nicht alltäglich

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 6. Aug 2019 16:23

MrKite, Aufgabe eines Schiedsrichters(aktiv oder immer noch oder mindestens regelkundig) ist es also - so wie ich dich verstehe - nicht, eine Art Mittler zwischen den Regelhungrigen (was alle Spieler sein sollten) und den Regelkundigen (was ebenfalls alle sein sollten, nur natürlich in unterschiedlicher gradueller Ausprägung) zu sein, sondern sich herauszuhalten, es sei denn alle Regelhungrigen drücken sich - was wohl selten vorkommt - exakt so aus, dass gemäß deiner Meinung es angebracht erscheinen könnte, eine selbstverständlich unverbindliche Stellungnahme abzugeben.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 7. Aug 2019 10:07

jaja der John, der.
Knallt uns hier wieder Sätze um die Ohren, dass man beim Lesen an der Kapazitätsgrenze selbst ohne Klimaerwärmung zur Kopfkühlung einen Ventilator benötigt.

Oder kürzer:
Wenn sich alle Spieler bei Tische einig sind, hat auch der Schiri nichts zu melden!
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 7. Aug 2019 10:31

Nicht ganz so kurz: Wenn sie sich nicht einig sind, dann hat der Schiri auch nichts zu "melden". Außer er nimmt sich die Zeit, die wir hier für unsere theoretischen Sezierungen haben. Und alle Spieler nehmen in Kauf, dass Serien länger als die bereits schrecklichen 2:10 Stunden maximal (!) dauern. Und: Wenn sie sich einig sind, und gegen ein dogmatisches, bis ins Drittletzte durchdachtes, Regelwerk zu verstoßen, ist das dann besser, als hinzunehmen, dass eben ein Schiri bei Turnier A eine Situation anders wertet als der bei Turnier B?

Lieber akzeptiere ich doch eine mit gutem Gewissen gefällte Schiri-Entscheidung, auch wenn sie sich im Nachhinein als "Fehlurteil" herausstellen sollte, als dass Turniere durch eine Art "Kuhhandel" am Tisch entschieden werden!

Fazit: Lieber einen Schiri holen und ihm die Macht geben, ein Paradoxon zu vermeiden als dem wortgewaltigsten @-Tier am Tisch die Macht zu geben, die Situation "einvernehmlich" zu regeln.

Hoffentlich habe ich mich so verständlich ausgedrückt, dass Juristen und Nichtjuristen das auch ohne Ventilator (bei uns braucht man heute eh keinen) verstehen?
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 11. Aug 2019 15:36

Nicht, wenn wir unterschiedlicher ausgeprägt sind, als es graduell sein könnte.

Oder so. Wenn ich das richtig gelesen habe.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Eric » 12. Aug 2019 10:25

John hat geschrieben:
Lieber akzeptiere ich doch eine mit gutem Gewissen gefällte Schiri-Entscheidung, auch wenn sie sich im Nachhinein als "Fehlurteil" herausstellen sollte, als dass Turniere durch eine Art "Kuhhandel" am Tisch entschieden werden!

Fazit: Lieber einen Schiri holen und ihm die Macht geben, ein Paradoxon zu vermeiden als dem wortgewaltigsten @-Tier am Tisch die Macht zu geben, die Situation "einvernehmlich" zu regeln.



Gerade der zweite Teil ist natürlich bei jeder einvernehmlichen Entscheidung ein Risikofaktor.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Eric » 12. Aug 2019 10:42

mr.kite hat geschrieben::sleep: :sleep: :sleep:

Nicht damit hier ein falscher Eindruck entsteht: Die Aufgabe eines Schiedsrichters ist es nicht, ein Paradoxon aufzulösen, mal eben die Regeln umzuschreiben oder Rechtsfälle aus Zeiten des alten Roms zu lösen. Die wichtigste Aufgabe eines Schiedsrichters ist es, am Tisch aus dem diffusen Gefasel von öchtegern-Wissenden Skatspielern einen Sachverhalt festzustellen (notfalls mithilfe von Beweisregeln wie "Im Zweifel gewinnt der AS" und "im Zweifelsfall ist ein Spiel einfach (nicht Schneider oder Schwarz)") und diesen korrekt zu beurteilen.

