Beim Hinlegen des AS fehlt eine Karte

[jonathan.scholbach]

Hallo Forum,

ich habe eine Frage, die bei uns beim letzten Vereinsabend aufkam Wir haben uns dann geeinigt, das Spiel einfach nochmal zu geben - das ist sicher nicht die offizielle Lösung nach Regelwerk. Was wäre, wenn beide Seiten hier hart auf hart streiten würden, was sagen die Regeln?

Folgendes war passiert:

Der Alleinspieler hat bereits über 60 Augen gemacht. Er ist vorn. Er legt seine beiden letzten Karten auf und sagt: "Der Rest ist mir." Die Gegenspieler monieren, dass der Alleinspieler eine Karte zu wenig hat. Sie haben nämlich noch jeweils 3 Karten auf der Hand. Es wird im Skat nachgeschaut, da ist nichts zuviel gedrückt. Auch in den Stichen ist die Karte nicht zu finden. Schließlich findet sie sich unter dem Tisch - eine Trumpfkarte. Wie ist das Spiel zu bewerten? Ich habe nicht die nötige Kenntnis der Regeln und würde mich freuen, wenn Ihr mir zu Allem jeweils die Stelle in den Regeln nennen könntet, auf die Ihr Euch bezieht.

Schöne Grüße, und vielen Dank für Eure Mühen,

Jonathan

[mannikr]

§4.2.6 Besitzt ein Spieler trotz ordnungsgemäßer Kartenverteilung im Laufe des Spiels zu wenig oder zu viel Karten, weil er fehlerhaft gedrückt, doppelt bzw. nicht zugegeben oder es in irgendeiner anderen Form verschuldet hat, ist das Spiel für die Partei mit der richtigen Anzahl von Karten entsprechend den Bedingungen > 4.1.3 bis 4.1.6 beendet. Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre.

Somit hat der AS die falsche Kartenanzahl und es ist unerheblich, ob er schon 61 oder mehr Punkte hat.

[mr.kite]

Jein. Grundsätzlich könnte es natürlich sein, dass dem AS die Karte erst nach Erreichen des 61. Auges heruntergefallen ist. Dann hätte er in jedem Fall gewonnen. Da dazu aber nichts näheres bekannt ist muss man von einer einer falschen Kartenzahl ausgehen und damit Spielerlust AS (wie von mannikr zitiert). Auf keinen Fall darf aber (im Turnier) neu gegeben werden. Bei strenger Regelauslegung würde dies sogar zum Turnierausschluss führen! Was man privat um die eigenen Kohlen macht bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

[AndreasHL]

Hallo,

Zitat: "oder es in irgendeiner anderen Form verschuldet hat", § 4.2.6

Hallo,

der ganze Paragraph baut ja auf einem Verschulden des Spielers auf. Die möglichen Gründe für ein Verschulden sind beispielhaft in § 4.2.6 (ggfls. unvollständig) aufgeführt.

Das bedeutet im Umkehrschluß, bei nicht schuldhaftem Verhalten des Spieles ist das Spiel für ihn gewonnen. Dies mal als Arbeitshypothese.

Wie kann es passieren, dass ein Spieler im Laufe eine Spieles zu wenig Karten hat, obwohl alle zu Beginn des Spieles die richtige Kartenanzahl erhalten haben ?

Und wann liegt ein Verschulden vor ?

Wir kennen alle die berüchtigten klebenden Karten. Wäre das ein Verschulden oder einfach nur Pech, wenn mit zwei Karten bedient wird ? Kann aber auch ein Betrugsversuch sein.

Eine runtergefallene Karte ? In diesem Falle eine Trumpfkarte ? Wohl kaum eine Absicht des AS. Ein Verschulden im engeren Sinne ? Keine Ahnung, wie die Karte runtergefallen ist. Hat ja offenbar auch keiner der Mitspieler gesehen.

Hier hilft nur eine Einzelfallentscheidung.

Und es wäre schön, wenn § 4.2.6 denn lauten würde:

Besitzt ein Spieler trotz ordnungsgemäßer Kartenverteilung im Laufe
des Spiels zu wenig oder zu viel Karten, ist das Spiel für die Partei mit der richtigen Anzahl von Karten entsprechend den Bedingungen 4.1.3 bis 4.1.6 beendet.
Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei
regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre.

Keine Ausnahme, kein Verschulden, nichts. Einfach und hart nach dem Motto "passt auf eure Karten auf, sonst wird es teuer".

Gruss

Andreas

[marvin]

Woher wisst ihr eigentlich, dass ordnungsgemäß gegeben wurde? Die Karte liegt unter dem Tisch. Kann sie da nicht noch vom letzten Spiel liegen (beim Zusammenschieben der Karten runtergefallen etc. pp.)? Dann wäre gar nicht ordnungsgemäß gegeben und daher 4.2.6 nicht anwendbar...

Dennoch: Als Schiedsrichter würde ich gegen den Alleinspieler entscheiden. Selbst wenn nicht ordnungsgemäß gegeben wurde, dann hat er das nicht rechtzeitig (vor dem Ende des Reizens) moniert. Somit trifft ihn zumindest eine Mitschuld, dass nun zu diesem späten Zeitpunkt erst die falsche Kartenzahl festgestellt wird.

[mannikr]

@Marvin
Da laut 4.5.6 jeder Spieler nach beendeten Geben die Zahl der empfangenen Karten zu überprüfen hat und eine unrichtige Kartenanzahl vor Beendigung des Reizens melden muss.
Da dies aber nicht passiert ist, haben somit alle Spieler die richtige Kartenzahl erhalten und mit der richtigen Zahl an Karten das Spiel begonnen.

Aber du sagst es ja praktisch schon selber in deinem Nachsatz

[jonathan.scholbach]

Vielen Dank für Eure Erklärungen. Ich habe, darauf aufbauend, noch eine weitere Auslegungsfrage: Muss man denn die Karte unter dem Tisch zwingend unter den Begriff "fehlende Karte" subsumieren?

[John]

Eine schwierige Frage, die auf meiner ersten Schirinachprüfung schon einmal angeschnitten und meines Wissens bis heute nicht abschließend geklärt wurde. Ich würde es mal so ausdrücken: Wenn einem AS (oder auch einem GS) der schlüssige Nachweis gelingt, dass die Karten seinem Blatt zuzuordnen war und ist - z. B. durch genaue Darstellung der Karten vor Beginn des Reizens in Verbindung mit gefallenen Stichen - und es klar wird, dass die Karte Teil seines Blattes war, ihre Bedienung niemals gefordert war, dann kann man anders entscheiden.