Beweislast

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Beweislast

Beitragvon Wenzlator » 10. Nov 2013 17:14

Bei einem Turnier:

Nach 5 oder 6 Stichen fällt auf, dass der Alleinspieler eine Karte zu wenig auf der Hand hat. Das Spiel ist noch nicht entschieden. Eine Karte liegt unter dem Tisch. Die beiden Gegenspieler haben die richtige Kartenanzahl auf der Hand und verlangen Spielverlust (ISkO 4.2.6 u. 4.5.6).

Der Alleinspieler trägt vor, Gegenspieler 2 habe eine Karte zuviel gehabt und diese unter den Tisch fallen lassen. Somit verlangt er, wegen beiderseits unrichtiger Kartenverteilung neu zu teilen (ISkO 3.2.9, 2. Alternative). Gegenspieler 2 bestreitet das (absichtliche) Fallenlassen einer Karte.

Gegenspieler 1 und der Kartengeber wissen nicht genau, wie die Karte unter den Tisch gelangt ist, meinen aber, es sei wohl richtig gegeben worden.

Wie soll der hinzu gerufene Schiedsrichter entscheiden?

Zusatzfrage: Kann der Alleinspieler, wenn man ihm die Beweislast (für die beiderseits unrichtige Kartenverteilung) auferlegt, hilfsweise die unter dem Tisch liegende Karte vor Zugabe in den nächsten Stich einfach als ihm heruntergefallene Karte aufnehmen und sodann weiterspielen?

lg
Wenzlator
Wenzlator
 
Beiträge: 64
Registriert: 24. Apr 2007 00:31

Re: Beweislast

Beitragvon mr.kite » 10. Nov 2013 19:26

Um es kurz zu machen: Der AS hat hier Pech gehabt. Die(/Ein) GS war(en) cleverer. Man könnte das ausführlich begründen, aber das liest leider doch niemand. Kurz eingehen möchte ich aber auf die Zusatzfrage: Nein, das kann er nicht. Der AS hat selbst erklärt, dass es sich nicht um seine Karte, sondern eine Karte der GP handelt. Letzteres kann er zwar nicht beweisen, ist aber auch egal. Selbst wenn die Karte niemandem gehört ist der AS durch nichts berechtigt, die Karte aufzunehmen. Anders könnte man vielleicht entscheiden, wenn der AS die am Boden liegende Karte als seine eigene reklamiert hätte. Da er das aber nicht hat ist es nun müßig, darüber zu diskutieren.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6847
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Beweislast

Beitragvon marvin » 10. Nov 2013 22:21

Wenn nicht eindeutig feststellbar ist, wem die Karte gehört, dann hat der AS die falsche Kartenzahl und die beiden GS jeweils die richtige. Somit hat der AS verloren, und zwar unabhängig davon, wie viele Punkte er schon in seinen Stichen eingebracht hat.
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein

Re: Beweislast

Beitragvon Eric » 10. Nov 2013 22:25

Also der AS hat ja in dem Sinne schon die Beweislast, dass er, seine These, die ja nicht unbedingt falsch sein muss, beweisen muss, damit sie der Schiri berücksichtigen könnte.

Wenn also ganz zufällig gerade jemand mit seinem Smartphone rumgespielt hat und vlt. auch unabsichtlich eine Videoaufzeichnung gemacht hat, wie einer der Gegenspieler entweder die Karte bewusst oder versehentlich unter den Tisch fallen lässt .....

Dann entscheide ich als Schiri natürlich sofort anders, aber so, sprechen nur die Fakten.
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
Gotthold Ephraim Lessing
Eric
 
Beiträge: 1340
Registriert: 23. Jun 2012 19:26
Wohnort: Suttgart

Re: Beweislast

Beitragvon John » 10. Nov 2013 23:23

Der AS hat hier Pech gehabt. Die(/Ein) GS war(en) cleverer. Man könnte das ausführlich begründen, aber das liest leider doch niemand.
Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir nicht. Hinsichtlich der Urteilsfindung ist die Sache aber klar, so wie dargestellt.