Freilich kann es auch dann passieren, dass man trotz korrekt ermittelten Sachverhalts nicht zur Lösung eines Falles kommt, weil der Fall anhand den Regeln der Skatordnung und der Allgemeinheit der Schiedsrichter bekannten SkGE nicht lösbar ist. Passiert im echten Leben vielleicht einmal alle drei Jahre. Hier übrigens nicht. Der Fall wäre erschreckend einfach und langweilig, wenn der Sachverhalt ermittelt worden wäre.


Einfach ja, das steht außer Frage. ( Wenn der "versehentliche" Hochreizer in HH sitzt erhält er im Zweifel ein in allen Punkten völlig ungewinnbares Spiel als gewonnen geschrieben. Wenn sein "Trick" in MH funktioniert, erhält er zumindet ein Spiel das er "normal" nie erhalten hätte ). Die Frage ist doch : Wie gut kann ein Schiedsrichter sein, der SO, und das im Laufe der Jahre und Jahrzehnte vlt. mehrfach, entscheidet, ohne zumindest sich selbst die Frage zu stellen, ob das der Weiheit letzter Schluss ist ?


Hier hat der Schiedsrichter bzw interessierte Leser, der den Fall eingestellt hat, gleich mehrere Fehler gemacht, die kein Schiedsrichter jemals begehen sollte.
- Kein Schiedsrichter sollte Fälle entscheiden beziehungsweise Meinungen darüber abgeben wenn diese nicht in Anwesenheit des gesamten Tisches geschildert werden und jeder am Tisch beteiligte die Möglichkeit hatte, sich zu äußern


Hmm, Du wirst als Obmann der VG auf einem Turnier angesprochen und gefragt, wie DAS hätte entschieden werden müssen ( z.B. weil der Spieler im Nachhinein mit der "einvernehmlichen" Lösung nicht mehr so glücklich ist ). Soll ich da sagen, "hol erst mal die anderen drei von damals her, die deine Schilderung bestätigen, dann äußere ich mich ? Ich denke, hier genügt es vollkommen, wenn ich absoluten Wert darauf lege, dass so wie geschildert so und so hätte entschieden werden müssen. Wird diese Schilderung irgendwann anders erzählt, ist die Entscheidung automatisch obsolet. ( Wenngleich die Masse das nicht versteht. Das ist das übliche "Versionsproblem" . Du entscheidest auf Basis einer Schilderung des gesamten Tisches etwas. Das hindert aber niemanden daran, in der Raucherpause der nächsten Serie, eine andere Version in Zusammenhang mit deiner Entscheidung "zu erzählen" ... ).

- In dem Moment, in dem ein Schiedsrichter das Wort "Wenn" hört, sollte er schleunigst das Weite suchen. Schiedsrichter entscheiden Gegebenheiten, nicht Möglichkeiten


Ähnlich wie oben. So lange es eine Frage ist ....

- "Wo kein Kläger, da kein Richter" ist eine Grundregel, die jeder Schiedsrichter beherzigen sollte. Ein Schiedsrichter sollte nur dann aktiv werden, wenn er von einem Beteiligten (nicht notwendigerweise vom selben Tisch) gerufen wird. Fällt ihm ein Regelverstoß auf, der aus seiner Sicht ahndungswürdig ist, sollte er diesen als Teilnehmer beanstanden und einen anderen Schiedsrichter zur Entscheidung rufen. Zugegeben, an den meisten Clubabenden geht das nicht, da selten mehr als ein Schiedsrichter anwesend ist[


Grundsätzliche Zustimmung, aber mit ABER. Dazu mache ich mal einen Fred auf.

- Niemals nie nicht sollte ein Schiedsrichter einen Sachverhalt weitergeben, den er nicht selbst zweifelsfrei ermittelt hat.


