wieder mal 3-Karten-Skat

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

wieder mal 3-Karten-Skat

Beitragvon chris » 16. Mär 2010 13:49

Hallo!

Gestern beim Clubabend ereignete sich folgender Fall:

MH und HH passen sofort. VH sagt 18, und bemerkt nun, dass im Skat drei Karten liegen und er selber nur 9 Karten auf der Hand hat.

Ich habe wie folgt entschieden:
Da der AS (also VH) kein Handspiel ansagte (was automatisch Spielverlust nach sich zöge) und die Beanstandung des 3-Karten-Skats nicht bis zum Beginn des Reizens erfolgte, ließ ich vom Kartengeber von den 9 Karten von VH 2 Karten verdeckt als Skat ziehen, während ich den "3-Karten-Skat" dann VH aushändigte. Gleichzeitig schloss ich VH nunmehr vom neuen Reizvorgang aus. Begründet habe ich dies damit, dass VH offensichtlich versehentlich den Skat aufgenommen habe und seine (ihm eigentlich zustehenden drei Karten) als Skat liegengelassen habe.

Da MH und HH nicht spielen wollten, wurde das Spiel eingepasst. VH, der einen Grand gehabt hätte, war natürlich angefressen.

Hättet Ihr genauso entschieden?

Mit skatsportlichen Grüßen
Chris
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Beitragvon ohne 11 » 16. Mär 2010 14:18

Nein.

Alle Mitspieler haben vor dem Reizen, die Anzahl ihrer Karten zu überprüfen. Dies wurde mindestens von VH versäumt. MH und HH haben kein Spiel. VH bekommt den Skat für "18" und hat nun, zwar durch Zufall, die korrekte Anzahl von Karten. Er darf 2 Karten drücken und ein Spiel ansagen, welches seinem Ausgang nach bewertet wird.

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Beitragvon Skatkommentator » 16. Mär 2010 19:00

@ohne 11: Du willst Vorhand spielen lassen, obwohl sie vor Beendigung des Reizens den Skat aufgenommen und damit gegen 3.3.9 S. 1 ISkO verstoßen hat und es nicht geschafft hat, vor der Beanstandung ihres Regelverstoßes ein Spiel anzusagen? Das ist in meinen Augen zwar eine pragmatische, aber keine regelkonforme Entscheidung.

@chris:

Das ist ein sehr interessanter Fall. Deine Entscheidung halte ich - bis auf eine (allerdings wichtige) Kleinigkeit - für richtig. Nehmen wir einmal an, der Alleinspieler und ein Gegenspieler hätten 10 Karten und ein Gegenspieler hätte 9 Karten und im Skat lägen 3 Karten. Der Alleinspieler würde in diesem Fall jedes angesagte (Hand-)Spiel in den Grenzen von 5.4.3 ISkO gewinnen. Beanstandet der Alleinspieler hingegen den 3-Karten-Skat vor der Spielansage, hat er nicht sofort das angesagte Spiel gewonnen. Stattdessen muss er laut ISkG gemäß 3.3.10 ISkO entscheiden, ob er spielen oder einpassen will, da eine (schwer bis gar nicht widerlegbare) Vermutung dafür spricht, dass der Gegenspieler mit 9 Karten den Skat anstelle seiner ersten oder dritten ausgeteilten 3-Karten-Lieferung aufgenommen hat. Will der Alleinspieler in diesem Fall spielen, werden die 9 Karten des schuldigen Gegenspielers gemischt; anschließend zieht der Kartengeber aus diesen 9 Karten 2 Karten verdeckt als neuen Skat, wohingegen der schuldige Gegenspieler den 3-Karten-Skat (verdeckt) erhält. Schließlich wird das Spiel durchgeführt und seinem Ausgang entsprechend gewertet.