Umso weniger verstehe ich, MrKite, dass man bei so einer klaren Fallentscheidung davon ausgeht - und sei es auch nur als gedankliche Option - dass hier wirklich ein cleveres Vorgehen eines GS vorliegt.

Ich gehe sogar soweit: Die Rechtsprechung in dem genannten Fall ist so eindeutig, dass die Situation damit hinreichend abgedeckt ist. Spekulationen, dass diese Eindeutigkeit mit Cleverness in "Betrug" umgeformt werden kann, verbieten sich eigentlich. Oder aber, wenn ich der Meinung wäre, so etwas würde in dem konkreten Fall öfter vorkommen (dass also GS die Karten des AS zählen und dann die eigenen und dann absichtlich eine Karte fallen lassen), müsste ich die Zielführung der Regel überdenken. Aber Worte wie "Pech" bei richtiger Regelanwendung und "Cleverness" bei mindestens unfairer, bzw. betrügerischer Ausnützung des Regelwerks befremden mich etwas.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Beweislast

Beitragvon mr.kite » 11. Nov 2013 00:11

John hat geschrieben:
Der AS hat hier Pech gehabt. Die(/Ein) GS war(en) cleverer. Man könnte das ausführlich begründen, aber das liest leider doch niemand.
Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir nicht. Hinsichtlich der Urteilsfindung ist die Sache aber klar, so wie dargestellt.
Dass Du DEN Satz nicht verstehst, erscheint logisch. Schließlich zitierst Du (mindestens) drei Sätze. Wenn man versucht, drei Sätze als einen zu verstehen stößt man oft auf Probleme.

Wie man hier auf eine "eindeutige Abdeckung der Situation durch die Rechtsprechung" kommen kann ohne auch nur ein einziges entsprechendes Urteil anzuführen erstaunt noch mehr. Zumal ja bereits erklärtermaßen Unklarheiten im Sachverhalt sind.

Was die Cleverness der Beteiligten angeht: Was soll es mit Betrug zu tun haben, dass sich der AS wie ein Elefant im Porzellanladen verhält und damit jede Chance den Spielverlust abzuwenden zunichte macht während die GP offenbar ihre Rechte kennt? Diese Johnsche Tendenz (die leider von zu vielen Skatspielern in diesem Forum geteilt wird), hinter alles und jedem einen Betrug zu wittern grenzt an Paranoia. Aber John hat natürlich insofern Recht, dass ein Mangel an Cleverness kein Pech sondern Ungeschicklichkeit ist.

Was die Beweislast angeht: Es kommt auf die Tatsache an, die bewiesen werden soll. Die unrichtige Kartenzahl des AS (9 Karten) müsste die GP beweisen. Das wäre, wie oben erwähnt, nicht ganz trivial wenn der AS die Karte für sich reklamiert hätte. Insbesondere durch die Aussage des KG wäre es der GP schwer gefallen zu beweisen, dass die Karte dem AS NICHT gehört. Aber hier hat der AS das sogar zugegeben, indem er die Karte einem anderen Spieler zuordnet. Die unrichtige Kartenzahl der GP (11 Karten bei einem GS) muss der AS beweisen. Dieser Beweis wird ihm nur gelingen, wenn ein GS den Verstoß zugibt. Ob Video- oder Tonbeweise zulässig sind erscheint dagegen fraglich.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6847
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Beweislast

Beitragvon John » 11. Nov 2013 00:46

na ja:
Dass Du DEN Satz nicht verstehst, erscheint logisch. Schließlich zitierst Du (mindestens) drei Sätze. Wenn man versucht, drei Sätze als einen zu verstehen stößt man oft auf Probleme.


Korrektur: Ich verstehe den Sinn der Passage nicht.

