahme vom Mitspieler zu ermöglichen, ist doch nicht gänzlich neu. Das sie auch in der Trumpffarbe angewandt wird, erscheint ungewöhnlich, ist aber wohl nur folgerichtig.
Es gibt genügend Beispiele, wo das Gegenspiel nicht gewonnen wird, weil die vermeintlichen Standdardzüge gewählt worden. Am Ende "versteckt" man sich dann gerne hinter irgendwelchen Statistiken oder begnügt sich selbst mit der Erklärung, dass es mal wieder Glück gewesen sein musste...
Es gibt eben ein Menge sehr gute Skatspieler aber nur wenige, die über diesen Status hinauskommen!

Schönes WE!
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Mathias » 25. Jul 2025 12:31

Vielleicht kann man es viel einfacher betrachten:

VH schaut auf sein Gurkenblatt und mit dem Reizen ist bei 18 Schluss.

Wenn mir das passiert, dann denk ich mir, das wird wieder so ein Schlafwandelspiel, alles zwei Mal und der Partner hat auch nix.

Dann der erste Trumpfzug -- wo istnd das AS? Warum bringt der Partner nicht einmal ein Bild nach Hause? Warum wirft er die 7 hinein, die man doch gelegentlich gewinnbringend zum Rückschub einsetzen kann?

Vor dem Hintergrund ist es gar nicht abwegig, einen anderen Pfad zu suchen. Nicht, weil man meint, den Zauberzug gefunden zu haben, sondern weil man einfach nicht viel zu verlieren hat.

Daniel sagt ja auch, wenn es ein Sechstrümpfer ist, wie wollen wir da noch gewinnen?
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skatfuchs » 25. Jul 2025 19:41

Hallo,

ja das Blatt von VH ist wirklich nicht viel zum Gewinnen geeignet und das Passen von HH noch dazu.
Ich glaube aber nicht, dass man deshalb, weil man keinen Gewinnweg sieht, zu einer ansonsten ungewöhnlichen Spielweise gehen sollte, weil man eh nix gewinnen kann.
Nehmen wir mal das Ausgangsblatt von VH; das Blatt von HH kennen wir ja nicht.
Nun geben wir dem AS mal 6 Trüpfe und dazu noch das klheas ; beides waren ja Dinge, die ausgeschlossen wurden, weil man eh nicht gewinnen kann. Die Kartenverteilung wäre damit:

VH: hebu heko kras kr10 krko krda pida pi09 kako ka08
MH (AS): kabu heas he10 he09 he08 he07 pi10 piko kaas ka09
Skat: kr09 kr07 oder alternativ pi10 piko
HH: krbu pibu heda kr08 pias pi08 pi07 ka10 kada ka07

Und wer gewinnt nun bei allseits bestem Spiel?
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon MonsieurL » 26. Jul 2025 05:47

Oh, das ist ja ein hochinteressanter Thread. :top: :top: :top: Schade, dass man das Video nicht sehen kann, so dass es uns nicht möglich ist, die genaue Argumentation von Daniel nachzuvollziehen. Aber ich glaube, zu verstehen, womit er sein Gegenspiel begründet. Das heißt jedoch nicht, das möchte ich betonen, dass ich das in der Praxis so hingekriegt hätte. Das hätte ich nämlich höchstwahrscheinlich nicht. :cry: Aber wäre ich AS gewesen und mir wäre mein Spiel so um die Ohren geflogen, wäre ich aufgestanden, hätte mich verneigt und VH die Hand zur neidlosen Gratulation geschüttelt. Der verstorbene langjährige Spitzenspieler Horst Schäfer hätte als Kompliment gesagt: "Ich habe heute einen Skatspieler kennengelernt."

Doch der Reihe nach...

