Wer spielt nun was?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Wer spielt nun was?

Beitragvon Skatfuchs » 25. Aug 2006 10:33

Hallo Skatpinnies,

nun mals was Aktuelles aus der gerade noch laufenden Skatolympiade in Altenburg und zur Füllung des "Sommerloches".
Nachdem der Kartengeber ordnungsgemäß das Spiel gegeben hat, verlässt er den Tisch, um mal für "kleine Jungs" zu gehen.
VH erhält das Spiel nach kurzem Reizen und sagt nuschelnd "Rot" an, nachdem er ordnungsgemäß den Skat gelegt hatte.
Auf seinen vorgespielten kleinen Buben übernimmt MH den Stich und HH legt das kras dazu.
Als dann Herz nachgezogen wird und HH die Farbe bedient, reklamiert der AS auf Spielverlust, da HH nicht ordnungsgemäß bei Trumpf bedient hätte.
Beide GS behauten aber, anstelle des genuschelten "Rot" vom AS ein "Kreuz" als Ansage gehört zu haben. Der 4.Mann am Tisch konnte nichts dazu sagen, weil er während der Spielansage nicht anwesend war.
Wer hatt den nun gewonnen und was glaubt ihr, wie der Schiedsrichter entschieden hat?
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Beitragvon Elrabos » 25. Aug 2006 11:05

Ich würde als Schiedsrichter folgende Erwägungen anstellen:

Zum einen stehen hier zwei Aussagen gegen eine. Das wäre als einziges Kriterium zur Beurteilung natürlich reichlich wenig; immerhin liegt es im Interesse der beiden GS, das Spiel nicht zu verlieren. Obwohl das andfererseits auch für den AS gilt. Hilft nicht viel...

Also muss ich noch berücksichtigen, dass es für den Zug des GS, der das Kreuz-Ass in den ersten Trumpfstich gelegt hat, keinen anderen sinnvollen Grund gegen kann als eben den, dass er "Kreuz" verstanden hat und daher Trumpf spielen wollte.

Letztlich ist der AS für eine klare Spielansage verantwortlich. Statt der Ansage "Rot", hätte ein klares und deutliches "Herz" sicherlich zu mehr Klarheit geführt. Die Art der Ansage liegt in seiner Sphäre; wenn diese zu undeutlich gerät, ist das sein Problem. Wenn eine Ansage klar und verständlich sein muss, dann bedeutet das notwenigerweise, dass sie von einem Dritten verstanden werden muss. Wenn der Dritte sie nicht versteht, dann ist sie auch nicht verständlich.

Also: Kein Verlust der Gegenpartei. Ich würde neu geben lassen, sofern dies möglich ist. Bin ja kein Regelexperte.
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Beitragvon Mysticus » 25. Aug 2006 14:37

Bin auch kein Regelexperte und versuche mich mal an der Aufgabe.

Der AS am Dreiertisch ist eine Partei, die genausoviel Gewicht hat wie seine beiden Gegner gemeinsam. Da stünde Aussage gegen Aussage.

Am Vierertisch kann der AS überstimmt werden, wenn alle drei anderen, inklusive des Gebers, eine Aussage treffen, die vom AS abweicht.

Der Geber war aber nun nicht da, somit ist es nicht möglich, den AS zu überstimmen.

Hält er klar an seiner Aussage fest, dann wird es schwer, das Spiel nicht für den AS zu werten.

Allerdings sind die GS selber schuld, dass sie nicht nachfragen, was sich Rübezahl oder Hotzenplotz in seinen Bart gemurmelt hat. Das ist doch fahrlässig, hier nicht noch einmal nachzufragen.

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Beitragvon Skatkommentator » 25. Aug 2006 15:15

Es kann leider nicht neu gegeben werden, wie Elrabos sich das wünscht, da nach ordnungsgemäßem Geben ein gültiges Spiel zustande kommen muss (3.2.16 S. 1 ISkO).

