Wie wird man berühmt

Für Spiele, bei denen sich die Zehennägel des Skatspielers nach hinten biegen

Wie wird man berühmt

Beitragvon MonsieurL » 9. Apr 2016 05:01

Heute breche ich mit einem ehernen Prinzip. Ich stelle euch heute einen realen Skatspieler mit Klar-Namen vor. Das ist nicht fair, ich weiß, und ich entschuldige mich auch von vornherein für diese und alle kommenden Sünden meinerseits, aber ich habe die berechtigte Hoffnung, dass er diese Kolumne nie liest. Wenn doch, kann ich mich wenigstens einmal in eine Reihe mit Jan Böhmermann stellen. Neia, vielleicht nicht ganz in eine Reihe, aber halb verdeckt, schräg links hinter ihn :D

Der Herr, von dem ich euch berichten möchte, heißt Volker Beger und ist seit ca. 40 Jahren Skatspieler. Zumindest glaubt er das und es gibt Anzeichen, dass er Recht haben könnte. Folgende Merkmale lassen sich als beinahe untrügliche Indizien für diesen Tatbestand festmachen: ständiges Jammern über schlechte Karten, permanente Übellaunigkeit, komplette Beratungsresistenz. Früher wurde er auch gern mal eklig, aber eine gewisse Altersmilde ist ihm nicht abzusprechen. Mittlerweile mag ich ihn sogar fast ein wenig. :eek: Auf jeden Fall würde ich ihn vermissen, wenn er nicht mehr dabei wäre, weil irgendwie gehört er zum unverzichtbaren Inventar.

Gestern hatte ich mal wieder das Vergnügen, seine Kleinkunst live miterleben zu dürfen. Diese entfaltete er bereits in den ersten Spielen in den prachtvollsten Farben. Es begann mit einem Grand von mir. Skatfreund Beger spielte das Kreuz Ass aus, welches ich verhaftete. Nach dem Bubenabzug ging ich mit einer Lusche vom Stich, auf die die Gegner 15 Augen machten. Nun betrat der Kreuz K von Herrn Begers Partnerin das Spielfeld, auf die ich eine weitere Lusche absetzte. Herr Beger nahm die 10 raus und die Gegner sahen sich im Besitz von 29 Augen. Ich wollte jetzt eigentlich sagen, ihr kommt raus, da ich noch eine Lusche abgeben musste. Aber dazu kam ich nicht mehr, da Herr Beger blitzartig die Kreuz 9 ausspielte. Die Dame hatte ich gedrückt, und so entschloss ich mich kurzfristig, die Spielverkürzung bleiben zu lassen und mir noch die nächste Karte anzuschauen. Es war die Kreuz 8. Prima.

Im übernächsten Spiel war ich Kartengeber. VH hörte Passe Passe, schaute in den Skat, dachte eine Weile nach und sagte dann einen Grand an. Er eröffnete mit Pik B. Herr Beger führte keinen Buben und gab - wie sollte es anders sein - ein Alibi Bild. Nun passierte ein kleines Wunder. Seine Partnerin schaffte es das erste mal in ihrem Leben (ich schwöre!) zwei Sekunden zu zögern, bevor sie ihren Karo Buben zugab. Wir wussten also, dass sie auch noch den Herz B führt. Der AS zog jetzt jedoch nicht den zweiten Buben ab, sondern spielte eine Karo Lusche aus. Diese nahm unser Volker dienstbeflissen mit der 10 mit und seine Partnerin steuerte den K bei. Mein Interesse an dem Spiel war urplötzlich erwacht und ich schaute mir die Restkarten des AS an. Ich blickte auf folgendes Blatt:

krbu kras heas heda he09 kaas kada ka07

Da könnte ja unter Umständen was gehen, dachte ich mir und hoffte, dass Herr Beger Pik Ass führt. Dem war auch so, aber Herr Beger hatte eine andere Idee. Er dachte sich, das Zurückspiel von Karo würde den AS bestimmt in arge Verlegenheit bringen. Das traf leider nicht zu. :cry: Aber wie hätte unser Volker das wissen können? Der AS hat ja schließlich nicht offen gespielt.

Nun war die Dame am Tisch mit einem Spiel dran. Sie sagte in MH einen Null an. Ich hatte in HH 22 gereizt und war im Besitz folgender Karten:

krko pias piko pida pibu pi09 heas hebu he08 ka08

Herr Beger spielte recht zögerlich die Herz 10 aus. Die Lady duckte mit der 9, ich nahm das Ass und ließ zügig meine blanke 8 fallen. Diese wurde von Herrn Beger mitgenommen und von der Alleinspielerin bedient. Zu meiner Überraschung folgte jedoch kein Karo, sondern die Herz D. Ihr wundert euch, dass ich überrascht war? Schämt euch! Schließlich hat der Mann 40 Jahre Skaterfahrung. Auf die Herz D legte die ASin die 7 und ich den B. Jetzt jedoch folgte die Kehrtwende, es kam wieder Karo. :eek:

Mein Kopf geriet daraufhin etwas ins Trudeln. Herr Beger hatte mir immerhin gerade einen potenziellen Siegweg über K zu dritt in Herz gezeigt. Dafür bräuchte ich aber noch eine Übernahme. Und ich musste befürchten, dass es in Pik gar keine gab. Denn - hätte Herr Beger Pik blank gehabt - hätte er wohl gleich zu Beginn diese Farbe auf Arbeit gebracht. Was also sollte ich tun? Doch besser den blanken Kreuz K behalten? Nach einigem Zögern rief ich mir nochmal in Erinnerung, mit wem ich spiele und dachte an meine eigene These, dass man beim Skat die Spieler da abholen muss, wo sie stehen und dass bei manchen Partnern nicht die beste sondern die verständlichste Karte richtig ist. Ich warf also den Kreuz K weg und nach einem weiteren Karo mit Abwurf Pik kam dann auch die die Kreuz 7 von Herrn Beger und die bedauernswerte Dame hatte ihren Null verloren.

