Mein lieber Skatfuchs, mit so einem Verhalten könntest du jeden Schiedsrichter zur Verzweiflung bringen - und damit auch mich, wie der nachfolgende Beitrag zeigt.
Zu 1.: Wie von ThomAss richtig erkannt, stellt sich die Frage, ob die Aussage von Mittelhand Kartenverrat oder sogar eine Spielaufgabe darstellt. Im Gegensatz zu ThomAss würde ich allerdings beides verneinen.
Dass man während eines Spiels zu erkennen gibt, keine Gewinnchancen zu sehen, ist nicht automatisch gleichbedeutend mit einer Spielaufgabe. Wie oft ist es in solchen Fällen schon passiert, dass ein Gegenspieler sich über das Rauskommen freut, und wenige Stiche später ist das Spiel des Alleinspielers plötzlich umgebogen? Gerade bei nicht offenen Spielen sind Spielaufgaben der Gegenpartei die absolute Ausnahme. Man muss deswegen in diesen Fällen die konkrete (sinngemäße) Aussage "Ich gebe (das Spiel) auf" verlangen. Bloße Aussagen über die Schneidervermeidung reichen für eine Spielaufgabe nicht aus.
Auch einen Verstoß gegen 4.2.9 ISkO würde ich in diesem Fall ablehnen. Natürlich würde bei einer weiten Auslegung so ziemlich alles eine Beeinträchtigung des Spielverlaufs nach 4.2.9 ISkO darstellen.
Die Gegenüberstellung dieses Kriteriums in 4.2.9 ISkO mit dem anderen (gleichwertigen) Kriterium des Kartenverrats zeigt jedoch, dass eine nach 4.2.9 ISkO verbotene Beeinträchtigung des Spielverlaufs zumindest ähnlich schwer wiegen muss wie ein Kartenverrat. Gerade in diesem Zusammenhang darf man nicht vergessen, dass solche Äußerungen wie "Jetzt sind wir wenigstens raus" sehr häufig vorkommen - genauso wie sich die Gegenspieler oft ersichtlich freuen, wenn das 60. Auge eingebracht wurde. Wegen der Üblichkeit solcher Aussagen und der geringen Beeinträchtigungen, die von ihnen ausgehen, halte ich es für überzogen, einen Verstoß gegen 4.2.9 ISkO anzunehmen. Haarspalterei wäre es sogar, die Schneider-raus-Aussage als lautes Zählen der Augen im Sinne von 4.5.8/4.2.9 ISkO zu werten. Ebenso wenig zieht das Argument, der andere Gegenspieler wisse nun, dass er "auf Sieg" spielen könne. Denn die Gegenspieler versuchen von sich aus, das maximale Ergebnis für sich zu erreichen. Jeder Gegenspieler weiß unabhängig vom Mitzählen, ob das Spiel des Alleinspielers auf der Kippe steht. Meistens haben die Gegenspieler nämlich schon etliche Stiche für sich verbuchen können, wenn eine Gewinnchance besteht. Die Aussage, dass man den Schneider bereits vermieden habe, ist insofern überflüssig und ohne Belang. Zwar kommt es für die Beurteilung von Verstößen gegen 4.2.9 ISkO nicht darauf an, ob für den anderen Gegenspieler der mitgeteilte Umstand offensichtlich ist. Dies spielt aber keine Rolle, wenn man annimmt, dass gar kein ahnungsfähiger Verstoß gegen 4.2.9 ISkO vorliegt.
Die Rechtsprechung des Deutschen Skatgerichts stützt meine Auffassung größtenteils. Über eine bloße Schneider-raus-Ansage wurde zwar bislang nicht befunden. Kartenverrat ist es allerdings, wenn ein Gegenspieler dem anderen mitteilt, dass das Erreichen von Schneider-raus genügt, um das Spiel des Alleinspielers kaputtzumachen (Beispiel: Der Alleinspieler reizt "72", vergisst bei der Ansage seines "Grand" die Ansage "Hand" und kommt mit dem Pik-Buben raus; daraufhin übernimmt Mittelhand mit dem Kreuz-Buben und meint: "Jetzt musst du uns Schneider" spielen-->Kartenverrat). Mit unserem Fall ist das selbstverständlich nicht vergleichbar, denn für die Gegenspieler vom Skatfuchs ist Schneider-raus eben nicht mehr als Schneider-raus. Anders wäre demgegenüber zu entscheiden, wenn ein Gegenspieler den anderen zum Schmieren auffordert, weil dann (die Stufe) Schneider-raus oder Spielgewinn erreicht sei. In diesem Fall ist die betreffende Stufe nämlich noch nicht erreicht und man hat als Gegenspieler den Mund zu halten.