Volle Zustimmung.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon mr.kite » 12. Aug 2019 23:10

Eric hat geschrieben:Die Frage ist doch : Wie gut kann ein Schiedsrichter sein, der SO, und das im Laufe der Jahre und Jahrzehnte vlt. mehrfach, entscheidet, ohne zumindest sich selbst die Frage zu stellen, ob das der Weiheit letzter Schluss ist ?
Wie entscheidet denn der Schiedsrichter Deiner Meinung nach? Hier gibt es so viele Verzweigungen dass es nicht möglich ist, eine Entscheidung mit einem Sachverhalt zusammenzubringen. Wie gesagt wäre dieser Thread halbwegs interessant wenn es einen Fall geben würde mit dem man was anfangen kann und nicht nur aufpassen muss, dass hier Volksverdummung betrieben wird.


Eric hat geschrieben:Hmm, Du wirst als Obmann der VG auf einem Turnier angesprochen und gefragt, wie DAS hätte entschieden werden müssen ( z.B. weil der Spieler im Nachhinein mit der "einvernehmlichen" Lösung nicht mehr so glücklich ist ).
Kein KOmmentar zum gestellten Fall. Ein bisschen allgemeine Regelkunde mit VON MIR KONSTRUIERTEN Beispielen genügt völlig. Sich auf von fremden konstruierte Fälle einlassen ist töricht und kein Schiedsrichterobmann wird sowas machen.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 13. Aug 2019 08:28

In diesem Zusammenhang von Volksverdummung zu schreiben, erscheint mir sehr deplatziert. Ganz abgesehen davon, dass wohl das Wörtchen "nicht" in dem Satz fehlen dürfte.

Entweder es gibt ein Regelwerk, das jederzeit und in allen konkreten Fällen - oder auch in nicht konkreten, aber generalisierbaren Situationen - dem nicht mit dem Weihen eines Schiris oder offiziell Regelkundigen ausgezeichneten Normalbürger des Volkes vermittelbar ist (dessen Beiträge ja auch für die Ausbildung und Weiterbildung der Obleute verwendet werden) oder aber die Umsetzung ist eben nicht so unproblematisch, wie sie gerne gesehen würde.

Dann aber erscheint es mir unredlich, das zahlende "Volk" dadurch von diesen Problemen fernzuhalten, dass man sich nur dann dazu herablässt, über Regeln mit einem Normalskater zu diskutieren, wenn er vorher eine hieb- und stichfeste genaue Fallbeschreibung abgeben kann.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 13. Aug 2019 10:17

An dieser Stelle möchte ich betonen - damit nicht wieder die primrosesche Feldzugtheorie wieder auftaucht - dass ich selbst 20 Jahre Schiri war und voll hinter der grundsätzlichen Struktur der Skatgerichtsbarkeit gestanden bin und diese auch vertreten habe.

Diese 20 Jahre habe ich mich bemüht, Ansatzpunkte und Möglichkeiten zu finden, die grundsätzliche Struktur zu verbessern.

Da diese Verbesserung in meinen Augen nicht oder jedenfalls kaum erfolgt ist, habe ich meinen Schiriausweis kein weiteres Mal verlängern wollen.

Sollte eine solche Verbesserung, die wohl niemals über eine quasi-optimale Lösung spezieller Einzelfälle, sondern nur über den richtigen Umgang mit grundsätzlichen Problemstrukturen erfolgen kann, für mich jemals erkennbar werden, bin ich gerne bereit, sofern ich dann nicht zu alt dafür sein würde, den Schein noch einmal neu zu machen.

Bis dies der Fall ist, muss ich halt alle Konkret-Fall-Fanatiker mit meinen grundsätzlichen Überlegungen nerven. Dafür bitte ich um Verständnis, ich will und kann nicht anders. :juggle: :ja:
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon marvin » 15. Aug 2019 21:58

Um die Diskussion zu versachlichen, mache ich mal einen konkreten Fall daraus:
- MH passt
- HH reizt VH bis 46, die VH noch hält
- HH reizt 48, woraufhin VH passt
- HH sagt "oh, 48 habe ich doch gar nicht"
- VH nimmt den Skat auf

Regeltechnisch einfach wäre die Lösung: VH hat Nach Beendigung des Reizens den Skat unberechtigt aufgenommen und daher gewinnt HH ein Spiel, das mindestens 48 zählt und vom SR festgelegt wird.