Zum Nachfolgenden: Die Interessierten lesen es ganz, der Rest klinkt sich bei bzw. nach 4. ein. :wink:

Wie Elrabos schon dargestellt hat, handelt es sich bei diesem Fall um eine dieser lästigen Beweisfragen. Dummerweise ist nämlich "Rot" eine gültige Spielansage, was gar nicht so selbstverständlich bzw. erstaunlich ist. Die Auflistung der möglichen Spiele in 2.1.2 ISkO enthält kein "Rot", sondern nur "Herz". Es gibt jedoch eine Skatgerichtsentscheidung, wonach sich die Gültigkeit einer Spielansage hinsichlich der angesagten Farbe nach 1.2.1 ISkO richtet (Entscheidungssammlung, 3.4.1 ISkO, Fall 6, S. 84). Das heißt: Da "Rot" ebenfalls eine gültige Spielansage ist, spielt es leider eine wichtige Rolle, ob "Rot" oder "Kreuz" angesagt wird.

Wenn man sich die bisherige Skatgerichtsrechtsprechung vor Augen zieht, findet man folgende Aussagen vor:

1. Es ist möglich, dass die Gegenspieler eine falsche oder unterlassene Spielansage des Alleinspielers durch ihr Verhalten billigen können (siehe den interessanten Streitfall 79 für einen nicht angesagten, sondern lediglich aufgelegten "Null-Ouvert-Hand"). Hätten in unserem Fall also die Gegenspieler bis zum Ende "Herz" bzw. "Rot" gespielt, hätten sie sich nach dem Spiel nicht auf einmal darauf berufen können, es sei ein "Kreuz" angesagt worden. Andersherum müsste es genauso funktionieren: Spielt der Alleinspieler die ganze Zeit einen "Kreuz" mit, kann er nicht nach dem (verlorenen) Spiel behaupten, er habe einen "Rot" bzw. "Herz" gespielt. Schade, dass diese Aussagen uns beim Fall nicht voranbringen.

2. Hat der Alleinspieler kein Spiel angesagt oder verstehen die Gegenspieler die Spielansage nicht, haben die Gegenspieler sich durch Nachfrage zu vergewissern, welches Spiel der Alleinspieler durchführen möchte (vgl. Entscheidungssammlung, 3.4.1 ISkO, Fall 6, S. 84). Notfalls haben die Gegenspieler den Alleinspieler sogar zu einer gültigen Spielansage aufzufordern (vgl. z. B. Entscheidungssammlung, 3.4.1 ISkO, Fall 2, S. 82). Dies alles passt leider nicht auf unseren Fall, weil der Alleinspieler mit "Rot" eine gültige Spielansage vorgenommen hat und die Gegenspieler mit "Kreuz" ebenfalls von einer - allerdings anderen - gültigen Spielansage des Alleinspielers ausgehen. Deswegen gewinnt der Alleinspieler nicht automatisch, nur weil die Gegenspieler, wofür der Alleinspieler verantwortlich ist, von einer anderen gültigen Spielansage ausgehen und dementsprechend spielen. Denn Bedienfehler können nur sofort durchschlagen, wenn sich die Mitspieler überhaupt einig darüber sind, was gespielt wird bzw. wenn überhaupt ein Spiel angesagt wurde (s. u. 4.)

3. Durch eine ungebräuchliche oder ungültige Spielansage allein kann der Alleinspieler sein Spiel nie verlieren (Entscheidungssammlung, 3.4.1 ISkO, Fall 6, S. 84). Interessiert uns aber auch nicht weiter, da "Rot" eine gültige Spielansage ist (s. o.).