Folgerung: Kartenverrat liegt in solchen Fällen jedenfalls bzw. nur dann vor, wenn ein Gegenspieler dem anderen sagt, was für das Erreichen einer bestimmten Stufe noch erforderlich ist. Deswegen sehe ich z. B. in der Aussage "Wir brauchen noch einen Stich!" (gemeint ist zum Spielgewinn) einen Verstoß gegen 4.2.9 ISkO. Dass eine bestimmte Stufe erreicht wurde, beeinträchtigt hingegen nicht den Spielverlauf (sonst wäre es schon ein Verstoß gegen 4.2.9 ISkO, wenn ein Gegenspieler nach dem ersten Stich sagt: "Jetzt sind wir wenigstens nicht Schwarz.").
Bei ganz strenger (nach meiner Meinung aber nicht angebrachter) Auslegung von 4.2.9 ISkO kann man beim Skatfuchs-Fall sicher einen Kartenverrat vertreten. Aus den genannten Gründen würde ich ihn aber (bis zu einer gegenteiligen Entscheidung durch das Deutsche Skatgericht) immer ablehnen.
Folgerung aus zu 1.: Was für mich nach alledem nicht ersichtlich ist: Wie will man als Alleinspieler ein solches Spiel auf diese Weise gewinnen? Die Gegenspieler haben das Spiel weder aufgegeben noch Kartenverrat begangen. Sie haben auch nicht den Spielgewinn des Alleinspielers gebilligt (z. B. durch ein bestätigendes "Ja, du gewinnst"). Man kann doch als Alleinspieler auf eine Schneider-raus-Aussage der Gegenpartei nicht einfach sagen "Einverstanden, ihr seid aus dem Schneider und ich gewinne" und dann die Karten hinwerfen und Spielgewinn verlangen.
Meine Entscheidung daher: Für den Alleinspieler ist das Spiel mit den Augen, die er bis zum offenen Hinwerfen der Karten erzielt hat, beendet (4.3.6 ISkO). Damit hat er seinen "Grand" einfach verloren, wenn er weniger als 61 Augen, aber bereits 31 Augen hat, oder sogar "Schneider" verloren, wenn er weniger als 31 Augen hat.
Zu 2.: Ich finde, du hast weder schlitzohrig noch richtig gehandelt. Selbst bei einem Schiedsrichter, der - bei Kenntnis des vollen Sachverhalts - auf Kartenverrat oder Spielaufgabe entscheiden würde, hätte dir dieses Verhalten nichts gebracht. Denn die Gegenspieler hätten erzählt, du hättest die Karten offen hingeworfen. Spielaufgaben oder Kartenverrat wären zudem überzeugend bestritten worden. Insofern weiß ich nicht, wie du dieses Spiel gewinnen willst. Vorstellen könnte ich mir nur, dass die Gegenspieler sich von dir haben linken lassen und keinen Schiedsrichter gerufen haben. Ganz ehrlich: Bei mir als Schiedsrichter gibt es für dieses Verhalten des Alleinspielers eine Verwarnung (4.5.2 ISkO).
Zu 3.: Diese Frage hat ThomAss schon korrekt beantwortet: Da die Gegenspieler vor der Aussage bereits aus dem Schneider waren, kann der "Grand" (wenn überhaupt) nur noch einfach gewonnen werden. Normalerweise bekommt der Alleinspieler zwar bei einem Regelverstoß der Gegenpartei eine zum Spielgewinn erforderliche höhere Gewinnstufe nach 4.1.5 ISkO zuerkannt (in den Grenzen von 5.4.3 ISkO). Dies gilt laut 4.1.5 ISkO aber nur solange, bis die Gegenspieler diese Gewinnstufe im Spiel bereits vermieden haben.
Ich bin gespannt, was die anderen über diesen Sachverhalt denken. Liegt Kartenverrat vor? Oder verliert der Skatfuchs sein Spiel so oder so? Eins ist klar: Wenn das Deutsche Skatgericht für bestimmte Leute, die solche Fragen grundsätzlich klären lassen wollen, lebenslange Anfrageverbote ausspricht, dann ist es kein Wunder, wenn Skatspieler und auch Schiedsrichter bei solchen Sachverhalten überfordert sind und keine richtige Entscheidung treffen können.