Wendet man diese Skatgerichtsrechtsprechung auf den vorliegenden, quasi umgekehrten Fall an (Alleinspieler hat 9 Karten, Gegenspieler haben jeweils 10 Karten, der Skat besteht aus 3 Karten), gelangt man zu dem gleichen Ergebnis. Der Alleinspieler entscheidet gemäß 3.3.10 S. 3 ISkO analog, dass er nicht spielen will, da er jedes angesagte Spiel verlieren würde ("analog" deswegen, weil 3.3.10 S. 3 ISkO nur für solche Fälle gilt, denen ein Gegenspieler den Skat aufgenommen hat). Allerdings kann in diesem Fall auf das Kartenziehverfahren verzichtet werden (das ist die angesprochene Kleinigkeit). Im ersten Reizdurchgang hat nämlich keiner der regelverstoßfreien Spieler vor dem Passen ein Reizgebot abgegeben, sodass diese Spieler (hier Mittel- und Hinterhand) gemäß 3.3.9 S. 5 ISkO nicht an einem etwaigen neuen Reizdurchgang teilnehmen dürfen. Da auch Vorhand wegen ihres Regelverstoßes nicht an einem etwaigen neuen Reizdurchgang teilnehmen darf, ist das Spiel bereits mit der Feststellung des Regelverstoßes von Vorhand als eingepasst zu werten; Mittel- und Hinterhand darf hier also nicht die Gelegenheit gegeben werden, noch einmal zu reizen und Alleinspieler zu werden. Abgesehen davon freue ich mich über diesen Fall, weil er den 3-Karten-Skat-Fällen wider Erwarten noch einen neuen Aspekt abgewinnt.

Wer sich näher mit den 3-Karten-Skat-Fällen beschäftigen möchte, dem empfehle ich die Lektüre der Punkte AG01* bis AG01E* in der kommentierten ISkO (ist schnell mittels Strg + F zu finden). Sollte ich mich hier oder dort in irgendeinem Punkt geirrt haben, lasse ich mich gerne darauf hinweisen. Immerhin gehören die 3-Karten-Skat-Fälle nicht umsonst zur schwierigsten Materie der Skatregeln.
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Beitragvon marvin » 16. Mär 2010 19:19

Skatkommentator hat geschrieben:Du willst Vorhand spielen lassen, obwohl sie vor Beendigung des Reizens den Skat aufgenommen und damit gegen 3.3.9 S. 1 ISkO verstoßen hat


Woher weißt du das? Es wurde doch nur festgestellt, dass VH 9 Karten auf der Hand hat und 3 im Skat liegen? Vielleicht hat der Geber ja tatsächlich VH nur 9 Karten gegeben und versehentlich 3 in den Skat gelegt.
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Beitragvon chris » 16. Mär 2010 19:26

Hallo Marc!

Habe den Fall unter Wissens Deiner Beiträge so entschieden, Deine Beiträge zum Thema "3-Karten-Skat" halte ich persönlich für erstklassig und (wie man nun wieder gesehen hat) äußerst praxisnah!

Ich habe den Fall heute mit dem Vorstand unseres Clubs (selbst SR) besprochen und dieser antwortet sofort (wie Deine Auffassung), dass das Spiel sofort als eingepasst gilt, da die beiden anderen Spieler bereits vor dem Reizvorgang gepasst haben und nun nicht quasi "ein zweites Mal" einen neuen Reizvorgang beginnen konnten. Ich stimme dem vorbehaltlos zu (im realen Fall gestern sowieso ohne Konsequenzen, da MH und HH eh nochmals passten, aber richtigerweise hätte ich sie gar nicht fragen brauchen).

Etwas anderes gilt aber M.E. wenn MH (oder HH) gereizt hätten (z.B. 23) und VH (nach Abgabe des höchsten Reizwertes) den Sachverhalt nun feststellt (also 9 Karten auf eigener Hand und 3 Karten im Skat). In diesem Fall würde ich MH und HH (nach vorherigem Kartenziehverfahren von 2 Karten bei VH und Aushändigung des "3-Karten-Skats" an VH) erneut mit dem Reizvorgang beginnen lassen (VH bleibt ausgeschlossen).

Mit skatsportlichen Grüßen
Chris
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Beitragvon Skatkommentator » 16. Mär 2010 19:34

@Marvin: Das kann natürlich sein. Jeder Spieler hat nach wie vor die Möglichkeit, den Nachweis zu erbringen, dass tatsächlich ein 3-Karten-Skat ausgeteilt wurde. Dieser Nachweis ist jedoch laut ISkG schwer bis (eher) gar nicht zu erbringen, wenn der (vermeintliche) 3-Karten-Skat erst nach Beendigung des Gebens beanstandet wird. Sollte der Gegenpartei im Ausgangsfall tatsächlich dieser Nachweis gelingen, müsste ein Schiedsrichter entscheiden, welches Spiel dem Alleinspieler als verloren anzuschreiben ist, weil 3.3.10 ISkO analog dann nicht mehr eingreifen würde (ist der Alleinspieler in diesem Fall mit der Schiedsrichterentscheidung nicht einverstanden, kann er natürlich auch selbst ein Verlustspiel ansagen, um sicherzustellen, dass es das günstigste Verlustspiel ist, welches der Schiedsrichter ihm wiederum normalerweise immer gewähren dürfte). Das Gelingen dieses Nachweises ist allerdings so unwahrscheinlich, dass ich in meinem ersten Beitrag nicht weiter darauf eingegangen bin.