Wie man hier auf eine "eindeutige Abdeckung der Situation durch die Rechtsprechung" kommen kann ohne auch nur ein einziges entsprechendes Urteil anzuführen erstaunt noch mehr. Zumal ja bereits erklärtermaßen Unklarheiten im Sachverhalt sind.
Merkwürdig! Mir wird oft vorgeworfen, einen Fall solange zu drehen, bis er unklar ist. Marvin hat doch ganz klar den Urteilsstand herausgestellt. Dürfte jeder Schiri kennen. Und beim Sachverhalt geht es ja hier doch nicht um urteilsrelevante Gegebenheiten, sondern um Spekulationen, warum der AS sich um den regeltechnisch eindeutigen Spielverlust drücken könnte. Dies versucht er, wie MrKite richtig bemerkt, argumentativ ungeschickt, indem er die Karte am Boden nicht für sich reklamiert, sondern eine Beschuldigung gegen einen GS ausspricht. Eine Beschuldigung, die - wenn sie denn zuträfe - bei mir jedenfalls nicht in die Rubrik "Cleverness" einzuordnen ist, sondern schon eher in die Rubrik "Betrug". Worüber man durchaus diskutieren kann. Nur, MrKite, hier hast du etwas falsch verstanden. Nicht ich vertrete in Form einer "John'schen Tendenz" hier eine Vermutung, dass ein GS betrogen haben könnte, sondern ich werte ein Verhalten, das der AS geltend macht, so. Dass diese Wertung nur dann gilt, wenn auch das Verhalten so zuträfe, sollte doch selbstverständlich sein. Also etwas mehr Genauigkeit auch von dir, MrKite, bitte. Wobei ich nun gar nicht weiter der Frage nachgehen will, was man beim Skat als Betrug bezeichnet. Und auch nicht der Frage, ob überhaupt eine Alternative Cleverness/Betrug bei einem konkreten Verhalten Sinn macht.

Die unrichtige Kartenzahl des AS (9 Karten) müsste die GP beweisen. Das wäre, wie oben erwähnt, nicht ganz trivial wenn der AS die Karte für sich reklamiert hätte.


Was soll es mit Betrug zu tun haben, dass sich der AS wie ein Elefant im Porzellanladen verhält und damit jede Chance den Spielverlust abzuwenden zunichte macht während die GP offenbar ihre Rechte kennt


Du wolltest damit aber doch ganz sicher nicht ausdrücken, dass es zum Recht der GP Partei gehört, eine Karte absichtlich fallen zu lassen! Für einen Juristen klingt der zitierte Satz - dieses Mal ist es tatsächlich nur einer, wegen der Nebensätze - :wink: sehr merkwürdig. Betrug hängt doch vom Handeln des mutmaßlichen Betrügers ab und nicht vom Verhalten des Betrogenen, oder irre ich mich als Laie da? Bitte keine Abhandlung darüber.


Nach 5 oder 6 Stichen fällt auf, dass der Alleinspieler eine Karte zu wenig auf der Hand hat.
Damit ist das bewiesen. Und - abgesehen davon, dass der AS die Karte eben nicht für sich reklamiert hat - ist der Fall eindeutig. Hätte er es getan, wäre er es nicht. Wer also sieht hier zu Unrecht eine nicht eindeutige Abdeckung durch die Skatrechtsprechung im dargestellten Fall?
hinter alles und jedem einen Betrug zu wittern grenzt an Paranoia.
Wie schon erwähnt, weise ich es zurück, dass dies meine Denktendenz ist, also damit auch den Ausdruck Paranoia.

Solltest du aber damit meinen, MrKite, dass ich ein in der ISKO nicht vorgesehenes Verhalten, das absichtlich erfolgt, um ein für den Verhaltenden günstigeres Ergebnis zu erzielen, als Betrug deklariere, so hast du damit Recht. Ich nenne Beispiele:

absichtliches Nennen einer falschen Augenzahl, wenn man sieht, dass die GS nicht zählen - schneiderfreies Pikspiel mit einem bei RW 20 als gewonnen notieren zu lassen - absichtliches falsches Zugeben kurz vor Schluss, um über die Karte zu informieren und damit Schneiderfrei zu werden als GP - als AS bei 3 sichtbaren Karten im Skat einen GO anzusagen, der dann gewonnen geschrieben werden muss, usw.