Nur ist es wirklich so einfach? Muss man HH nicht eine Mitschuld an der Situation geben? Dann könnte man auch argumentieren: VH gibt den Skat zurück, HH muss für 48 spielen und billigend in Kauf nehmen, dass VH den Skat kennt.

Gefällt mit aber auch nicht. Denn das Reizwerte unwiderruflich sind, ist eine absolute Grundregel, die jeder Skatspieler kennen sollte. Also begeht für mich VH den entscheidenden Fehler, weil er erst passt und dann in den Skat schaut. Und dann ist eben die Konsequenz, dass HH irgendein Unsinns-Spiel gewinnt.

Etwas anderes wäre es höchstens, wenn der Fall wie folgt dargestellt wird

- HH sagt relativ flüssig "48 hab ich nicht mehr"
- VH hört nur 48 (vielleicht gab es Störgeräusche) und passt
- HH wiederholt "ich sagte: hab ich nicht mehr"

Aber wer hat in einem solchen Fall den SR gerufen?
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon mr.kite » 15. Aug 2019 22:20

marvin hat geschrieben:Um die Diskussion zu versachlichen, mache ich mal einen konkreten Fall daraus:
- MH passt
- HH reizt VH bis 46, die VH noch hält
- HH reizt 48, woraufhin VH passt
- HH sagt "oh, 48 habe ich doch gar nicht"
- VH nimmt den Skat auf

Vielen Dank für die wohlige Intervention!

Mir ist der Fall bis hier immernoch nicht eindeutig genug. Einfach ist die Lösung mMn dennoch:

Weg 1.: VH nimmt den Skat auf, drückt, sagt NO an, führt den durch (und gewinnt). Nun kann es keinen Zweifel daran geben, dass VH zu 46 AS geworden ist und sein Spiel dem Ausgang entsprechend zu werten ist. Wenn die GP was anderes will muss sie früher das Maul aufmachen. Einen ähnlichen Fall haben wir mal diskutiert, da hat MH die Gebote von VH gehalten und wurde bei von VH gebotenen 46 zu 46 Alleinspieler.

Weg 2.: In der Sekunde in der VH zum Skat greift erhebt ein Spieler am Tisch seine Stimme und meint "so nicht, da war anders gereizt". Jetzt ist natürlich klar, dass VH nicht für 46 sein Spiel durchführen darf.

Was in Weg 2 allerdings auch nicht sein darf ist, dass HH per Regelverstoß sein Spiel gewinnt. Schließlich ist es zuallerst HH, der den Regelverstoß von VH provoziert. Das ist so ähnlich, wie wenn der AS zu MH sagt: "Hey Helmut, Du kommst raus" "Scherz, der Rudi kommt raus, jetzt hab ich gewonnen". Aus einem eigenen Fehler einen regeltechnischen Vorteil zu ziehen verstößt gegen das Fairnessgebot des 1.1.5 (ehemals 4.5.2) und kann daher nicht zustande kommen. Zu diesem Grundsatz gibt es mehrere Bibliotheken voller Entscheidungen.

Meine Entscheidung in diesem Fall: HH ist zum Reizwert von 48 AS geworden. Den von HH selbst verschuldeten Regelverstoß muss HH tolerieren. Aus den nun 12 Karten von VH wird ein neuer Skat gezogen und HH führt ein Spiel durch, das seinem Ausgang entsprechend zu werten ist.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 15. Aug 2019 23:36

wenn der Fall mit dem letzten Anstrich

" -Vorhand nimmt den Skat auf"

als Fallschilderung endet, ist dieser nicht lösbar.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Eric » 16. Aug 2019 10:03

mr.kite hat geschrieben:

Was in Weg 2 allerdings auch nicht sein darf ist, dass HH per Regelverstoß sein Spiel gewinnt. Schließlich ist es zuallerst HH, der den Regelverstoß von VH provoziert.

