Spielabkürzung Gewonnen oder Verloren?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Spielabkürzung Gewonnen oder Verloren?

Beitragvon ThomAss » 26. Sep 2006 17:27

Hallo,

bei einem der letzten Preisskats ist folgende Situation zustande gekommen:

Der AS spielt einen Pik Solo mit zweien. Nach sieben Stichen legt der AS seine Karten krbu pi08 und pi07 offen auf den Tisch und sagt der Rest steht. Die Gegenspieler hatten bereits nachweislich 55 Augen liegen. Der AS saß vor dem 8. Stich in MH. VH wirft seine Karten nach Aussage vom AS sofort weg. Der AS mischte diese letzten 3 Karten von VH sofort in seine bereits gemachten Stiche.

HH moniert nun, dass der AS theoretisch noch einen Stich abgeben kann, da HH die pida führt.

HH hielt zu der pida einen Karo und einen Herz. Kreuz war vorher bereits zweimal gelaufen, es konnte nicht nachgewiesen werden, wo der 7. Kreuz saß. Die letzten 3 Karten von VH waren nicht mehr zu identifizieren.

Der gerufene Schiedsrichter entschied auf Spielverlust für den AS.
Der AS schaltete nach der Serie das Schiedsgericht ein, die anderen beiden Schiedsrichter überstimmten den, an den Tisch gerufenen Schiedsrichter und entschieden somit auf Spielgewinn.

Wer hat richtig entschieden?

Nach meiner Meinung hat der Schiedsrichter, der für Spielverlust entschied, eigentlich richtig entschieden (Begründung später). Wie seht ihr das?

Danke schonmal für eure zahlreichen Antworten! :D
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Beitragvon Elrabos » 26. Sep 2006 18:09

Der AS verliert. Er macht nicht unter allen Umständen jeden Stich. Er hat zuerst hingelegt, also ist das Wegschmeissen des GS unschädlich.
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Beitragvon Skatkommentator » 26. Sep 2006 18:27

Ich versuche mich einmal an meiner ersten Antwort als neuer Moderator, auch wenn ich nach der gestrigen Erstellung des Tutorials zu 4.3.4, 4.3.5, 4.3.6 ISkO vor lauter Spielabkürzungen noch ganz verwirrt bin.

Im Grundsatz hat Elbaros recht, wobei ich aber bei diesem komplizierten Fall noch gerne mehr ins Detail gehen möchte.

Nach dem Auflegen seiner letzten drei Karten muss der Alleinspieler alle weiteren Stiche machen. Trifft das nicht zu, gehen die Reststiche an die Gegenpartei und er verliert sein Spiel, sofern noch nicht gewonnen, einfach (4.3.4 S. 1, S. 2, 4.1.4 ISkO). Bei 55 Augen der Gegenpartei und aufgrund der Tatsache, dass sich krbu pida noch im Spiel befinden, ist klar, dass der Alleinspieler zum Zeitpunkt der Spielabkürzung sein Spiel noch nicht gewonnen hatte.

Bei der Spielabkürzung zeigt sich nun: Hinterhand macht mit der pida in jedem Fall noch einen Stich. Entweder übersticht sie im achten Stich oder sie macht den neunten Stich, wenn der Alleinspieler im achten Stich krbu nimmt (dabei gehe ich davon aus, dass die drei Trümpfe des Alleinspielers und der eine Trumpf von Hinterhand die letzten im Spiel befindlichen Trümpfe sind).

Problematisch ist, dass Vorhand die Karten offen hingeworfen hat, wonach das Spiel an sich für die Gegenpartei mit den bis dahin erlangten Augen (55) beendet wäre (4.3.6 ISkO). Dies gilt laut Deutschem Skatgericht jedoch nicht bei einer Spielabkürzung des Alleinspielers, bei welcher zumindest derjenige Gegenspieler die Karten auf der Hand behält, der noch einen Stich macht. Deswegen kann sich der Alleinspieler in diesem Fall nicht auf 4.3.6 ISkO berufen. Demnach ist die Spielabkürzung des Alleinspielers gescheitert, weil er noch einen Stich abgibt und 4.3.6 ISkO nicht eingreift. Damit gehen alle Reststiche an die Gegenpartei, wodurch diese ihr Spiel gewinnen würde.

Schön wäre es, wenn der Beitrag hier enden könnte, aber das ganz große Problem besteht nun darin, dass der Alleinspieler die drei Karten von Vorhand in seine Stiche gemischt hat und diese nicht mehr zu identifizieren sind. Ein Regelverstoß kann hierin nicht gesehen werden (keine ISkO-Norm einschlägig), zumal der Alleinspieler durch das offene Hinwerfen der Karten durch Vorhand davon ausgehen durfte, die weiteren Stiche zu erhalten.