Wenn du natürlich es als Cleverness bezeichnest, Lücken im Regelwerk oder das Regelwerk an sich zu seinem Vorteil auszunützen (unter Bezug auf meine Beispiele), ist das deine Sache. Es nicht zu tun und ein solches Verhalten Betrug zu nennen, hat aber ganz sicher nichts mit Paranoia zu tun, MrKite.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Beweislast

Beitragvon mr.kite » 11. Nov 2013 01:27

John, der einzige, der hier unredliche Absichten (um das Wort Betrug zu vermeiden) zu erkennen glaubt und sich seitenlang darüber auslässt bist Du. Kein anderer Schreiber zuvor hat derartiges verlauten lassen. Dass für Dich Cleverness und Unredlichkeit Synonyme darstellen ist traurig für Dich - für mich (und den Duden) sind es Gegensätze.

Was marvin gemacht hat war nicht, den Urteilsstand wiederzugeben. Er hat eine persönliche Erinnerung darüber widergegeben, was er mal gehört oder gelesen hat. Das kann zutreffen oder nicht. Der Sachverhalt beschreibt nur, dass der AS eine Karte zu wenig auf der Hand hat. 3.3.10 und 4.2.6 sprechen aber von Karten und nicht von Handkarten (anders als zB 3.4.6). Was zumindest möglich erscheinen lässt, dass eine falsche Kartenzahl nicht schon dann voriegt, wenn ein Spieler zu wenige Karten auf der Hand hat, sonst wäre es ja unlogisch, nicht ebenfalls von Handkarten zu sprechen. Spielt hier aber im Ergebnis keine Rolle, weil der AS sich durch seine vorlaute Bemerkung ins eigene Fleisch geschnitten hat.

Ein cleverer AS hätte hier weder den GS bezichtigt, eine Karte fallen gelassen zu haben (weil er es eh nicht beweisen kann selbst wenn es so gewesen war und weil er sich dann die Frage gefallen lassen muss, warum er nicht früher auf das Fallenlassen durch GS2 hingewiesen hat) noch die am Boden liegende Karte für sich reklamiert. Ein cleverer AS hätte die Skatordnung gelesen und sich daran gehalten, insbesondere hätte er 4.5.6 beachtet: "Jeder Spieler muss nach beendetem Geben die Zahl der empfangenen Karten prüfen und eine zahlenmäßig unrichtige Kartenverteilung vor Beendigung des Reizens melden (siehe 3.2.9)". Ein nicht ganz so cleverer oder auch einfach nur fauler AS hätte statt zu behaupten, die Karte gehöre dem-und-dem (wahrheitsgemäß) angegeben, er wisse nicht genau wem die Karte gehöre weil er seine Karten nicht gezählt habe, aber da er wie der KG, GS1 (und vermutlich auch GS2) auch von der Korrektheit des Gebens überzeugt gewesen sei wäre ihm aller Wahrscheinlichkeit nach die Karte heruntergefallen. Damit hätte er sein Spiel zwar noch nicht unbedingt gerettet, aber zumindest macht er es dem Schiedsrichter und später dem Schiedsgericht schwerer, gegen ihn zu entscheiden.

Die GP macht hingegen einiges, wenn auch nicht alles, cleverer. Sie erkennt einen möglichen Siegweg (falsche Handkartenzahl des AS) und versucht letztlich erfolgreich diesen zu bekommen. Auf den Vorwurf des AS, eine Karte fallen gelassen zu haben, reagiert GS2 einzig richtig: Er bestreitet (hoffentlich wahrheitsgemäß) eine Schädigungsabsicht und lässt den AS beim Beweis im Regen stehen. Geschickter wäre die GP gewesen hätte sie das Spiel noch laufen lassen für den Fall, dass der AS seine zehnte Karte wiederfindet - typischerweise klebend hinter einer anderen. Dann hätte sie in Stich 9 eine erheblich bessere Chance auf einen Spielgewinn wegen falschen Bedienens durch den AS gehabt als sie es jetzt in Stich 5 hatte.