Unser Skatfreund und Forumsschreiber zaccone (ich vermisse dich, Berthold!) hat sein Skatbuch "Moderner Skat" genannt. Da ich es nicht kenne, weiß ich nicht, ob er u.a. solche Gegenspiele damit meinte. Aber für meine Begriffe fällt dieses Spiel bzw. Daniels vorgeschlagenes Gegenspiel genau darunter. Ich behaupte einfach mal, dass es dieses Gegenspiel vor 30 Jahren nie und nimmer gegeben hätte.

Was aber hat sich in den letzten gut 20 Jahren beim Gegenspiel so Grundlegendes geändert? Es hat ein skattaktisches Umdenken stattgefunden. Für meine Begriffe eng verknüpft mit einer Person, aber das soll keine Rolle spielen. Schließlich geht es hier nicht um Heldenverehrung oder Legendenbldung, sondern darum, wie sich das Skatspiel inhaltlich weiterentwickelt hat.

Die entscheidende Neuerung ist, dass man in Spitzenspielerkreisen beim Gegenspiel nicht mehr die nach der Wahrscheinlichkeit bestmögliche Karte ausspielt, sondern nach Chancen guckt, wie man ein Spiel umbiegen kann. Doch was genau ist damit gemeint?

Im Grunde etwas ganz Einfaches. Ob man im Gegenspiel 31 oder 59 Augen holt, ist hinterher vollkommen wurscht. Das Ergebnis ist das Gleiche. Bei weniger als 31 Augen gibt es schon einen kleinen Unterschied, aber nur beim Ergebnis des AS. Der Gegenspieler kriegt schließlich keine Punkte abgezogen, wenn er Schneider bleibt. :D Also spielt es für ihn keine oder fast keine Rolle, wieviele Punkte seine Gegenpartei macht, wenn es unter 60 sind.

Früher ist man mit einer gewissen Logik davon ausgegangen, dass man mit der bestmöglichen Gegenspielkarte am ehesten 60 Punkte schafft. Das würde aber nur stimmen, wenn man mit offenen Karten spielt. Da wir das aber nicht tun, ist die bestmögliche Gegenspielkarte eben nur eine statistische Größe, keine reale. Vielleicht war sie in diesem Spiel die schlimmstmögliche. Deshalb macht es durchaus Sinn, zu überlegen, ob es nicht ein besseres Prinzip gibt.

Und das gibt es tatsächlich. Die heutigen Überlegungen der Topspieler gehen dahin, zu gucken, mit welchen Kartenkonstellationen in einer Farbe man ein Spiel gefährden kann. Die offensichtlichen sind natürlich lange Farben ohne Ass oder Farbe frei. Aber auch eine Blanke kann gefährlich sein oder ein Ass oder eine 10 zu dritt (wenn die beiden anderen Karten nicht gerade 8 und 7 sind). Zweierlängen sind es eher nicht. Über die freut sich fast immer der AS.

Habe ich z.B. ein Ass zu dritt und eines zu zweit und muss ausspielen, gab es früher den "Lehr"satz "Ass zu dritt macht nen Ritt". Dieser war, glaube ich zumindest, als Aufforderung gemeint, dieses Ass auszuspielen. Das sollte man aber ohne die 10 nun wirklich nicht tun. Statistisch betrachtet ist es zwar wahrscheinlicher, dass ein AS bei einem Ass zu zweit eine 10 zu dritt auf der Hand hält, aber wenn dem so ist, was nützt uns das? Wenn das Spiel ansonsten einigermaßen stabil ist, kommen wir an die 10 nicht ran und der Partner kann auch nix schmieren. Hat er hingegen von der längeren Assfarbe die 10 zu dritt, leuchtet jedem sofort ein, dass die Gegenpartei in dieser Farbe sehr viel Schaden anrichten kann. Deshalb sollte, wenn man überhaupt eine dieser beiden Farben ausspielt, immer das "statistisch" falsche kurze Ass gezogen werden.

