Ja nun, war ja nett, die Meisterschaft.
Alles begann mit der Hinfahrt. Brav alle Mitspieler gefragt: "Habt Ihr Eure Spielerpässe dabei?" "Ja klar, haben wir". Pässe zusammengeworfen, da liegen ja nur vier! Einer fehlt! Achso, ja. Meiner. Zu Hause. Also zurück in den Bus, Pass vom Küchentisch und ab zum Hauptbahnhof. Naja immerhin, mit Wegkunde doch schneller als die andern am Bahnhof

.
Der Zug fährt ab, vor uns liegen sieben Stunden Hinfahrt. Was macht eine Skatmannschaft auf dem Weg?
a) Zeitung lesen
b) Aerobic oder
c) Skat spielen?
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- Richtige Antwort: c) Skat spielen
Naja nun, mit Contra-Re und Bock und Ramsch kann das ja lustig werden. Und mal ehrlich, gegen vier nette ältere Herren, was soll da schon schief gehen? Gut, ich hatte fürs Wochenende nur 50€ dabei, aber das lässt sich doch sicher aufbessern

Die Fahrt geht im ICE über Naumburg an der Saale und anschließend im Regionalexpress über die Dörfer bis nach Magdeburg. Von der Reise nach Naumburg bleibt wenig in Erinnerung. Ein Skatspiel oder auch zwei. Aber sonst? Ein ICE ist einfach ein schneller Zug. Ab Naumburg wurde es dann spannend. Zwei Stunden Fahrt durch Sachsen-Anhalt lässt uns erkennen, wie groß die Unterschiede zwischen West und Ost noch sein können. Wir passieren teils trostlose Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, die doch noch ein wenig am Leben sind.
Nunja, eine Stunde später sieht die Sache auch gut aus. Entscheidend war dieses GS:
HH:

VH spielt Kreuz ohne 7. Spiel 8 Verloren 16 Contra 32 Bock 64 ... Naja, 20€ Stundenlohn waren damit schonmal eingebracht. Immerhin besser als Mindestlohn
Das war dann auch das Ende der Karten. 6 Stunden später, bei der Ankunft, blieb mir nur zu hoffen, dass die 80€ Minus gut angelegtes Geld sind und sich in besseren Karten am nächsten Tag durchschlagen würden. Aber erstmal ins
Hotel Intercity einchecken: Praktisch gelegen am Hauptbahnhof, drei Minuten zu Fuß zum Spiellokal. Zimmer sind soweit in Ordnung, kein Hotel der Spitzenklasse, keine aufwendige Zimmerausstattung, aber sehr nettes und engagiertes Personal.
Nachdem die Koffer abgelegt und passende Kleidung angelegt ist geht es zu einer kleinen Stadtbesichtigung. Dabei treffen wir die Mannschaft von Anzing-Poing, dem zweiten Verein unserer VG, der sich für die Endrunde qualifiziert hat. Wir werden freundlicherweise daran erinnert, dass wir ja nur in den bayrischen Endkampf gekommen waren, weil Anzing-Poing III zurückgezogen hatte und wir nachrücken durften. Was freut man sich nicht, nette Kollegen zu treffen