Der Fall illustriert sehr schön, warum es wichtig ist, sich im Regelwerk auszukennen. Viele Turnierspieler, hier der AS, stellen sich durch Regelunkenntnis oft unnötigerweise selbst ein Bein.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6847
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Beweislast

Beitragvon John » 11. Nov 2013 16:26

Bis auf den letzten Satz, dem zuzustimmen ist, möchte ich das weitere hier unbeantwortet stehen lassen und so abhaken:
Du fasst einen Satz (oder mehrere Sätze) so auf, ich anders. Und solange es dabei nicht um wesentliche und elementare Grundsatzfragen in Sachen geht (oder um Details einer Fallklärung bei Uneinigkeit von uns Diskutanten hier) - das scheint mir hier doch nicht der Fall zu sein - bringt eine weitere Wortklauberei niemand weiter.

Falls du aber doch weiter an den Begriffen Cleverness und Unredlichkeit herumdiskutieren willst, ein selbst erlebtes Beispiel mit einer am Boden liegenden Karte. Du kannst das Verhalten der Parteien ja dann unter diese beiden Begriffe einordnen (ich habe es hier schon vor Jahren mal verwendet, glaube ich).

Ich bin AS und vor den beiden letzten Stichen steht mein Spiel auf der Kippe. Durch den Fehlstand eines Königs zählte ich im Kopf auf 61 für die GP und äußerte "So ein Mist!" Als nächster Geber ließ ich meine Karten bei mir liegen, die GP zählte ihre Karten. Der erste Spieler nach dem Zählen "57", der zweite nimmt offensichtlich ungläubig die Karten und zählt ebenfalls "57". Mit den Worten "hast ja doch gewonnen" geben sie mir die Karten. Ich packe zusammen, mische und gebe. 2 Karten bleiben übrig statt 3, neuer Versuch. Wieder vergeben :nein: Da sieht einer der GS einen Karte, einen König, am Boden liegen. Genau unter dem Tisch des ersten Zählers. Nun kommt einer der beiden Spieler der GP auf die Idee, das sei wohl der heko, den er vorher gesucht hat und damit würde sich auch aufklären, wieso die GP beim Zählen - für alle einschließlich mir, deutlich erkennbar - nicht auf 61 gekommen ist.

Also, es soll hier nicht um die regeltechnische Seite (diese ist wohl genau so klar, wie es die "Fakten" an sich sind) gehen, sondern um die Frage: Welches Verhalten in dieser Situation - alles regelkundige Spieler - wäre nun (bzw. war bis zu dem Moment, an dem die Geschichte hier endet)
"clever" und welches "unredlich"? Oder anders gefragt: Benötigen wir einen Arzt für ein gebrochenes Bein, einen Bewunderer für cleveres Verhalten, einen seelischen Beistand für Gewissensnöte oder einen "Juristen" (Schiedsrichter) für eine Regelentscheidung?
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Beweislast

Beitragvon Eric » 13. Nov 2013 22:16

OOps, danke für den Hinweis mit der unterschiedlichen Behandlung von Handkarten und Karten. Ich hätte im ersten Ansturm gesagt, ist doch egal, ob der AS behauptet, es wäre seine Karte. Er hat zu wenig und damit basta.

Und was ist in diesem Falle mit der Beweislast ? AS sagt : "Ach ja, das ist meine Pik-Dame, die hab ich schon vermisst". GS2 : "Nein , die Pik-Dame hab ich von Anfang an auf der Hand gehabt". ( So könnte der GS wenigstens Neugeben erzwingen statt eines potentiellen Spielgewinns des AS ).