Es sollte sich herausstellen, dass sie das verkraften konnte, da ich nach Ansicht dieser drei Spiele meine Karte komplett überzog und fünf Spiele nach rechts schrieb, was meinen Mitspielern verwunderlich vorkam und mir noch viel verwunderlicher. Eigentlich weiß ich immer noch nicht so genau, was mir da gestern widerfahren ist. :nein:

Doch nun zu dem Grund, warum ich euch das alles schreibe. Im Auftrag von DSkV und ISPA bin ich gerade dabei, den längst veralteten Skat-Glossar zu überarbeiten und ihm die neuzeitlichen Begriffe hinzuzufügen. Die Arbeit ist noch nicht beendet und es ist auch noch Platz vorhanden, wenn ihr noch ein paar neue Skatwörter kennt. Gerade im Süddeutschen Bereich kann ich nicht verhehlen, die eine oder andere Lücke zu haben. Eines sei jedoch schon vorab verraten. Es gibt eine neue Bezeichnung für die zweitschlechteste Karte, die man beim Skat ausspielen kann. Sie lautet: Der Kleine Beger. Hat jemand eine Ahnung, wie zukünftig wohl die schlechtest mögliche Karte heißt? :wink:

Fröhliche Grüße vom prinzipienlosen Monsieur
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Re: Wie wird man berühmt

Beitragvon carpe diem 87 » 9. Apr 2016 11:13

Haha
Ja aber genau das kenne ich auch... Hier spielt die Tischpsychologie eine (zumindest für mich) entscheidende Rolle.
Ich bin selber auch kein Mensch der sich gegenüber schlechtem Spiel tolerant verhält, ich versuche es zwar oft aber die doofen Sprüche dann noch bringen das Fass dann zum überlaufen. Nun haben wir folgende Situation:
2 Leute am Tisch sind unkonzentriert (da sauer)
Man muss immer damit rechnen von seinem "Diskussionspartner" ein "starkes Contra" zu bekommen.
und keiner hat mehr so wirklich Spaß am Tisch....
Man selber spielt natürlich auch um WELTEN schlechter als man könnte, und vergibt somit noch mehr Punkte.
Daher meinen Respekt zu den fast allzeit beherschten Spielern, die es dann auch noch schaffen "Fehler" und "gemotze" am Tisch zu ihren gunsten zu nutzen.

p.s.: Ein sehr Guter Spieler sagte mir mal: "Der Spieler der von dir recht bekommt, spielt doch viel lieber gegen dich, als derjenige dem du versuchst etwas zu erklären..."
Und egal wie falsch seine Behauptung, du habest das Spiel verloren, auch sein mag, geb ihm Recht und entschuldige dich für deine/n Fehler
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Re: Wie wird man berühmt

Beitragvon Miri23 » 9. Apr 2016 11:47

carpe diem 87 hat geschrieben:Ein sehr Guter Spieler sagte mir mal: "Der Spieler der von dir recht bekommt, spielt doch viel lieber gegen dich, als derjenige dem du versuchst etwas zu erklären..."
Und egal wie falsch seine Behauptung, du habest das Spiel verloren, auch sein mag, geb ihm Recht und entschuldige dich für deine/n Fehler


Boah, zu dieser ausgeglichenen Gemütslage möchte ich auch noch hinfinden...ooooommmhh :meeting:
Ich bemüh mich aber wirklich, die Rumkrittelei ist normalerweise eh nicht mein Fall, weil es ja im Normalfall auch 0,0 bringt außer noch schlechterer Stimmung.

Dazu ein O-Ton einer Mitspielerin zu einer anderen vom letzten Wochenende aus der 7. Serie: "Wenn ich gewusst hätte, dass das Spielniveau an Tisch 1 so niedrig ist, dann hätte ich lieber an Tisch 7 gespielt!"
Folge: Ich hab dem armen Mädel einen Schnaps ausgegeben, sie mir noch ein paar Grands und die Sache war am Laufen! :lach:

@Monsieur:
Habe wieder sehr geschmunzelt wie meistens bei deinen Erzähl-Beiträgen!! :flower:
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - unter Null gibt's gar nix - was interessiert mich mein Geschwätz von gerade eben?!?
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Re: Wie wird man berühmt

Beitragvon Ekel Alfred » 9. Apr 2016 12:49

Tja, wer kennt solche Spieler nicht, spielen seit 40 Jahren oder länger , aber sie sind spieltechnisch nur zu Null Acht Fuffzehn- Skat in der Lage. :(
Das kann zwar nerven, aber durch rummotzen ändert man nichts, sondern hat dann auch noch schlechte Stimmung am Tisch.
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