@Chris: Vielen Dank für das Lob. Ich finde es auch toll, dass ihr im Verein einvernehmlich zu dieser Entscheidung gelangt seid, was bei einem so schwierigen Fall nicht selbstverständlich ist. Hätte(n) Mittel- und/oder Hinterhand vor dem Passen ein Reizgebot abgegeben, wäre natürlich das Kartenziehverfahren angewendet worden. Aber mal ehrlich - solche bescheuerten Spiele will doch niemand haben. :wink:
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Beitragvon John » 17. Mär 2010 00:46

bei dieser Diskussion fällt mir nun unser geliebter alter Grieche Salomon ein.

Bleibt nur die Frage, ob er es verdient hat, dass er sich lediglich nur gelegentlich so in die Entscheidungsprozesse einschleichen darf, dass sogar Marc sein Wirken - wenn auch nicht expressis verbis - positiv anerkennt, oder ob er nicht eine Art von offiziellem Richterstatus verdient hätte!! :roll:
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Beitragvon Skatkommentator » 29. Mär 2010 01:06

Da wir uns ausnahmsweise einmal alle einig waren, konnte auch das ISkG nicht anders entscheiden. Vielen Dank an unseren Skatfreund Christian Weber für die Einholung der nachfolgenden Entscheidung.

>>>

SkGE 168-2010:

Anfrage:

Am letzten Spielabend ereignete sich folgender interessanter Streitfall zum Thema 3-Karten-Skat: Mittelhand und Hinterhand passen sofort. Vorhand sagt „18“ und stellt nun, da er den Skat aufnehmen will, fest, dass er nur 9 Karten auf der Hand hat und drei Karten im Skat liegen. Ich habe wie folgt entschieden: Unterstellt, dass Vorhand versehentlich den Skat statt der ihr zustehenden drei Karten aufgenommen hat, ließ ich vom Kartengeber zwei Karten verdeckt von Vorhand als Skat ziehen. Vorhand erhielt dafür den „3-Karten-Skat“. Vorhand wurde vom Reizen ausgeschlossen. Nun hätten Mittelhand und Hinterhand den Reizvorgang erneut beginnen können. Da beide aber mit ihrer richtigen Anzahl von Karten bereits ohne Abgabe eines Reizgebots gepasst hatten, entschied ich, das Spiel einzupassen. War meine Entscheidung richtig?

Entscheidung/Begründung:

Die Entscheidung und die Begründung sind korrekt, detailliert und verständlich erklärt (ist ein Lob) und entsprechen genau den zurzeit gültigen Bestimmungen 3.3.9 und 3.3.10 der ISkO.

In 2010 wird das Skatgericht einen Antrag an den Skatkongress stellen, die Bestimmung 3.3.10 wie unten aufgeführt zu ändern. Die Konsequenz in dem oben genannten Fall wäre dann: Hat der Alleinspieler nach beendetem Reizen als einzige Partei die unrichtige Anzahl von Handkarten, hat er ein Spiel verloren, das mindestens dem letzten Reizwert und der Zahl der vorhandenen oder fehlenden Spitzen entspricht.

Antrag für ISkO 3.3.10: Hat nach beendetem Reizen nur die Gegenpartei die unrichtige Kartenzahl, hat der Alleinspieler ein Spiel, das mindestens dem letzten Reizwert und der Zahl der vorhandenen oder fehlenden Spitzen entspricht, gewonnen. Will der Alleinspieler ein höherwertiges Spiel durchführen, so ist die Kartenzahl zu berichtigen (siehe auch ISkO 3.2.15). Hat nur der Alleinspieler die unrichtige Kartenzahl, hat er ein Spiel verloren.

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Auch die vom ISkG vorgeschlagene Änderung von 3.3.10 ISkO, von der Leser der kommentierten ISkO schon seit längerer Zeit wissen, ist meines Erachtens sinnvoll.
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