4. Wurde kein Spiel angesagt, kann die Gegenpartei niemals durch falsches Bedienen ein Spiel verlieren (vgl. Entscheidungssammlung, 3.4.1 ISkO, Fall 1, S. 82). Die Karten, die die Gegenspieler in diesem Fall auf die Karte(n) des Alleinspielers gelegt haben, dürfen wieder zurückgenommen werden und der Alleinspieler muss ein gültiges Spiel ansagen. In unserem Fall wurde jedoch ein Spiel angesagt, so dass auch diese These bei unserem Fall nicht hilft (mich aber trotzdem zu meiner Lösung führt, s. u.)



Es gibt demnach aus meiner Sicht nur zwei ernsthafte Lösungsmöglichkeiten:

A. Der Schiedsrichter schenkt den Gegenspielern Glauben, da sie sich in der Mehrzahl befinden, so dass der Alleinspieler ein Kreuzspiel weiter durchführen muss (da dem Alleinspieler zwei Gegenspieler gegenüberstehen und er nicht von einer selbst verschuldet missverständlichen Spielansage profitieren darf, scheidet für mich die Lösung, dem Alleinspieler einen einfachen Spielgewinn zuzuschreiben, aus). Dies ist vermutlich auch die Entscheidung, die jeder Schiedsrichter vor Ort genauso fällen würde wie wahrscheinlich das Deutsche Skatgericht bei Schilderung des Sachverhalts. Ich erwähne dies ausdrücklich, damit keiner auf die Idee kommt, mir bei meiner bevorzugten Lösung Ahnungslosigkeit vorzuwerfen. :lol:

B. Demgegenüber bevorzuge ich in Anlehnung an 4. folgenden Weg: Alle Spieler nehmen ihre bereits gespielten Karten wieder auf. Der Alleinspieler ist verpflichtet, lediglich zur Klarstellung (!) einen "Herz" bzw. einen verständlichen "Rot" anzusagen (d. h., er kann nicht noch einmal umdrücken, da er bereits vor dieser Klarstellung zweifelsfrei ein gültiges Spiel angesagt hat). Dieses Spiel wird normal durchgeführt und seinem Ausgang entsprechend gewertet. Dass die Gegenspieler nun schon zwei Karten ihres jeweiligen Partners und des Alleinspielers kennen, muss der Alleinspieler, der die Situation verursacht hat, hinnehmen. Bei einer bloßen 2:1-Konstellation würde ich diese Lösung sogar dann bevorzugen, wenn das Spiel schon weiter fortgeschritten ist (Konsequenz muss sein). Nur wenn alle drei Mitspieler der Gegenpartei - also auch der Kartengeber - sich gegen den Alleinspieler wenden, wäre diese Lösung wohl nicht mehr vertretbar. Dass aber der Kartengeber in unserem Fall abwesend ist, macht gerade den Reiz aus.

Dem Alleinspieler ist übrigens zu empfehlen, sich bei den Farbspielen auf die unverwechselbaren Spielansagen "Kreuz", "Pik", "Herz" und "Karo" zu beschränken. Auch wenn ich es besser weiß, frage ich jedenfalls immer noch einmal nach, was denn jemand spielt, der "Eicheln", "Grün", "Rot" oder "Schellen" ansagt. 8)

Ich kann nur hoffen, dass solche unangenehmen Fälle in der Praxis die Seltenheit bleiben. Egal wie man hier entscheidet, die Stimmung am Tisch dürfte anschließend ziemlich mies sein.
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Beitragvon sirwinfried » 25. Aug 2006 20:03

Da ich mich vergangenen Samstag endlich `mal dazu durchgerungen habe, an dem VG-Schiedsrichterlehrgang teilzunehmen (Vorprüfung, die zur Teilnahme am LV-Schiedsrichterlehrgang berechtigt) und den dort durchgeführten multiple choice test (40 Fragen) mit null Fehlern bestanden habe (ja, ja, Ihr lest richtig, null wie 0) :lol: , werde ich gelegentlich hier auch mal mitmischen. Ich würde eine minimal differenziertere Lösung bevorzugen:

Nach Schilderung des Sachverhaltes wäre meine erste Frage gewesen, ob bekannt ist, wie VH seine Spiele üblicherweise ansagt (Rot, Grün, Eichel, Schellen etc. oder Kreuz, Pik, etc.). Immerhin könnte es ja sein, dass VH versehentlich "Kreuz" tatsächlich angesagt hat und , nachdem er seinen Irrtum bemerkt hatte, nunmehr behauptet, er habe "Rot" angesagt. Solche Verhaltensweise würde ich zunächst mal ausschliessen wollen.

