Kartenverrat

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Kartenverrat

Beitragvon chris » 18. Jan 2017 20:51

Hallo!

Es ereignete sich folgender Fall:

VH spielt Grand Hand mit den zwei Alten. Im ersten Stich zieht er Kreuz Bube (oder Pik Bube, was aber egal ist). Weder MH noch HH bedienen einen Buben. VH daraufhin: "dann liegen ja beide im Skat" und gleichzeitig deckt er den Skat auf (beide Buben waren tatsächlich im Skat).

Nun melden MH und HH Spielverlust von VH an, weil er unberechtigt, noch bevor das Spiel entschieden war, den Skat aufgedeckt hat, 3.4.8. Buchstabengetreu wohl richtig, aber was würdet ihr in einem solchen Fall tun? VH jedenfalls überlegt ernsthaft mit dem realen Skat aufzuhören.

Gruß
Chris
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Re: Kartenverrat

Beitragvon Skatfuchs » 18. Jan 2017 21:15

Hallo,

regeltechnisch ist es so, dass der AS damit sein Spiel verloren hat.
Nun wäre für mich die Frage, um was es geht und ob es ein neuer Spieler ist, dem man ausnahmesweise (z.Bsp. im Club) das mit einer Ermahnung durchgehen lässt.
Das kann jedoch nur am Tisch geklärt werden.
Wird ein Schiri gerufen, so muss dieser auf Verlust gemäß ISKO entscheiden.
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Re: Kartenverrat

Beitragvon Taronga » 18. Jan 2017 22:35

Ich weiß nicht, ich glaube, ich würde hier nicht auf Spielverlust wegen unberechtigter Skateinsicht entscheiden, sondern auf Weiterspiel.
Der AS sagt zuerst, dass beide Buben im Skat liegen. Ob er den Skat dann auch noch umdreht oder nicht, spielt m. M. n. einfach keine Rolle. Er hat doch keinen Vorteil davon. Im Gegenteil, die GS haben einen Vorteil.
Ich würde die Begründung aus Fall 1 zu 2.2.3 respektive Fall 8 zu 3.4.8 hier analog anwenden, auch wenn es sich nicht direkt um eine Abkürzung handelt. In meinen Augen suchen die GS hier fadenscheiniges Recht.

Was wäre eigentlich, wenn der AS nach dem ersten Stich die gleiche Aussage tätigen würde, obwohl er alle 4 Jungs auf der Hand hat? Bliebe das straffrei?

LG
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Re: Kartenverrat

Beitragvon HomerJay » 19. Jan 2017 10:54

Nun ja, wenn nach Spielansage der Skat aufgedeckt wird, hat der Spieler leider verloren. Passiert ja auch oft genug, dass der AS ein Spiel ansagt und sich direkt danach nochmal vergewissert, was er gedrückt hat. Geht halt auch nicht.

Beim Clubabend würde ich es selbstverständlich auch mit einer Ermahnung durchgehen lassen - dennoch, die Aktion des AS (Auflegen des Skats) ist einfach dämlich. Was soll das denn?
Der Optimist glaubt, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, und der Pessimist befürchtet, dass das stimmt.
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Re: Kartenverrat

Beitragvon mr.kite » 19. Jan 2017 11:03

Die Behauptung " Dann liegen ja beide im Skat" ist eine Tatsachenbehauptung. Im Ausgangsfall eine Wahre, in tarongas Abwandlung eine Unwahre. Das Treffen einer Tatsachenbehauptung ist dem AS allerdings nicht durch spezielle Regeln verboten. Trifft der AS eine unwahre Tatsachenbehauptung so muss er sich uU aber erhebliche Nachteile gefallen lassen (zB dass ein GS, der auf die unwahre Tatsache vertraut hat, eine ausgespielte Karte zurücknehmen darf). Außerdem kann eine absichtliche unwahre Tatsachenbehauptungen zu den üblichen Disziplinarstrafen führen. Der Mann, der mit 4 Buben die Aussage "Dann liegen 2 im Skat" tätigt müsste mit einer Verwarnung und/oder Ausschluss im Ermessen der Spielleitung rechnen. Im Ausgangsfall war die Behauptung allerdings ohnehin wahr, und eine wahre Tatsache darf der AS jederzeit bekanntgeben.

Genauso klar verhält es sich mit dem Aufdecken des Skates. Jeder Skatspieler weiß, dass das Einsehen des Skates während des Spieles keinem MS gestattet ist. Die GP hat den AS in keiner Weise zu seinem regelwidrigen Handeln gedrängt/genötigt/provoziert. Darum hat sie das volle Recht auf ihrer Seite und kann sich natürlich auf die Rechtsfolge von 3.4.8 berufen.

Die beiden von taronga angeführten Entscheidungen halte ich für interessant, hier aber nicht anwendbar (weder direkt noch analog). In diesen Fällen handelte es sich um entschiedene Spiele. In diesem Fall hier sprechen wir aber von einem noch nicht entschiedenen Spiel. Hier muss anders argumentiert werden und daher sehe ich keine vergleichbare Problemstellung und somit auch keine Analogie.