Wem glaubt man, wer muss was beweisen ?


Und zur Unredlichkeit ( ich muss mich ja damit auskennen, arbeite ja immerhin bei der Bank ): Wenn ich eine unwahre bzw. nicht vollumfänglich zutreffende Aussage mache, ist es in meinen Augen immer unredlich - es kann trotzdem clever sein, im Sinne von mitdenkend, situationserfassend , geistesgegenwärtig. D.h. , wenn ich weiß, wem die Karte gehört und Unwissenheit zur Schau stelle, bzw. unwissend bin, dies verneine und eine Überzeugung vertrete, handle ich unredlich bzw. betrügerisch.


P.S. : John, ich hoffe dein verlorenes Spiel aus der Geschichte hat dich seinerzeit nicht um einen Preisrang oder ähnliches gebracht. :?
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
Gotthold Ephraim Lessing
Eric
 
Beiträge: 1340
Registriert: 23. Jun 2012 19:26
Wohnort: Suttgart

Re: Beweislast

Beitragvon marvin » 13. Nov 2013 22:37

Ich werde zwar offtopic, aber es ist eine Reaktion auf die jüngsten Beiträge in diesem Strang. Ich beobachte seit einiger Zeit, dass manche Forumsteilnehmer anderen Ungenauigkeit vorwerfen, nur weil diese ihre Aussagen nicht mit korrekt zitierten Skatgerichtsentscheidungen belegen. Meines Erachtens sind wir hier in einem Diskussionsforum und nicht bei einer juristischen Klausur. Deshalb werde ich die Praxis beibehalten und bitte darum, diese nicht mehr länger vorzuwerfen. Genauso dürfte es dem einen oder anderen Mitdiskutanten auch gehen.

Wenn jemand unbedingt die Urteilsnummer braucht, soll er sie sich selber heraussuchen. Wenn jemand glaubt, dass die Aussage, es gebe ein Urteil soundso nicht stimmt, dann kann er das immer noch hinterfragen. Aber einfach nur dem anderen fehlende Quellenangaben vorwerfen, obwohl man genau weiß, dass es diese Urteile gibt, das sollte sich eigentlich in einem Diskussionsforum verbieten.
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein

Re: Beweislast

Beitragvon mr.kite » 14. Nov 2013 02:59

Nun marvin, wenn Du es so genau willst: Ich bezweifle, dass es einen Urteilsstand gibt der sinngemäß lautet "Wenn eine Karte nicht eindeutig dem AS/GS zuordenbar ist hat der AS/die GP wegen falscher Kartenzahl verloren". Ich kenne kein einziges Urteil, das in diese Richtung auszulegen ist. Das schließt natürlich nicht aus, dass es eines geben könnte.

Was das mit der Kartenzahl und Handkartenzahl angeht so kann ich mich auch keiner Entscheidung entsinnen, wo das Verhältnis der beiden Begriffe sauber abgegrenzt wird. Für mich bleibt hier mangels Alternative nichts anderes übrig, als am Wortlaut zu haften, und der unterscheidet in unterschiedlichen Normen Handkarten von Karten. Ob das ISkG dieser Linie folgt oder die Begriffe synonym verwendet lässt sich nur durch Probe aufs Exempel feststellen.

Was das mit der Beweislast angeht: Die weltweit anerkannteste Beweisregel ist "cui bono - Wem es nützt" (bin kein Lateiner, die Übersetzung geht sicherlich besser). Anders formuliert: Jeder muss die ihm günstigen Tatsachen beweisen. Hier geht es darum, dass die GP die falsche Kartenzahl des AS behauptet. Also muss die GP beweisen, dass der AS Nicht 5 Restkarten führt. Das gelingt ihr nur, wenn die GP beweisen kann, dass die am Boden liegende Karte dem AS nicht gehört. In Wenzlators Fall gar kein Problem, da der AS ja selbst zugibt, dass ihm die Karte nicht gehört. Andersherum muss der AS aber nachweisen, dass die GP ebenfalls eine falsche Kartenzahl hat. Das gelingt ihm in Wenzlators Fall vermutlich nicht. Anders für den Fall, dass der AS die am Boden liegende Karte für sich selbst reklamiert (egal ob er das beweisen kann). Dann gelingt es der GP eben nicht automatisch, die falsche Kartenzahl des AS zu beweisen und es ist im Zweifel auf Spielfortsetzung zu entscheiden.