Sodann würde ich mir Einsicht in die Restkarten von VH und in den Stock verschaffen, ohne dass jemand von den beteiligten Spielern diese Karten sehen könnte.

Hat VH ein spielbares Herz-Spiel, das einem Kreuz-Spiel aus meiner Sicht deutlich erkennbar vorzuziehen gewesen wäre, dann müssten die Parteien nach meiner Entscheidung ihre bis dahin ausgespielten Karten bis auf die erste Karte von VH, die ja bei einem Herz-Spiel regulär ohnehin von VH gespielt worden wäre, wieder zurücknehmen und das Herz-Spiel wird durchgeführt. Den Nachteil der verratenen GS-Karten muss der AS aufgrund offenbar undeutlicher Aussprache in Kauf nehmen.

Ist das nicht der Fall, und hat der AS möglicherweise ersichtlich allenfalls ein Kreuz-Spiel, dem durch die bisherigen Züge Spielverlust droht, wird er u.U. wegen Betrugsversuches disqualifiziert. In die Liste wird noch ein verlorenes Kreuz-Spiel des AS eingetragen.

Kniffelig wird`s nur, wenn der AS sowohl Herz oder Kreuz hätte spielen können. Hier treffe ich eine Entscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles dahingehend, ob wie oben "Herz" oder "Kreuz" weiterzuspielen ist. Im Zweifelsfall würde ich wohl eher entscheiden, dass das Kreuz-Spiel zu Ende gespielt werden muss.

Gruss
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Beitragvon Karlzberg » 26. Aug 2006 00:37

weiterhin stellt sich mir hier aber auch die frage, wie man statt rot, kreuz verstehen kann.

mir käme es doch als schiedsrichter sehr fadenscheinig vor, wenn jemand sagt, er habe statt rot kreuz verstanden, woruaf der erste stich folgte und dann ausgerechnet herz nachgespielt wurde.

bin zwar nicht so regelkundig, allerdings würde ich als scheidsrichter wohl nach einer regel suchen, die eher dem as hilft, weil ich, wie oben bereits dargestellt, den gs eine solche darstellung nicht abnehmen würde.
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Beitragvon Elrabos » 26. Aug 2006 09:55

Aber Karlzberg: Woher willst Du denn wissen, dass der AS so deutlich "Rot" esagt hat und nicht "Kreuz"? Das nimmst Du einfach so an, weil es der AS sagt, aber den GS würdest Du es nicht abkaufen?

Ich meine nach wie vor, dass die Tatsache, dass der eine GS Kreuz-Ass reinlegt, die Behauptung, auch Kreuz verstanden zu haben, sehr plausibel erscheinen lässt.

Beweisbar ist hier letztlich nichts, also müssen Indizien und Wertungsfragen her.
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Beitragvon Skatfuchs » 26. Aug 2006 10:22

Hallo,

der herbeigerufene Schiedsrichter handelte ähnlich, wie von sirwinfreid vorgeschlagen:
1. er prüfte das Spiel des AS, dass sowohl nach Kartenlage und Skatlegung eindeutig nur ein "Rot"-Spiel war.
2. Der Spieler stammte aus dem sächsisch-thüringischen Raum, wo bekanntlich bis heute noch überwiegend mit deutschem Blatt gespielt wird und die Farben auch "deutsch" benannt werden
3. Da die GS in Beweisnot waren und diese nicht eindeutig beseitigen konnten (der 4.Spieler war bekanntlich auf dem stillen Örtchen!), so entschied er auf Spielgewinn einfach für den AS.
Die GS protestierten darauf beide und riefen das Schiedsgericht an.
Wie sollte das denn nun entscheiden?