Was den AS betrifft: Wer wegen eines einzelnen Spieles überlegt mit dem Realskat aufzuhören soll dies doch einfach tun. Er scheint ja nicht viel Spaß dran zu haben und dementsprechend seine Umgebung auch nicht.
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Re: Kartenverrat

Beitragvon ThomAss » 19. Jan 2017 12:56

mr.kite hat geschrieben:Was den AS betrifft: Wer wegen eines einzelnen Spieles überlegt mit dem Realskat aufzuhören soll dies doch einfach tun. Er scheint ja nicht viel Spaß dran zu haben und dementsprechend seine Umgebung auch nicht.


Vielleicht ist er auch Anfänger?! Nichtsdestotrotz ist das natürlich ein prima Fall, um die Schattenseiten des Skats kennenzulernen und somit gleichzeitig zu lernen, die dunklen Seiten bei eigenen Unzulänglichkeiten akzeptieren zu müssen. Skat ist mitunter halt auch ungerecht, unfair, fordert eine große Toleranz gegenüber Mitspielern, bereitet körperliche und bei manchem gar auch seelische Schmerzen. Das ist halt die harte Schule des Skatspiels, ich kenne aber auch kaum einen, der sie noch nicht überlebt hat, die therapeutische Behandlung durch Fernbleiben dauert meiner Erfahrung nach maximal 3-4 Wochen, länger wird man im Normalfall für sowas auch nicht krankgeschrieben, deswegen meine Prognose, der kommt trotzdem wieder, weil er eben eigentlich Spaß an dem Spiel hat. :lach:
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Re: Kartenverrat

Beitragvon HelAu » 19. Jan 2017 14:48

chris hat geschrieben:Nun melden MH und HH Spielverlust von VH an, weil er unberechtigt, noch bevor das Spiel entschieden war, den Skat aufgedeckt hat, 3.4.8. Buchstabengetreu wohl richtig, aber was würdet ihr in einem solchen Fall tun? VH jedenfalls überlegt ernsthaft mit dem realen Skat aufzuhören.

Das ist genau die richtige Schule für Skatanfänger. Man trifft im Realskat jede Menge typisch Deutsche Nörgler die sich krampfhaft an Paragraphen halten (wie auch im Strassenverkehr) und keinerlei Feingespür haben wann man mal 5e grade sein lassen kann.
Ob er sich das in seiner Freizeit antun will sollte er sich schon gut überlegen :ertrink:
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Re: Kartenverrat

Beitragvon ThomAss » 19. Jan 2017 14:55

HelAu hat geschrieben:
chris hat geschrieben:Ob er sich das in seiner Freizeit antun will sollte er sich schon gut überlegen :ertrink:


Du meinst er sollte lieber auswandern, weil den typischen deutschen Nörgler finden man halt in allen Lebensbereichen und Gesellschaftsschichten, wir sind eben in Deutschland, :mrgreen: :lach: wenn er nicht auswandern will, kann er somit auch weiter Skat spielen, wohlwissend dass der Prozentsatz der Nörgler im Skat um ein paar Prozent höher liegt als bei anderen Freizeitaktivitäten.
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Re: Kartenverrat

Beitragvon Eric » 22. Jan 2017 22:22

Ich war vor gut zwei Monaten dank glücklicher Umstände auf einem Treffen von Schiedsrichterobleuten. Da wurde ein Fall diskutiert , und die Mehrheit lag erst falsch, bis der Leiter die wirklich entscheidende Frage stellte : Was passiert wenn ein Regleverstoß geschieht ? Wann hat, wenn überhaupt der Regelverstoß begangen wurde, dieser mit diesen seinen Konsequenzen stattgefunden ?

Und dann lese ich 3.4.8 und stelle erst mal fest, dass auch dieser Paragraph "schlecht formuliert" ist.

Er vermisst ganz klar die Bestimmung, das nach dem Ende des Spiels der Skat sehr wohl wieder eingesehen werden darf. "Nach einer gültigen Spielansage" lässt wenn man es buchstabengetreu liest, diese Möglichkeit nicht zu, wenn man es auf die Spitze treibt.

Nun ist es aber sicher so, dass die Schöpfer der mannigfaltig interpretierbaren Worte im Sinne hatten, das während eines laufenden Spiels, der abgelegte Skat von keiner Partei mehr eingesehen oder verändert werden darf.

Und hier schließt sich der Kreis zu dem Fall den ich auf dem Treffen erlebte : Wenn die beiden Buben nicht liegen, kann der AS den Skat niemals unberechtigt einsehen, da das Spiel "in dieser Millisekunde" bereits durch das Nichtbedienen mind. eines Spielers der Gegenpartei beendet war.

Wenn wir auch bei bereits beendeten Spielen eine Skateinsicht verbieten wollen, wird es echt lustig ....

Wenn aber die beiden Buben, wie vom AS vermutet , liegen, gibt es nach meinem Dafürhalten nichts mehr, was den AS noch retten könnte, außer natürlich dem Wohlwollen der Gegenspieler. ( Was er von mir immer bekommt in dem Fall ).
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
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Re: Kartenverrat

Beitragvon mr.kite » 22. Jan 2017 22:44

Ganz schön viele Wörter für die Feststellung, dass der erste Regelverstoß verliert und nicht der letzte ;)
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