Zum Offtopic: In Johns "Königsfall" sehe ich keine Anzeichen von Unredlichkeit. Der AS hat hier nichts getan, um einen möglichen Spielverlust abzuwenden, die GP wollte einfach nicht gewinnen. Ich kenne einige Leute, die zählen immer stichweise die Augen, denen wäre das sicherlich nicht passiert. Daher war hier die GP eben unclever, was man aber nicht dem AS anlasten kann.

Eric hat geschrieben:Und zur Unredlichkeit ( ich muss mich ja damit auskennen, arbeite ja immerhin bei der Bank ): Wenn ich eine unwahre bzw. nicht vollumfänglich zutreffende Aussage mache, ist es in meinen Augen immer unredlich - es kann trotzdem clever sein, im Sinne von mitdenkend, situationserfassend , geistesgegenwärtig. D.h. , wenn ich weiß, wem die Karte gehört und Unwissenheit zur Schau stelle, bzw. unwissend bin, dies verneine und eine Überzeugung vertrete, handle ich unredlich bzw. betrügerisch.
Teil 1 bis zum Gedankenstrich kann ich voll unterstützen, danach dagegen bin ich völlig anderer Auffassung. Cleverness bedeutet, sich durch Geschick Vorteile zu verschaffen, aber Cleverness bedeutet nicht, zu betrügen.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6847
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Beweislast

Beitragvon John » 14. Nov 2013 14:53

Cleverness bedeutet nicht, zu betrügen.
Nun gebrauchst aber du das Wort, MrKite!

John, der einzige, der hier unredliche Absichten (um das Wort Betrug zu vermeiden) zu erkennen glaubt und sich seitenlang darüber auslässt bist Du
Wie schon erwähnt, scheinst du manchmal eine etwas eigenwillige Leseweise zu haben.

Cleverness bedeutet, sich durch Geschick Vorteile zu verschaffen
und eine Art von moralischer Wertung im allerweitesten Sinne lassen wir am besten weg und diskutieren nicht darüber.

Der AS hat hier nichts getan, um einen möglichen Spielverlust abzuwenden, die GP wollte einfach nicht gewinnen.
Das stimmt zweifellos. Was kann der AS dafür, wenn die GP nicht auf die Idee kommt, auf den Boden zu schauen oder die Anzahl ihrer Stichkarten nachzuzählen? Dass ich dann - nachdem die Karte am Boden entdeckt worden ist - das Spiel mir als verloren aufschreiben habe lassen, war natürlich nicht clever. Das große Skatverdienstkreuz für Fairness habe ich auch nicht bekommen, aber wenigstens kein Verfahren wegen Wettbewerbsverzerrung durch Verschenken von Gewinnpunkten und Verschaffen von 30 Punkten für die GS; denn als Schiri muss man die Regeln kennen und wissen, dass man in diesem Falle das Gewinnspiel beanspruchen kann, auch wenn jedem am Tisch (einschließlich einem selbst) klar ist, dass die GP 61 Augen hatte und nur leider eben der König vor dem Zählvorgang heruntergefallen ist. Hätte ich das zufällig beobachtet, wäre wohl schnelles Wegschauen "clever" gewesen. :nein:

Fazit: Regeln sind die eine Seite, faires Spiel unter Beachtung aller Regeln die andere. Cleverness wieder eine andere, Unredlichkeit eine vierte Seite und Betrug erst die 5.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Beweislast

Beitragvon mr.kite » 14. Nov 2013 15:29

John hat geschrieben:
Cleverness bedeutet, sich durch Geschick Vorteile zu verschaffen
und eine Art von moralischer Wertung im allerweitesten Sinne lassen wir am besten weg und diskutieren nicht darüber.
Richtig. Denn Cleverness ist nunmal kein Wort, mit dem moralisches oder unmoralisches Verhalten beschrieben wird.