P.S.: Unser Vereinsvorsitzender sass später mit diesem Spieler an einem Tisch und bestätigte mir, dass sich sein "rot" wirklich so anhörte, wie ein "kreuz"!
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Beitragvon Skatkommentator » 26. Aug 2006 11:18

Erst einmal vielen Dank an sirwinfried für seinen tollen Beitrag. Da ich mich mehr für die rechtlichen Probleme interessiere, vergesse ich manchmal, etwas über das konkrete Vorgehen zu schreiben. Es fällt mir aber auch schwer, daran zu denken, wenn wichtige Informationen wie das Blatt des Alleinspielers erst nachgeliefert werden. :wink: In jedem Fall wird sicher ein exzellenter Schiedsrichter aus dir, sirwinfried. :)

Zur Schiedsrichterentscheidung:

Ich halte sie für vertretbar, würde aber, wie in meinem anderen Beitrag schon beschrieben, anders entscheiden. Aus den von mir genannten Skatgerichtsentscheidungen geht hervor, dass die Gegenspieler vor falschem Bedienen bzw. dessen Auswirkungen geschützt werden müssen, wenn die Spielansage des Alleinspielers missverständlich ist. Die zitierten Entscheidungen beziehen sich zwar auf den Fall, dass der Alleinspieler überhaupt kein Spiel angesagt hat. Dieser Grundsatz ist jedoch auf unseren Fall übertragbar, weil die Interessenlage - Schutz der Gegenspieler, wenn der Alleinspieler bei der Spielansage schlampt - gleich ist.


Auch beim Alleinspieler nachfragen mussten die Gegenspieler ja gerade nicht, da sie die Ansage eines gültigen Spiels verstanden hatten - nur leider eines anderen -, zumal nach Aussage Dritter "Rot" und "Kreuz" beim Alleinspieler wirklich fast identisch klingt. Insofern halte ich es nach wie vor für sinnvoller, dass die Karten wieder aufgenommen werden. Bislang hielt ich es dabei für selbstverständlich, dass die erste ausgespielte Karte des Alleinspielers liegen bleibt. Vielleicht sollte man aber mal überlegen, dem Alleinspieler - gerade wenn schon mehr als ein Stich gespielt wurde - zu erlauben, eine andere Karte zu spielen, um den Vorteil der Gegenpartei durch die Kartenkenntnis ein wenig einzudämmen.

Dennoch glaube ich, dass das Schiedsgericht die Schiedsrichterentscheidung bestätigt hat. Wenn der Schiedsrichter verbindlich entschieden hat, dass ein "Rot" angesagt wurde, ist es nur konsequent (aber nicht die feine Art), dass der Alleinspieler wegen falschen Bedienens eines Gegenspielers sein Spiel einfach gewinnt. Meine Lösung scheidet für das Schiedsgericht ohnehin aus, weil das Spiel nicht mehr rekonstruierbar ist, und Spielgewinn für die Gegenpartei ist nicht drin - das Schiedsgericht möchte ich sehen, das so einen Unsinn anstellt. :lol:
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Beitragvon Olleicke » 26. Aug 2006 15:28


In jedem Fall wird sicher ein exzellenter Schiedsrichter aus dir, sirwinfried.


Jaja, die Herren Juristen unter sich... 8) (wenn die dunkle Brille mal passt, dann hier!)