Aus einem eigenen Fehler einen regeltechnischen Vorteil zu ziehen verstößt gegen das Fairnessgebot des 1.1.5 (ehemals 4.5.2) und kann daher nicht zustande kommen. Zu diesem Grundsatz gibt es mehrere Bibliotheken voller Entscheidungen.

Meine Entscheidung in diesem Fall: HH ist zum Reizwert von 48 AS geworden. Den von HH selbst verschuldeten Regelverstoß muss HH tolerieren. Aus den nun 12 Karten von VH wird ein neuer Skat gezogen und HH führt ein Spiel durch, das seinem Ausgang entsprechend zu werten ist.


Nun , HH als "Verurssacher" der Situation wurde ja bereits erkannt. Das Abstellen auf 1.1.5 und die "Bibliotheken" voller Entscheidungen ist sicher nicht schlecht, ich tue mir damit aber schwer, wenn ich "vor Ort" nur den dürftigen Originalwortlaut des 1.1.5 habe....

Sobald viel zu verlieren ist, werden sich die Meinungen schlagartig ändern denke ich. Dann wird plötzlich HH die Frage stellen, wie denn seine "dumme Aussage" zwingend dazu veranlassen konnte, den Skat einzusehen ?
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 16. Aug 2019 13:00

Kantholz bringt es doch auf den Punkt: Fall nicht lösbar.

Wir Regeldiskutanten erkennen Grenzen. Aber: Fall ist da und muss gelöst werden.
Und bitte noch beachten: Der Schiri am Tisch hat außer der Angabe der Positionen nicht mehr Infos als wir.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon mr.kite » 16. Aug 2019 19:42

John hat geschrieben:Und bitte noch beachten: Der Schiri am Tisch hat außer der Angabe der Positionen nicht mehr Infos als wir.
Der Schiri am Tisch kann nachfragen, wann und von wem er gerufen wurde. Wenn er das nicht kann sollte er den Job nicht machen,
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 16. Aug 2019 22:34

Na klar kann er das. Ist denn das das Problem????
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon marvin » 18. Aug 2019 21:27

Kantholz hat geschrieben:wenn der Fall mit dem letzten Anstrich

" -Vorhand nimmt den Skat auf"

als Fallschilderung endet, ist dieser nicht lösbar.


OK, der SR soll dann also deiner Meinung nach wieder gehen und den Tisch allein lassen?

Nein er kann nachfragen. Also stelle bitte eine konkrete Frage, die dich in der Entscheidungsfindung weiterbringen würde. Ich beantworte sie dann gerne.

Um die Frage von mr. kite zu beantworten: Der Kartengeber reklamiert, weil er meint, dass HH für 48 AS geworden ist und von diesem Gebot nicht einfach zurücktreten kann. Und um die nächste Frage vorwegzunehmen: Er konnte zwischen "48 hab ich doch nicht" und Skateinsicht von VH nicht reklamieren, weil er gerade den Mund mit seinem Brötchen vollgestopft hatte und deshalb zwei Sekunden lang nicht reden konnte.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon mr.kite » 18. Aug 2019 22:11

Jo, für diesen Fall bleibe ich eindutig bei meinem Weg 2:
HH wird für 48 AS, es wird ein neuer Skat gezogen und HH führt ein Spiel durch das seinem Ausgang entsprechend zu werten ist. Ich sehe eigentlich auch keine echte Alternative zu dieser Entscheidung.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 19. Aug 2019 16:33

hallo marvin,
es war deine Idee einen "konkreten Fall" daraus zu machen. Die Ast ist aber nicht konkret genug um ihn ohne weitere Ergänzungen, Nachfragen etc. zu lösen.
Beispiele:(Ast wie vor)

VH nimmt auf , alle sind einverstanden.
-VH gewinnt NO,
-VH gewinnt Kreuz ohne Dreien.
In beiden Fällen werden die Spiele jetzt zum Nominalwert gutgeschrieben.

Fällt aber während des Listeneintrages ein Schiri vom Himmel, dann verliert der AS ein Spiel mit Grundwert 48, denn es gibt keinen Versprecher (und keine Gnade), weil Bieten und Halten unwiderruflich sind.