. Wir hätten ihnen vielleicht nicht unter die Nase reiben sollen, dass wir 7 Stunden Skat gespielt haben während sie selbst 9 Stunden im Stau standen...
Auch in Magdeburg gibt es Gegenden, die irgendwie aus der Welt gerückt erscheinen. Aber dann auch wieder Gegenden, die voll im 21. Jahrhundert angekommen sind. Vor dem Dom bringt ein als Nachtwächter verkleideter Fremdenführer ein Ständchen für eine Reisegruppe. Ich verharre einige Minuten. Um zu erfahren, dass der allseits beworbene Dom - ich nehme vorweg, ein Highlight der Ansprache der Repräsentantin der Stadt Magdeburg am kommenden Morgen - dass der Dom geschlossen war. Aber Magdeburg hat noch weitere Highlights: Das
Hundertwasserhaus gehört angeblich dazu. Ich konnte mir vorstellen, dass es durchaus Kinder gibt, die an so etwas Freude haben. Ich lernte, dass auch erwachsene Menschen sowas spannend finden können.
Das Abendessen gestaltete sich als eine besondere Begebenheit.
Hummels Brauhaus ist zweifellos ein interessantes Lokal. Als Vorspeise durfte ich eine fantastische Kürbis-Pflaumen-Suppe genießen. Wem das zu kreativ ist kann auch konventionelle Angebote finden, aber für mich genau das richtige Experiment! Obst in klassische Gerichte einzubauen ist eines meiner Lieblingsmanöver. Als Hauptgericht wählte ich einen "Magde"burger mit Pommes. Eine saubere Portion für einen seit etwa zwei Stunden Hungrigen. Zwei Stunden? Richtig, so lange dauerte es, bis das Hauptgericht auf dem Tisch stand. Meine Mannschaftskollegen äußerten sich relativ brüskiert. Ich für meinen Teil gebe mich mit der Erklärung zufrieden, dass das Lokal sehr neu zu sein scheint und sich erst findet. Ich finde es hat eine faire Chance am Markt verdient! Ich persönlich werde allerdings nicht mehr so oft anreisen, 7 Stunden Anreise sind doch etwas weit. Nun noch ein kurzer Absacker an der Hotelbar und ab in die Federn.
Der nächste Tag wird härter. Und irgendwann muss der 6-Stunden-Negativlauf ja enden. Am besten wäre da Serie 1 der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft! Aber gemach. Kaum angekommen im Luxusschuppen "Maritim" darf sich erstmal der Mannschaftsführer (

) rumärgern mit einem relativ unverschämten Beamten an der Schaltzentrale für Auswechslungen (shit, das bin ja ich,d er sich da rumärgern darf

) "Nehmen Sie doch Formularblatt A, gehen Sie in Zimmer 3256 und holen Passierschein B3.12 und bringen den zum Delegationsleiter. Und dann kommen Sie wieder und ich kann das machen." Naja, so höflich formuliert war das auch nicht, nur so vom Prinzip her. Aber man hat ja eine halbe Stunde vor dem Fahneneinmarsch... Nach einem ausgiebigen "Spaziergang" durch die schöne Location fand ich dann dochnoch zufällig den Mann, den ich zu finden gehofft hatte. Entspannt rauchend, als ob er alle Zeit der Welt mitgebracht hätte, traf ich ohne11 vor der Tür stehend. Ein paar artigen Worten des Wiedersehens folgte dann doch der rechtzeitige Einzug in den Spielsaal.
Nach ein paar lustlosen Grußworten, deren Wörter man zwar im ganzen Saal verstehen kann, die aber belangloser sind als belanglos, kommt es endlich zum "Wettkampfeid" und der Nationalhymne, grausam gekreischt von einer "Sängerin". Naja, der ein oder andere hielt pflichtschuldig die Hand an der Brust. Wem es gefällt. Aber nun gehts endlich los!
Serie 1 war nicht weiter besonders. Ich sitze auf Platz 2. Platz 1 ist ein Redekünstler. Er kann reden ohne Luft zu holen. Schade, dass Platz 3 so leise sprach, dass ich mit Oropax seine Reizgebote nichtmehr mitbekommen hätte. Das beste an der Serie: Nach 80 Minuten war das Ding rum. Selbst Platz 1 hatte schonmal von Abkürzen gehört. Bleibt ja auch mehr Zeit zum Reden... 762 Punkte bei 11:3:3 Spielen. Nicht so toll, aber nicht weiter erwähnenswert.
Serie 2 lief nicht so gut. Ein einfaches Herz gewonnen, drei einfache Spiele verloren in der ersten Halbzeit. Dann kurz die Kontrolle verloren und einen unnötigen Grand ohne 4 rechts rausgehauen. Lief nicht so gut. Am Ende mit 7:4:3 immerhin noch in die Guten (107 Punkte) gekommen.
Serie 3 muss ich zugeben, das waren Gegner denen war ich in der aktuellen Verfassung nicht gewachsen. Gleich zu Beginn stand ich wieder 2:2, nachdem ich dreimal gegen 5 Trumpf rannte. Nach drei Kästchen Pause dann folgte meine vollmundige Ankündigung "bei dem Anspiel gewinne ich sogar gegen 5 Trumpf lockerst". VH ganz trocken "Ich hab aber sechs davon". Hatte er auch

