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Sinnlose Grübelei statt gesunder Nachtschlaf

BeitragVerfasst: 15. Jun 2022 03:42
von grunzquiek
'nabend oder morgen! :gruebel:

Ein gänzlich humorfreier und unwichtiger Text für gelangweilte Nachtschwärmer und Leute, die eine kleine Pause beim Nachdenken über den Sinn des Lebens brauchen: :sleep:

Manchmal hört man von irgendjemandem irgendwo eine Frage, bei der man ins Grübeln kommt, weil man keine Antwort weis. :nixweiss:

Vorhin hat irgendjemand in einer Doku über Werner von Braun und seine Nazivergangenheit gefragt: "Warum wollen wir anständig sein?" Uiuiui, das ist ne Frage.... da kann man schon mal ins Grübeln kommen, und genau das habe ich gemacht. Das Resultat, inclusive der maßgeblichen Grübeleien:

Dazu muss man sich erstmal überlegen:
1. Was ist Anstand, was gehört alles dazu?
2. Wo kommt er her?

Zu 1. habe ich mir schon vor langer Zeit eine ganz einfache Regel zusammengebastelt:
Anständig ist es, wenn man versucht, niemandem unnötig zu schaden.

Das greift allerdings noch etwas kurz, weil unter anderem nicht ganz klar ist, was "unnötig schaden" bedeutet.

Und was gehört alles dazu? Da gibt es ganz erstaunlich unterschiedliche Ansichten:

Zum Beispiel wird auch heute noch bei manchen Leuten der Begriff "Anstand" mit "Moral" und mit einer altertümlichen von der Kirche vor langer Zeit mal gepredigten Sexualmoral gleichgesetzt: Wer nicht fremdgeht und womöglich noch ab und zu in die Kirche geht, ist anständig, auch wenn er sämtlichen Geschäftspartnern das Fell über die Ohren zieht. Nach meiner Erfahrung gilt solches in erster Linie für diejenigen Damen, die es in der Zeit, als sie noch jung und hübsch waren, ganz besonders wild getrieben haben. Bei uralten Damen hat sich das vielleicht tatsächlich schon durchs ganze Leben gezogen, aber bei den noch nicht uralten habe ich da schon Bauklötze gestaunt, wenn ich sie im nicht mehr ganz taufrischen Alter reden gehört habe. Vielleicht sind die auch nur neidisch auf die jüngeren oder ungebundenen. Bei Männern habe ich diese kr asse Änderung der Sexualmoral noch nicht beobachtet. In dem Bereich passt für mich meine Universalregel, anständig ist es, wenn man versucht, niemandem unnötig zu schaden. Dazu gehören natürlich auch gefühlsmäßige Schäden. Das, was gegenüber einer bestimmten Person unanständig sein kann, muss nicht allgemein unanständig sein.

Zu 2 (Wo kommt er her?): Das ist nicht eindeutig, da gibt es mehrere Gründe.

Ich greife da gerne auf das Tierreich zurück, weil manche Leute glauben, es sei alles eine Erziehungssache oder kulturell bedingt oder ähnlichen Käse, weil genetische Veranlagungen in ihrer Gedankenwelt für Menschen keinen Platz haben. Diesen Leuten erzähle ich gerne mal, dass sich die Menschen allmählich aus Wesen entwickelt haben, die irgendwann mal als Fische aus dem Wasser gekrochen sind, und dass davon nicht nur die Schwimmhäute bei Embryonen zurückgeblieben sind, und dass auch sie selber ganz persönlich mal solche Schwimmhäute hatten.

Ich sehe Menschen als Herdentiere und Allesfresser, die sich aber seit der Verstärkung ihrer geistigen Fähigkeiten und dem Bestehen der Zivilisation, letzteres hat wohl mit der Erfindung des Feuers oder Pfeil und Bogen begonnen, nicht nur "kulturell" (da vermisse ich auch eine eindeutige Definition) weiterentwickelt haben, sondern auch angeborene Verhaltensweisen verstärkt oder geschwächt haben, wenn sie lange Zeit benötigt oder eben nicht benötigt worden sind.

Die Herdentiere: Typisch für die ist es, dass sie in Gruppen zusammenhalten und sich unterstützen, das ist zunächst mal ihre Herde, ihr Rudel, ihre Familie. Meistens gibt es da eine Rangfolge, die sich aus praktischen Gründen entwickelt hat, oben steht der Wichtigste. Der Stärkste, Schlaueste, Durchsetzungsfähigste oder sonst ein Wichtigtier. Meistens hat der das Kommando und bekommt dafür das beste Futter und was es sonst noch so will. Das wird zwar von cleveren Herdenmitgliedern manchmal umgangen (siehe Prostitution bei manchen Affenarten), aber ein bisschen Schummeln ist nicht weiter schädlich. Wichtiger sind die Zusammenarbeit bei der Jagd oder im Kampf gegen äußere Feinde. Das ist bei den Tierarten ganz unterschiedllich ausgeprägt, manche treiben das sogar soweit, dass sie ein echten Sinn für Gerechtigkeit entwickelt haben. Ich glaube es war irgendeine Vogelart, bei der im Experiment das eine Vieh mehr Futterstücke abbekommen hat, dieses hat aber dem armen Nachbarn einen Teil davon rübergeschubst.

