von MonsieurL » 22. Apr 2025 03:08
@ Skatfuchs
Wie manch anderer hier hast du ja einen sehr stark von der Mathematik abgeleiteten Ansatz, dich der Skatspieltheorie zu nähern. Mal davon abgesehen, dass ich 2/3 davon nicht verstehe (insbesondere deine ganzen Tabellen) habe ich dagegen auch gar nichts einzuwenden. Im Gegenteil, ich freue mich, wenn du - wie sehr oft geschehen - meine Vermutungen statistisch untermauerst.
Es ist für mich auch keine Frage, dass man mit Hilfe der Mathematik und der Statistik zu den letzendlich richtigen Lösungen kommt. Nur, am Skattisch habe ich leider keinen Quantencomputer (oder wie diese Dinger auch heißen mögen) neben mir und dürfte ihn auch gar nicht benutzen. Dazu kommt, dass viele Rechenprozesse beim Skat sehr viel komplexer sind als z.B. beim Schach, weshalb selbst extrem leistungsstarke Rechner unendlich viel Zeit benötigen würden, um dem von seinen Fragen gepeinigten Skatspieler richtige Antworten zu präsentieren.
Dazu kommt, dass die Mathematik einen sehr wichtigen Teil insbesondere des Alleinspiels eben nicht abbilden kann. Und das ist der Bluff. Das beginnt schon mit dem banalsten Trick des Skatsports, dem Halten einer blanken 10 und geht bis hin zu dem Klassiker, dass man von zwei wertlosen Doppelfarben jeweils eine wegdrückt. Schau dir mal ein paar Videos von Daniel Schäfer an. Bei denen kann man den Eindruck gewinnen, das sei seine absolute Lieblingsdrückvariante. Mathematisch betrachtet sind solche Züge natürlich Unsinn, spielpraktisch aber ganz und gar nicht.
Mag sein, dass eine selbstlernende KI hier Fortschritte bringt. Ich glaube aber, dass ein bauernschlauer Skatspieler auch die KI jederzeit ausbremsen kann. Zumindest wenn er über genug Erfahrung verfügt und ein grundsätzliches Verständnis von mathematischen Prozessen und Wahrscheinlichkeiten hat (also ein gesundes Basiswissen). Einfach mal ein paar "unlogische" Züge einbauen und von dem einen oder anderen Schema abweichen, und schon sollte eine KI große Schwierigkeiten haben, den Spielertyp zu analysieren. Es hat schon seine Gründe, warum unter den Skatmeistern nur sehr wenige Professoren oder sonstige besonders gebildete Menschen sind.
Soviel zum Generellen von meiner Seite. Nun zu dem Konkreten, was du in den letzten beiden Beiträgen geschrieben hast. Zunächst hast du gesagt, dass du "eigentlich" nur mit kurzen Trümpfen das Blankspiel auf MH bevorzugst. Was heißt denn dieses "eigentlich"? Dass du es manchmal eben doch anders machst? Oder war das nur ein Füllwort, was man eben hin und wieder benutzt? Wäre es ersteres, könnte ich durchaus mitgehen, denn im Prinzip ist der Ansatz, den Trumpfschwachen zum Stechen zu bringen, selbstverständlich richtig.
Gleiches gilt für langer Weg, kurze Farbe und umgekehrt. Dass diese Aussage im Prinzip richtig ist, wird wohl niemand ernsthaft in Abrede stellen. Das Problem ist nur, dass jeder Grundsatz eben auch seine Ausnahmen hat. Die Frage dabei ist nicht, ob das so ist, sondern nur, mit welchen Karten wir diese Abweichung vom Regelvorgang für angemessen halten.
Du schreibst, dass eine blanke 10 zum AS in MH bei 4 oder mehr eigenen Trümpfen nur selten Erfolg bringt. Und dass ein Ausspiel von einer 10 zu dritt oder gar zu viert sehr viel stärker ist. Meine Frage ist, was du damit sagen willst? Es wird ja wohl kaum sein, dass die blanke 10 seltener auf dem Stapel der Gegenpartei landet, denn das ist eine Binsenweisheit. Aber eine blanke 10 kann man - es sei denn man hat noch eine Blanke - nun mal nicht abwerfen. Und wenn man viele Trümpfe hat, kann man sie auch nicht schmieren. Also was gewinnt man, wenn man sie nicht ausspielt? Im besten Falle noch ein Tempo, wenn die längste Farbe den AS auf Schuss setzt.
Wobei ich hinter diesen "Tempogewinn" noch ein Fragezeichen setzen muss, weil er gar nicht so selten genau das ist, was der AS zum Siegen braucht. Wie oft haben wir alle schon erlebt, dass wir trumpfstark waren, der Partner aber keinesfalls schwach. Erlauben wir dem AS jetzt einen Abstich und müssen ihm anschließend noch eine blanke 10 zugeben, verbietet sich jede Spekulation über den Sieger dieses Spiels.
Habe ich 4 oder auch 3 starke Trümpfe und eine blanke 10 und eine 10 zu dritt, bevorzuge ich am Anfang fast immer die Blanke. Sie ist eindeutig und klärt dadurch ungeheuer viel. Hat der Partner das Ass, kann sie leicht zu einem Sudden Death des AS führen. Hat er wenigstens den K zu dritt, kann sie das Spiel u.U. immer noch gefährden. Hat er weder A noch K, gewinnt der AS meist sowieso.
Habe ich sogar 5 Trümpfe, ist ein Blankausspiel ohnehin Standard. Das gilt erst recht, wenn ich eine nicht blanke Assfarbe führe. Wie oft habe ich erlebt, dass Spieler sich jetzt dieses ausgespielte Ass abstechen ließen und dem AS so eine absolute Gurke gegen eine schlechte Verteilung schenkten. Selbst bei einem Ass zu dritt mit zwei Blanken habe ich schon Spieler das Ass ausspielen sehen. Die Begründung war dann natürlich, dass man als Trumpfstarker doch seine Vollen anbieten muss. Bei diesen Spielern passt dann ein auch hier im Forum schon in der Fußzeile eines humorigen Pinnies gelesener Satz: "Manchmal verliert man und manchmal gewinnen die Anderen."