Man muss übrigens beileibe kein Spitzenspieler sein, um dieses grundsätzliche Denkprinzip zu übernehmen. Man muss sich nur lösen können von alten und eben manchmal auch veralteten Lehrdoktrinen. Ich habe z.B. meinen Partnern in MH schon öfter 10en blankiert, weil ich meine einzige Angriffsfarbe, ein Ass zu dritt, nicht anrühren wollte. In der Regel schenkt man dem AS damit höchstens einen Schneider. Ist er darauf angewiesen, die 10 rauszuschneiden, wird er es am Ende des Spiels ohnehin tun. Ohne den K kann die Gegenpartei das kaum verhindern.

Es braucht natürlich reichlich Erfahrung und ein fundiertes Theoriewissen, um diesen Spielansatz erfolgversprechend umsetzen zu können. Das ist also kein Plädoyer, doch bitte dem Partner möglichst oft seine 10 zu blankieren. :D Wenn es so einfach wäre, könnte man Skat mit Fug und Recht als Glücksspiel und nicht als Geschicklichkeitsspiel einstufen. Und dieses Spiel, welches Daniel da vorgestellt hat, ist sicher keines, bei dem man sich schämen oder kleinmachen muss, wenn man es nicht gelöst hat. Aber für falsch oder für nur zufällig richtig halte ich Daniels Überlegungen weiß Gott nicht. Im Gegenteil, sie sind schon ziemlich brillant.

Kommen wir nun also endlich zum konkreten Spiel.

Es beginnt mit der Frage nach dem Ausspiel. Für mich gibt es ohne Reizung vom Partner hier nur zwei sinnvolle Ausspielvarianten. Die eine ist Pik 9, um dem Partner eine eventuelle 10 hochzuspielen. Bei Karo haben wir den K, mit dem wir die 10 das Partners ggf. "decken" können, bei Pik nur die D, so dass wir gegen A, K, x des AS ziemlich wehrlos wären.

Die zweite Möglichkeit ist Kreuz auszuspielen. Aber wenn dann bitteschön ein Volles. Die 10 als Informationskarte, dass ich das Ass auch noch führe, gefällt mir hier am Besten. Nur ein Bild auszuspielen, ist für meine Begriffe schlicht schlechter Skat. Wo wollen wir denn beide Kreuz Vollen unterkriegen? Mit jeweils Doppelschrott in Pik und Karo bliebe da ja nur Trumpf und dann müsste man dem Partner von Hause aus vier starke Trümpfe geben. Das ist mir ohne jegliche weitere Info aber arg viel Spekulation. Und wenn der AS tatsächlich Kreuz mitführt, lacht er sich tot.

Nach dem Ausspiel der Kreuz 10 kommt aber eine sehr wesentliche Info vom AS. Er sticht mit der Trumpf 10 und nicht mit dem Ass. Das kann natürlich ein Bluff sein in der Hoffnung, dass noch mal Kreuz gespielt wird, da der AS ja vermeintlich kein zweites Trumpfvolles verstechen möchte. Es ist aber auch sehr gut möglich, ja sogar naheliegend, dass der Partner dieses Ass hat. Und nun kommt gleich im folgenden Stich die nächste verräterische Karte. Diesmal vom Partner, der nämlich auf die Trumpf 8 mit der 7 taucht. Führt er tatsächlich Trumpf-Ass, kann diese 7 nur bedeuten, dass er entweder vier Trumpf hat oder mit nur drei Trumpf jetzt Kreuz frei ist und überstechen will.