Olleicke
:roll:
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Beitragvon sirwinfried » 26. Aug 2006 15:42

@ olleicke
Gemeiner Kerl, verrätst hier einfach alles. :shock:

Das war so amüsant, gegenüber einem Juristen, der noch da hin will, wo ich schon seit über 20 Jahren bin :wink: , auf Begriffe wie "Empfängerhorizont", Sichtweise eines "hypothetischen, skatspielenden Durchschnittsdritten" oder überhaupt auf die Erwähnung von Normen bzw. Paragraphen zu verzichten und sich ausschliesslich auf tatsächliche Überlegungen zu beziehen. 8)

Ach ja, beinahe hätt`ich`s vergessen: Olleicke gehört auch zu dieser merkwürdigen Spezies .

Gruss
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Beitragvon Skatkommentator » 26. Aug 2006 18:07

:lol:
Und ich hatte schon befürchtet, es gebe überhaupt keine Juristen unter den Schiedsrichtern. Jetzt wird mir aber auch klar, warum ausgerechnet ich ein Buch über Regelstreitigkeiten beim Skat schreiben musste: Wir (angehenden) Juristen haben zwar alle keine Zeit, aber ich verliere nicht gleich den Kundenstamm meiner Kanzlei und damit meine Lebensgrundlage, wenn ich mir für ein Büchlein mal ein wenig Zeit nehme. :wink:

Nun bin ich aber gespannt auf die Schiedsgerichtsentscheidung. Ich wittere nämlich eine Überraschung (= Stoff für neue Skatregelträume).
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Beitragvon Skatfuchs » 26. Aug 2006 18:08

Hallo,

man glaubt es kaum, aber das Schiedgericht sah das anders, als der Schiedsrichter! :roll:
Es ging von einer "Majoritätsentscheidung" aus, da die Aussagen 2:1 standen und sich die beiden GS offensichtlich nicht kannten.
Es revidierte das Urteil zugunsten des AS und bestätigte die Aussage der GS, das ein "Kreuz-Spiel" angesagt wurde.
Der AS musste also nach Übernahme des Stiches auf Herz sein Spiel in "Kreuz" weiterspielen, wozu er keine Chance hatte wegen fehlendem Trumpf und es verlor.
Ja so unterschiedlich sind die Interpretationen! :lol:
Aus meiner Sicht ergeben sich daraus zwei Fragen bzw. Vorschläge:
1. Ist es nicht sinnvoller, vor allem bei Internationalen Spielen, von einer einheitlichen Spielansage auszugehen? Ich hatte es selbst schon mehrfach erlebt bei Großturnieren in Chemnitz, an denen oft Polnische Skatfreunde teilnehmen, das diese mit den deutschen Begriffen gar nichts anzufangen wussten und ich dann oft der "Dolmetcher" war.
2. Vielleicht kann man es so regeln, dass der Kartengeber erst nach der Ansage und dem Ausspiel den Platz verlassen darf? Kostet dann zwar etwas mehr Zeit, scheint mir aber vertretbar zu sein!
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Beitragvon Skatkommentator » 26. Aug 2006 20:23

So langsam gewinne ich den Eindruck, man sollte Schiedsgerichte nicht mehr einsetzen. Immer, wenn ich in letzter Zeit von Schiedsgerichtsentscheidungen höre, bekomme ich nämlich so einen Schwachsinn zu hören.

In einem solchem Fall, in dem die Spielansage streitig ist, muss das Schiedsgericht sich doch auf die Feststellungen des Schiedsrichters verlassen (nicht aber unbedingt auf dessen Entscheidung, denn ein Spielgewinn für den Alleinspieler wäre eine genauso schlechte Entscheidung gewesen). Stellt der Schiedsrichter fest, dass der Alleinspieler sinnvollerweise nur "Rot" bzw. "Herz" spielen konnte und auch wollte, dann ist es doch für alle Beteiligten am besten, wenn die Karten wieder aufgenommen werden und das Spiel anschließend normal durchgeführt wird. Warum trifft man entgegen dieser sinnvollen Feststellungen eine solche Mehrheitsentscheidung? Ich sehe es schon kommen: Kristallisiert sich am Tisch erst einmal ein Sündenbock oder Arschloch heraus und gibt es Mitspieler, die das auf entsprechende Weise ausnutzen bzw. sich nicht gefallen lassen, dürften die Schiedsgerichte ziemlich oft gegen denjenigen entscheiden, gegen den sich ohnehin schon alle verschworen haben...