Diese beiden Hauptlinien kann man nun beliebig kombinieren.

VH nimmt auf, einer protestiert (+ zig weiter Varianten)...
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon marvin » 19. Aug 2019 21:23

Hallo Kantholz,
es ist doch fast immer so, dass bei einem Streitfall nicht sofort alle entscheidungsrelevanten Tatsachen in der Fallschilderung enthalten sind. Das klappt weder in der Realität, wenn der SR an den Tisch kommt, noch hier im Forum. Ich habe nicht bewusst Lücken hinterlassen, sondern hielt meine Schilderung für ausreichend konkret. Aufgrund der Nachfragen sehe ich aber, dass bestimmte Details (die für mich irgendwie implizit klar waren), fehlten. Das ist ja ok, aber deswegen bitte ich um Nachfragen, was noch fehlt.

Um jetzt den eingeschlagenen Weg fortzusetzen: VH hat den Skat aufgenommen, aber es sind nicht alle einverstanden (HH schon, aber der KG hat reklamiert, MH hat sich nicht geäußert). Die Reklamation erfolgte, bevor VH ein Spiel angesagt hat. Jetzt kommt der SR an den Tisch.

mr. kite hat hier seine Entscheidung vorgestellt, wobei mir nicht klar ist, ob sie richtig ist. Was mir klar ist: Der Rücktritt vom Reizgebot 48 darf vom SR eigentlich nicht toleriert werden. Somit ist HH Alleinspieler geworden. Jetzt könnte man entweder entscheiden:
- VH hat nach Beendigung des Reizens unberechtigt den Skat eingesehen, damit hat HH direkt ein Spiel gewonnen, welches der SR auszusuchen hat
- HH hat die Situation (mit)verschuldet und muss somit in Kauf nehmen, dass VH den Skat eingesehen hat.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 20. Aug 2019 08:54

setzen wir doch glasklare Logig ein:

Der Bieter von 48 ist Gewinner des Reizvorganges und somit AS, weil alle anderen gepasst haben. Widerruft er jetzt die 48, muss er ein Spiel mit Grundwert 48 abgeschrieben bekommen, wenn daran anknüpfende Handlungen erfolgt sind.

Weist einer der Mitspieler den Reizwertverweigerer darauf hin, dass 48 nicht widerrufen werden können und der Verweigerer akzeptiert, ist alles noch gut.
Weist keiner darauf hin, ist es wurscht ob einMS die Karten wegwirft oder einer aufnimmt, dann hat er wegen Aufgabe verloren.

Beispiel:
Die MS werfen nach Widerruf des Reizgewinners die Karten auf den Tisch, so dass sie sich vermengen.
Würde jetzt der AS ein Spiel gutgeschrieben bekommen? Mit Grundwert 48? Den er verweigert?
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 20. Aug 2019 09:23

.Durch den nachgeschobenen Zusatz von Kantholz wird allerdings die Logik nun wirklich klarer. Doch muss das Problem irgendwie gelöst werden. Und das ist für mich jedenfalls nicht über die Sezierung eines speziellen Einzelfalles möglich, sondern nur über sich aus diesem ableitenden logischen grundsätzlichen Folgerungen, die jeweiligen Folgen des Widerrufversuches berücksichtigend. Am Grünen Tisch oder am Spieltisch? Die Gretchenfrage.
Zuletzt geändert von John am 20. Aug 2019 09:28, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 20. Aug 2019 09:23

diese Logik ist doch alles andere als glasklar.

Zum einen ist der Bieter von 48 nicht deswegen AS, weil alle anderen gepasst haben, sondern weil er das höchste Gebot im Raum stehen hat. Nun nimmt er dieses Gebot zurück, bzw. möchte es zurücknehmen. Daraufhin begeht nun derjenige eine Handlung, der vorher 46 gehalten hat.
Zweifellos ist er für diese Handlung verantwortlich, denn die Unkenntnis darüber, dass regeltechnisch ein Gebot nicht zurückgenommen werden kann, schützt vor Strafe, bzw. Folgen nicht.
Widerruft er jetzt die 48, muss er ein Spiel mit Grundwert 48 abgeschrieben bekommen, wenn daran anknüpfende Handlungen erfolgt sind.