Wenn sich ein Wolf bei der Jagd auf die faule Haut legt, während die anderen der Beute hinterherhetzen, dann war es das einzige Mal, dass er das gemacht hat, zumindest in dem Rudel.

Die Regeln, die für die Gruppe Familie, Rudel, Herde usw. gelten, haben den Zweck, das Überleben der Gruppe weitestmöglich abzusichern. Diese Regeln müssen den Tieren nicht erst beigebracht werden. Es gibt keine Wolfsschule in der den kleinen Wölfen beigebracht wird, dass sie zusammen und koordiniert Jagen sollen statt sich alleine auf den Weg zu machen, um ihr Futter zu suchen. Der Jagdtrieb und das Herdenverhalten sind von Geburt an da, das wissen sogar Hundebesitzer. Bei Menschen hat sich das weitgehend geändert, es geht meistens nicht mehr ums Überleben, sondern nur noch allgemein ums Wohlergehen. Speziell in Mitteleuropa und Nordamerika hat die Familie auch an Bedeutung verloren, deswegen halte ich es für angebracht, das auch auf größere Gruppen, für die Kosmopoliten heißt das dann wohl gleich die ganze Menschheit, auszudehnen.

Wenn sich jemand aus der Bezugsgruppe nicht an die wesentlichen Regeln hält, dann ist das unanständig, egal ob er sich jetzt für einen Menschen, einen Wolf, einen Skatspieler oder eine Kuh hält.

Was Anstand ist, sollte damit im Groben geklärt sein, was der Ursprung und Sinn des anständigen Verhaltens ist, auch
und das beantwortet dann die Eingangsfrage "Warum wollen wir anständig sein?" ---> Das liegt schon in der menschlichen Veranlagung, nur die Ausgestaltung wird angepasst!

Ja, ich geb's zu, das ist alles noch etwas schwammig, aber ich will ja kein Buch schreiben.

'nacht!
grunzquiek

Re: Sinnlose Grübelei statt gesunder Nachtschlaf

BeitragVerfasst: 15. Jun 2022 09:59
von mr.kite
Das ist eine sehr beeindruckende Ausführung, die zum Nachdenken anregt

Re: Sinnlose Grübelei statt gesunder Nachtschlaf

BeitragVerfasst: 19. Jun 2022 17:48
von John
Obwohl ich meist einen gesunden Nachtschlaf habe, werde ich doch manchmal von Träumen heimgesucht, die ich leider (oder vielleicht glücklicherweise) am Morgen nicht mehr weiß. Grunzquiek, ich will dir nur in einem Punkt widersprechen: Grübeln ist nie, zumindest selten, sinnlos.

Das Wort "anständig" erinnert mich an "brav", "artig" und ähnliche (An-)forderungen aus meiner Kindheit und ich glaube, solche Worte seit Jahrzehnten nicht mehr in den Mund genommen zu haben. Doch soll das keine Kritik sein, du drückst einen Gedanken lediglich anders aus, der das Ergebnis meiner Grübeleien darstellt:

Ich habe ein Recht auf meinen Egoismus.

Ketzerisch?! Aber nur, wenn der Gedanke hier zuende wäre. Aber dem ist eben nicht so.

Jeder hat das Recht auf seinen Egoismus.
Sein Egoismus ist gleichwichtig wie meiner.
Daraus folgt: Ich habe die Verpflichtung, im Sinne dieses Rechtes zu handeln. Tue ich das nicht, gelingt es mir also nicht, die berechtigten Gedanken und Bestrebungen des anderen in das Geschehen zu integrieren, bewege ich mich mit meinem Egoismus in einem Bereich, der für die Gesellschaft schädlich sein kann.

Blicke ich aber etwas weiter und denke quasi für den anderen mit, der entweder glaubt, sein Fehlen von jeglicher egoistischer Denkweise mache ihn "anständig" oder der durch ein übertriebenes, unangebrachtes, gemeinschaftsfeindliches Verhalten diese gefährdet, so habe ich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, egoistisch - eben dann im Sinne der Gemeinschaft - zu handeln.

Auch schwammig? Ok, es muss auch kein Buch werden.

Angenehmen Abend allerseits.
John