Den Vorschlag mit den einheitlichen Spielansagen kann ich nur unterstützen. Das Deutsche Skatgericht ist allerdings selbst schuld, wenn es Spielansagen wie "Eichel", "Grün", "Rot" und "Schellen" indirekt zulässt. Ein klarstellender Hinweis, dass die Gültigkeit von Spielansagen sich nicht nach 1.2.1 ISkO richtet, sondern nach 2.1.2 ISkO (vgl. einen meiner letzten Beiträge dazu), wäre angebracht. Dann gibt es nur noch "Kreuz", "Pik", "Herz" und "Karo". Das soll natürlich keine Ausrottung der Sprachvielfalt darstellen. Aber auf internationalen Turnieren braucht man mehr denn je Einheitlichkeit und Sicherheit bei der Regelanwendung und den einzelnen Spielmechaniken. Man stelle sich nur vor, bei diesem Streitfall wäre es um den mit 5.000 € dotierten 1. Platz gegangen...

Hinsichtlich des Kartengebers verlange ich sogar noch mehr: Während der Serie darf niemand den Tisch verlassen. Was meint ihr, wie schnell die Serien dann vorbei sind, wenn alle Mitspieler wegen übermäßigen Getränkekonsums die Örtlichkeiten aufsuchen müssen? :lol: Im Ernst: Wenn man den Streitfall so wie wir im Forum und auch ansatzweise der Schiedsrichter vor Ort sinnvoll löst, dann braucht man keine längere Anwesenheit des Kartengebers. Und wenn der Alleinspieler sich auf die überall gebräuchlichen Spielansagen beschränkt, muss er keinen "Trumpfumstieg mit Trumpfausgang" befürchten.
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Beitragvon Chevalier » 26. Aug 2006 21:04

Ich hab mal bei einem Großturnier gegen Dänen gespielt. Einer von ihnen konnte kaum deutsch. Reizen ging noch so. Aber dann, nach dem Drücken, schaute er mich an und sagte "Iss sspiele..." und nach einer Weile "Iss sspiele Elf". Geht doch :lol:
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Beitragvon Ast » 29. Aug 2006 00:37

@ Skatfuchs!

Wann hat denn das Gericht getagt?

Üblicherweise doch zwischen den Serien, da kann der Alleinspieler doch schlecht weiterspielen.
Ansonsten muss das Gericht die Entscheidung des Schiris bestätigen.
Ich hätte ebenfalls so entschieden, hätte den AS aber aufgefordert jetzt die offi. Ansagen zu machen.

Gruß
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Beitragvon Skatfuchs » 29. Aug 2006 17:14

Hallo Andreas und Skatpinnies,

der „Vorfall“ trug sich zwar inhaltlich so zu, wie von mir geschildert, aber organisatorisch lief es etwas anders (wie du vermutest), als mir mein Vereinsvorsitzender mitgeteilt hatte.
Gestern hatte ich Gelegenheit, anlässlich des „Sachsen-Cups“ noch mal persönlich mit dem betreffenden Spieler zu sprechen.
Er teilte mir mit, dass die GS ein Amerikaner (mit Deutschkenntnissen) und eine etwas alkoholisierte Dame waren. Er war zusätzlich gehandicupt, da ihm am Vortag noch ein Schaden an seinem Gebiss passiert war.
Der Schiedsrichter entschied nach längerem Überlegen doch gleich, dass der AS ein Kreuz spielen müsse, empfahl aber sofort dem AS in Protest zu gehen, was dieser auch tat.
Doch auch das war vergebens.