Dies ist nun aber noch glasunklarer. Der Widerruf hat ja keinerlei Gültigkeit. Hätte er die, dann wäre ja die Aufnahme des Skates berechtigt. Er kann aber doch auch keine Folgen haben für den Widerrufversucher. Denn ein Regelverstoß ist es ja wohl nicht, zu versuchen, ein voreilig abgegebenes Gebot per "Gnadenerlass" widerrufen zu wollen.

Mal noch ein ganz neuer und zugleich uralter Aspekt. Egal, wie der Tisch oder auch ein evtl. hinzugekommener Tischschiri letztlich entscheidet: Falls der Fall vor das ISkG kommt, so ist dessen Entscheidung zum Fall selbst für diesen irrelevant, denn das Kind ist mit einer Entscheidung und Durchführung oder auch gewonnen/verloren-Erklärung bereits als Ergebnis festgehalten und wird jedenfalls in keinem Falle wiederholt.

Also hat ein letztinstanzliches Urteil wohl nur noch theoretische Bedeutung und bietet lediglich Anlass für Diskussionen um Detailformulierungen. Und warum man dann aus der Notwendigkeit heraus, solche nicht alltäglichen Fälle nun einmal höchstinstanzlich entscheiden zu müssen, daraus keine weiterführenden Überlegungen anstellt und diese in Begründungen oder gar Reformen einbaut, das erschließt sich für mich nicht glasklar.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon Kantholz » 20. Aug 2019 10:45

Lieber John,
auch wenn mir peinlicherweise bei der Logig das "k" abhanden kam, so wird der Bieter in HH AS nur dann, wenn auf sein Gebot hin alle gepasst haben. Und so war das im hier betrachteten Fall.

Wer das " höchste Gebot" in den Raum stellt, ist, ohne das die Antwort des Angereizten schon erfolgt ist, nur Bieter und kein AS. Insofern ist deine Behauptung falsch.
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Re: nicht alltäglich

Beitragvon John » 20. Aug 2019 11:10

Das Wort "falsch" wird in meinen Augen meist viel zu voreilig verwendet.

Ich will hier nicht über logische Spitzfindigkeiten herfallen, die im Endeffekt nicht ganz so relevant sind.

Vielleicht ist aber die Frage, warum und vor allem wann HH mit welchem Reizwert AS geworden ist, eine Kernfrage; diese Frage wird vielleicht für den Reizausschluss des Aufnehmenden nichts ändern, wohl aber hinsichtlich des weiteren Fortgangs, auch in deinem ergänzenden Beispiel.

Du schreibst, der AS verweigert den Grundwert 48. Nun verhindern die GS durch Zusammenmengen der Karten eine Spieldurchführung. Es wäre doch nun wirklich absolut unlogisch, den AS für seine Unentschlossenheit dadurch zu belohnen, dass man ihm ein Spiel gutschreibt (dies müsste ja ein 48 sein), das er gar nicht will und das er vielleicht nicht mal durchgeführt hätte, wenn die GS ihre Karten nicht vermengt hätten. Ein 46 dürfte er aber auch keinesfalls, vom Standpunkt der Logik her, spielen, denn dann würden ja die 48 eben nicht gelten, was bedeuten würde, dass der Skat zurecht von dem aufgenommen worden würde, der 46 gehalten hat und damit AS wäre.

Fazit: Es gibt natürlich in diesem Falle eine Lösung, muss es geben. Es gibt aber, jedenfalls nicht, wenn man - wie du - die Entwicklung der Situation theoretisch fortsetzt, eine
in jedem Falle richtige Lösung.

Gibt es eine falsche, der ISkO eindeutig widersprechende Lösung? Ja, nämlich das Spiel wiederholen zu lassen. Alle anderen halte ich persönlich für richtig, ob sie nun am Tisch mit oder ohne Schiri oder Grünen Tisch mit oder ohne überzeugender Begründung, gefällt werden.
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