John hat geschrieben:
Der AS hat hier nichts getan, um einen möglichen Spielverlust abzuwenden, die GP wollte einfach nicht gewinnen.
Das stimmt zweifellos. Was kann der AS dafür, wenn die GP nicht auf die Idee kommt, auf den Boden zu schauen oder die Anzahl ihrer Stichkarten nachzuzählen? Dass ich dann - nachdem die Karte am Boden entdeckt worden ist - das Spiel mir als verloren aufschreiben habe lassen, war natürlich nicht clever. Das große Skatverdienstkreuz für Fairness habe ich auch nicht bekommen, aber wenigstens kein Verfahren wegen Wettbewerbsverzerrung durch Verschenken von Gewinnpunkten und Verschaffen von 30 Punkten für die GS; denn als Schiri muss man die Regeln kennen und wissen, dass man in diesem Falle das Gewinnspiel beanspruchen kann, auch wenn jedem am Tisch (einschließlich einem selbst) klar ist, dass die GP 61 Augen hatte und nur leider eben der König vor dem Zählvorgang heruntergefallen ist. Hätte ich das zufällig beobachtet, wäre wohl schnelles Wegschauen "clever" gewesen. :nein:

Fazit: Regeln sind die eine Seite, faires Spiel unter Beachtung aller Regeln die andere. Cleverness wieder eine andere, Unredlichkeit eine vierte Seite und Betrug erst die 5.
Was Du hier machst ist kein guter Diskussionsstil. Dein Fall ging nach Deiner eigenen Schilderung nur bis zum Auffinden des Herz-Königs und keinen Schritt weiter. Jetzt hier darüber zu diskutieren, was DANACH geschehen ist und damit meine Ansicht zu dem Fall zu diskreditieren ist so nicht in Ordnung. Abgesehen davon ist Deine Darstellung natürlich falsch. Der AS MUSS hier den Spielverlust nicht akzeptieren, aber natürlich DARF der AS hier dem Spielverlust zustimmen, weil er den GS ja nicht zu einem unrechtmäßigen Vorteil verhilft (denn gewonnen hatte sie offenbar ja) sondern im Gegenteil einen rechtmäßigen Zustand wiederherstellt. Anders wäre es, wenn die GP unstreitig verloren hätte und der AS sich ein Verlustspiel aufschreiben lässt um damit einem anderen Teilnehmer am Tisch die Chance auf einen besseren Preis zu gewähren (wobei die genaue Motivation hier eher zweitrangig ist).

Was das "schnelle Wegschauen" anbetrifft so wäre das alles andere als clever sondern schlicht unanständig und ein grober und willkürlicher Verstoß gegen die Skatregeln. Zugegebenermaßen nur schwer nachweisbar, aber wenn es doch mal gelingt mit Verwarnung/Ausschluss zu ahnden.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6847
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Beweislast

Beitragvon John » 14. Nov 2013 19:50

Deine Argumente zur Sache akzeptiere ich und möchte damit auch die Diskussion beenden.
Dein Fall ging nach Deiner eigenen Schilderung nur bis zum Auffinden des Herz-Königs und keinen Schritt weiter.
Allerdings bezieht sich meine Akzeptanz deiner Darlegungen nicht auf diesen Satz. Denn zum einen handelte es sich um keinen Fall, der hier oder irgendwo regeltechnisch zu einer Lösung anstünde und wenn, dann erfolgte ja die Entscheidung, was nach dem Auffinden des heko nun geschehen kann oder muss und wäre damit Bestandteil des Falles.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31


Zurück zu Regelwerk

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste

cron