Bitte um Entschuldigung für die nicht korrekte Darstellung.
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Beitragvon ThomAss » 28. Sep 2006 14:32

Ich denke mein Fall passt gerade relativ gut zu diesem Fall, deswegen hänge ich hier es nochmal an.

Sowie ich aus den Postings lesen konnte, ist Rot also ein gültige Spielansage für ein Herz Spiel.

VH spielt einen einfachen Grand, den er aber so nicht angesagt hat.
VH spielt Kreuz Bauer auf und sagt Trumpf. MH wirft Karo 7 dabei HH Herz 7. VH reklamiert, dass Pik Bauer fallen muss und er sein Spiel gewonnen hat. Für die meisten hier wahrscheinlich ein klarer Fall. Leider bin ich noch kein Schiedsrichter und auch so nicht 100% der Regelexperte.

Ist das Aufspiel von Kreuz Bauer und der Ansage Trumpf, ein klare Grandansage? Hätten die GS sich rückversichern müssen? Ist das Spiel für die GS oder den AS gewonnen?

skatsportliche Grüße


ThomAss
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Beitragvon Skatkommentator » 28. Sep 2006 18:38

Eine gültige Spielansage im Sinne von 3.4.1, 4.1.1 ISkO muss sich an 2.1.2 bzw. 1.2.1 ISkO orientieren. Für das Spiel, in dem nur die Buben Trumpf sind (vgl. 2.3.3 ISkO), lautet die gültige Spielansage "Grand". Es mag sein, dass jeder normale Skatspieler das Ausspiel eines Bubens, verbunden mit der Aussage "Trumpf", als Ansage eines Grandspiels versteht. Nichtsdestotrotz hat der Alleinspieler keine gültige Spielansage im Sinne der ISkO vorgenommen.

Deswegen dürfen die Gegenspieler ihre auf krbu gespielten Karten zurücknehmen. Weder die Gegenpartei noch der Alleinspieler gewinnt oder verliert das Spiel unmittelbar. Der Alleinspieler muss ein gültiges Spiel ansagen, welches nicht unbedingt der "Grand" sein muss (wobei man in diesem Ausnahmefall eventuell sogar eine Pflicht zur Ansage eines "Grands" konstruieren könnte). Er darf nicht mehr neu drücken und ist verpflichtet, den krbu auszuspielen. Das Spiel wird dann normal durchgeführt und seinem Ausgang entsprechend gewertet.

Einschub: Die Verpflichtung zur Ansage eines gültigen Spiels folgt aus 3.4.1 S. 1 ISkO. Neu drücken darf der Alleinspieler nicht, da vor dem Ausspielen in der Regel ein Spiel angesagt wird, womit dann neues Drücken durch 3.4.8 ISkO verhindert wird. Der Alleinspieler darf zwar laut Deutschem Skatgericht zuerst ausspielen und dann sein Spiel ansagen. Nach dem Ausspielen muss er aber unmittelbar sein Spiel ansagen - also bevor er noch auf dumme Gedanken kommen kann. Es wäre ja noch schöner, wenn der Alleinspieler nach dem Ausspielen noch neu drücken und dann erst sein Spiel ansagen könnte.

Das Deutsche Skatgericht hatte es übrigens schon einmal mit einem ähnlichen Fall zu tun. In jenem hat der Alleinspieler - allerdings ohne irgendetwas zu sagen - den krbu ausgespielt und war der Meinung, damit einen "Grand" anzusagen. Die Gegenspieler, die nur Luschen beigaben, durften ihre Karten wieder zurücknehmen und der Alleinspieler musste ein gültiges Spiel ansagen, das seinem Ausgang entsprechend gewertet wurde. Da in unserem neuen Fall der Alleinspieler trotz der Aussage "Trumpf" keine gültige Spielansage vorgenommen hat, kann die eben erwähnte Entscheidung des Deutschen Skatgerichts meiner Ansicht nach bedenkenlos übernommen werden.
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