. Am Ende durfte ich dann mit 7:5:5 noch 254 Punkte notieren.
Der Unbeteiligte Mannschaftsexperte mag sich fragen: Warum in aller Welt zieht der die Serien von vorne bis hinten durch und geht bei dem Antilauf nicht raus und bläst ein wenig das Hirn durch? Naja, wenn es immer einen Mannschaftskollegen gibt, der noch schlechter steht wird das schwierig...
Ab Serie 4 wird dann gesetzt. Im Klartext heißt das, dass der Zeitabstand zwischen den Serien noch weiter anwächst. Für mich persönlich bedeutet dies dann Tisch 112 von 112, Platz 4. Auch dies ist ein Tisch einer Deutschen Meisterschaft, das spielerische Niveau erinnert jedoch eher an die Verbandsliga. Nicht schlimm. So kann man wenigstens auch mit miesen Karten etwas erreichen. Ich denke, ich war der einzige Spieler im ganzen Saal, der in Serie 4 fast genauso viele Punkte erzielt hat wie in den drei Serien zuvor zusammengerechnet! Deren 1104 bei 11:2:3 ist nun auch keine Heldentat. Fühlt sich manchmal aber so an.
Zu Abend gibt es zunächst mal eines: Nichts zu trinken. Ein Mensch bedient alleine die Zapfhähne, zeitweise bis zu neun Kellner warten in Schlange stehend, ihre Bestellungen abgeben und Getränke aufnehmen zu können. Das erinnerte tatsächlich mehr an eine Schulparty denn an ein professionelles gastwirtschaftliches Gewerbe. Zu Essen gibt es glücklicherweise ein Buffet. Das kann man sich selber holen und muss nicht wieder zwei Stunden warten. Wenn man mit Essen fertig ist kommt vielleicht ja auch ein Getränk... Hier zeigt sich wieder einmal das inkonsequente Handeln des DSkV. Man bucht in einem Luxushotel ein Menü für 10€/Person. Das bedeutet dann eben, dass es genau ein Hauptgericht gibt (Putengulasch mit Petersilienkartoffeln und Bohnen). Wer das nicht mag muss sich am - zugegeben reichhaltigen - Vor- und Nachspeisenbuffet bedienen. Aber mal ehrlich: Bei ca 700 Personen sollte es doch möglich sein, zumindest ein zweites (vegetarisches) Hauptgericht zur Auswahl zu stellen!
Nun aber raus aus der Enge und dem Lärm zurück ins Hotel. Es ist gerade 7 Uhr. Zum Weggehen hat keiner Lust, also nochmal ein zwei Runden Pils (das kommt in der Gegend immer, wenn man Bier bestellt) und noch zwei Stündchen Skat spielen. Schließlich muss ich ja meine Finanzen nochmal korrigieren, sonst kann ich am nächsten Tag kein Abreizgeld mehr zahlen

. Es zeigt sich dann doch, dass lange Spieldauer eher den jüngeren Teilnehmern nutzt

. In diesem Sinne: ab nächstem Jahr sollte auch die DMM 5 Serien an Tag 1 haben, ich brauche diese Punkte dringend! Und so endet Tag 1 der DMM bzw Tag 2 des Ausflugs dochnoch versöhnlich.
Da auch der heutige Tag irgendwann endet mache ich mal Pause. Fortsetzung folgt.