Was aber wäre mit Letzterem gewonnen? Danach stünden die Trumpf 1/1 und in den verbleibenden Farben haben wir jeweils Doppelschrott. Wie da 60 Augen zustandekommen sollen, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Geben wir dem Partner aber das Ass und vier Trumpf, ist die 7 noch auf weitere Art verräterisch. grüne Sau und Mathias haben es schon angedeutet. Warum bringt unser Partner nicht wenigstens ein Bild nach Hause? Die Antwort ist einfach: weil er keins hat. Und hätte er zu dem Ass noch einen B und 9, 7 würde er auf die 8 doch wohl die 9 und nicht die 7 legen, gelle? Also hat er die 9 auch nicht. Damit bleiben nur zwei Buben. Und den Kreuz B sollte er eigentlich auch haben, sonst verschenkt er zwei Augen. Okay, das wird durch die Tatsache, dass der AS mit dem Legen der 7 nochmal in MH kommt, sicher aufgewogen. Muss also nicht sein.

Wir halten aber fest, dass der Partner mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit zwei Buben und Herz Ass führt. Wie wahrscheinlich ist es jetzt, dass er darüber hinaus noch weitere Asse hat? Aus zwei Gründen ziemlich klein. Erstens hätte unser Partner dann vielleicht gereizt. Gut, muss nicht sein, er könnte ja nur einen einfachen Karo haben. Aber vorallem: was hätte der AS dann für eine Supergurke ausgerechnet in MH angereizt? Nichts ist unmöglich, aber viel spricht nicht dafür, oder?

Fasst man all diese Dinge, die wir als unvollständige Informationen bisher erhalten haben (so wir denn in der Lage waren, sie richtig zu lesen 8) :D ), ist die Idee, hier auf Trumpfabzug und Einschub in Kreuz zu setzen, auf einmal gar nicht mehr so abwegig, oder? Dass sie natürlich immer noch höchst spekulativ ist, brauchen wir nicht ernsthaft zu diskutieren. Aber wie Mathias schon vollkommen richtig feststellte: Gibt es bei dem Gurkenblatt, zumindest nachdem die Kr 10 gestochen wurde, noch eine weniger spekulative Alternative, auf 30 oder 40 Punkte zu hoffen?
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Blackmancity » 26. Jul 2025 22:26

Wow monsieurl… Top Beitrag :top:
An dieser Stelle müsst ihr euch einen pfiffigen lateinischen Spruch vorstellen!
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon wing » 29. Jul 2025 05:53

Dem kann ich mich nur anschließen- es bleibt die Frage: Was nehme ich daraus mit? Bzw. was nehmt ihr daraus mit?

MonsieurL hat geschrieben:Unser Skatfreund und Forumsschreiber zaccone (ich vermisse dich, Berthold!) hat sein Skatbuch "Moderner Skat" genannt. Da ich es nicht kenne, weiß ich nicht, ob er u.a. solche Gegenspiele damit meinte. Aber für meine Begriffe fällt dieses Spiel bzw. Daniels vorgeschlagenes Gegenspiel genau darunter. Ich behaupte einfach mal, dass es dieses Gegenspiel vor 30 Jahren nie und nimmer gegeben hätte.


Ich will mal nicht frech sein (ich weiß, dass Autoren mit gebrauchten Büchern kein Geld verdienen), aber hat das Buch jemand und würde mir das überlassen? Das scheint interessante Lektüre zu sein.
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Re: Profitaktik- was kann ich daraus mitnehmen?

Beitragvon Skatfuchs » 29. Jul 2025 17:55

Hallo wing,

ich habe natürlich das Buch intensiv gelesen und es gefällt mir gut. Es hat in meiner Bewertung 8 von 10 möglichen Punkten erhalten.
Ich muss dich aber leider enttäuschen: Das Buch enthält sehr viele praktische und nützliche Tipps rund um das Skatspiel, aber nicht annähernd etwas zu der hier gestellten Aufgabe.
Ich kann dir das Buch gern mal kostenlos leihen für 4 Wochen unter der Prämisse, dass du es mir dann wieder zurückschickst oder es dir selbst kaufst, wenn es dir gefällt.
Dazu müsstest du mir dann an meine bekannte email deine Adresse schicken, wobei ich erst am Wochenende wieder zu Hause bin.
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