Das ist aber nicht weiter schlimm, denn es gibt ja noch 5.2.8 ISkO, wonach die Gegenpartei dem Alleinspieler im Zweifel den Spielverlust nachweisen muss. Aufgrund des Sachverhalts wird dies der Gegenpartei in jedem Fall gelingen. Da sie zu ihren bereits erzielten 55 Augen die restlichen Stiche erhält und somit auch krbu und pida, kommt sie auch ohne die Karten von Vorhand immer auf 60 Augen. Demzufolge kann die Gegenpartei dem Alleinspieler den Spielverlust nachweisen. Der Alleinspieler hat damit sein Spiel verloren.

Mich würde aber interessieren, warum das Schiedsgericht die auch meiner Meinung nach richtige Entscheidung des Schiedsrichters aufgehoben hat.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt: Bräuchte die Gegenpartei im vorliegenden Fall unbedingt die Karten von Vorhand zum Spielgewinn, dürfte der Nachweis des Spielverlustes nach 5.2.8 ISkO wohl kaum gelingen. Dann kann man der Gegenpartei nur raten: Achtet besser auf eure Karten.

Ich bin übrigens gespannt, ob und wenn ja, mit welcher Begründung jemand auf Spielgewinn für den Alleinspieler entscheiden würde.
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Beitragvon ThomAss » 26. Sep 2006 18:41

Die 2 Schiedsrichter, unter anderem ein bekannter und guter aus dem LV4, haben entschieden, dass die GS in der Beweispflicht stehen, ob sie tatsächlich noch einen Stich machen oder nicht.

Also die Frage ist unter anderem, wer muss letztlich den Nachweis führen?

Der Schiedsrichter, der auf Spielverlust entschieden hat, sagte, dass der AS immer der Alleinverantwortliche ist und ohne wenn und aber zweifelsfrei nach dem Abklappen alle Stiche machen muss. Dies ist nicht der Fall gewesen. Selbst wenn der 7. Kreuz bereits weg oder gedrückt ist, kann der AS noch theoretisch über die anderen beiden Farben einen Stich abgeben und selbst wenn man ihm nur unterstellt, dass er vielleicht (zwar sehr unwahrscheinlich) mit dem Kreuz Jungen sticht. Die Karten von VH sind dabei unerheblich (im besten Fall für den AS 3 Luschen), da Kreuz Bauer und Pik Dame immer zu 60 reichen würden, hat er sein Spiel verloren.

Ich sehe die Verlustentscheidung als richtig an, sagt das Regelwerk das Gleiche?
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Beitragvon ThomAss » 26. Sep 2006 18:47

Unsere Beiträge haben sich überschnitten Marc.

So sieht es der Schiedsrichter, der an den Tisch gerufen wurde auch.

Danke für deinen ausführlichen Beitrag.
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Beitragvon Skatkommentator » 26. Sep 2006 19:23

Hm...Ich überlege gerade, warum das Schiedsgericht anders entschieden hat, und ich habe das Gefühl, dass irgendetwas bei diesem Fall unseren Augen bislang entgangen ist. Vielleicht liegt es doch an der Kartenverteilung, die mir manchmal entgeht. Wenn ich das jetzt nach nochmaligem Durchgehen richtig verstanden habe, kann Hinterhand nur den siebten Kreuzen mit der pida überstechen, da sie selbst noch jeweils eine Karte in Herz und Karo führt. Wo der siebte Kreuz ist, kann allerdings nicht mehr festgestellt werden. Dann gilt eigentlich das, was ich im vorherigen Beitrag schon angedeutet habe: Bräuchte die Gegenpartei im vorliegenden Fall unbedingt die Karten von Vorhand zum Spielgewinn, dürfte der Nachweis des Spielverlustes nach 5.2.8 ISkO wohl kaum gelingen. Und die Gegenpartei braucht nun einmal den siebten Kreuz bei Vorhand. Das werden wohl die Beweggründe des Schiedsgerichts gewesen sein.

Andererseits darf es dem Alleinspieler nicht zugute kommen, dass er - zwar aus verständlichen Gründen, aber im Endeffekt voreilig - die Karten von Vorhand dergestalt in seine Stiche einsortiert, dass diese Karten nicht mehr identifizierbar sind. Letztlich müsste man eine Ausnahme zu 5.2.8 ISkO einführen, die besagt: Wenn der Alleinspieler den Nachweis der Gegenpartei durch sein Verhalten verhindert bzw. von vornherein unmöglich macht, gilt der Nachweis der Gegenpartei als gelungen.

Auch nach neuer Würdigung der Sachlage sollte es dabei bleiben, dass der Alleinspieler sein Spiel verliert. Er hätte die Karten von Vorhand nicht so einsacken dürfen, dass sie nicht mehr identifiziert werden können. Ganz ehrlich: Das ist ein beschissener Fall, der für alle Mitspieler am Tisch unangenehm ist. Und deswegen sage ich es auch immer wieder: Man sollte als Gegenspieler niemals die Karten voreilig offen hinwerfen.
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