So oft, wie ihr anscheinend mit solchen engstirnigen Vollblutegoisten zusammenspielt, welche die Regeln nur zu ihren Gunsten biegen wollen, wundert es mich fast schon, dass ihr überhaupt noch Skat spielt.
Ich schließe mich jedenfalls Ast an, auch wenn ich, wie es für meine Art üblich ist, etwas weiter ausholen möchte (muss).
Die meisten vom Deutschen Skatgericht zu 4.2.7 ISkO ("Spielbeeinflussendes Vorwerfen und herausforderndes [demonstratives] Vorziehen einer Karte sind nicht gestattet. Die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend.") entschiedenen Fälle betreffen die erste Alternative, also das Vorwerfen. Zum Vorziehen gibt es nicht mehr als das vom Skatfuchs bereits angesprochene Urteil, wonach es einem noch nicht beigebeberechtigtem Gegenspieler nicht erlaubt ist, eine Karte mit der Hand festhaltend verdeckt auf dem Tisch abzulegen.
Streitfall 114 (übrigens sinnigerweise annähernd identisch mit Streitfall 111):
http://www.dskv.de/upload_user/skatgeri ... f00114.php
Dem Alleinspieler ist das nach 4.2.7 ISkO verbotene Verhalten übrigens erlaubt (Argument aus 4.1.9 S. 2, S. 3 ISkO).
4.1.9 ISkO: "Zwei oder mehr gleichzeitig sichtbar ausgespielte oder aufgedeckt herausgefallene Karten der Gegenspieler oder eine solche Karte eines Gegenspielers ohne Ausspielberechtigung beenden sofort das Spiel entsprechend den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6. Der Alleinspieler ist berechtigt, versehentlich herausgefallene Karten ohne spielrechtliche Folgen wieder aufzunehmen. Er darf auch vorgezogene und sichtbar gewordene Karten zurücknehmen (Vorteil für die Gegenspieler)."
Wann nun ein herausforderndes Vorziehen vorliegt, ist aufgrund der missratenen Formulierung von 4.2.7 ISkO problematisch. Es heißt nämlich leider nicht "Vorwerfen" und "Vorziehen", sondern "Spielbeeinflussendes Vorwerfen" und "herausforderndes Vorziehen". Das legt den Schluss nahe, dass nicht jedes Vorziehen herausfordernd und damit auch nicht jedes Vorziehen verboten ist. Allerdings hat das Deutsche Skatgericht bislang jedes Vorwerfen eines Gegenspielers, über das es zu entscheiden hatte, als spielbeeinflussend qualifiziert.
Insofern muss davon ausgegangen werden, dass grundsätzliches jedes Vorwerfen spielbeeinflussend und jedes Vorziehen herausfordernd und damit verboten ist (beachtet aber, dass das Deutsche Skatgericht sich dazu noch nicht geäußert hat; stattdessen bekommt man von ihm meistens Unreflektiertes zu lesen im Sinne von: "Es steht außer Zweifel, dass die Verhaltensweise [des Gegenspielers] den Bestimmungen der ISkO 4.2.7 und 4.2.9 widerspricht."). Da es sich bei 4.2.7 ISkO im Grunde genommen um besonders schwer wiegende Fälle von 4.2.9 ISkO handelt (von plumpen Fällen wie dem Nennen von Karten einmal abgesehen), ist diese Auslegung in jedem Fall geboten.
Fraglich ist dann nur, wann denn eine Karte als vorgezogen gilt. Das bloße Anfassen bzw. Antippen der Karte kann dem Wortlaut nach nicht genügen. Andererseits kann man nicht nur Extremfälle wie in Streitfall 114 (s. o.) ahnden. Man sollte sich demnach an dem Wortsinn des Vorziehens orientieren.
Demzufolge ist eine Karte vorgezogen, wenn sie im Vergleich zu den anderen Karten im Blatt eine (eindeutig) hervorgehobene Stellung einnimmt. Bei einem Höhenunterschied von 1 cm wird man davon vermutlich noch nicht ausgehen können, aber eine Überhöhung von 50 % ist z. B. schon zu viel. Ausdiskutiert ist in diesem Bereich allerdings noch nichts. Insofern liegt es am Deutschen Skatgericht (wenn es sich denn traut), einmal ein paar verbindliche Vorgaben hinsichtlich des Vorziehens zu machen. Hier dürfte also nach wie vor einiges vertretbar sein.
Der Fall vom Skatfuchs ist folglich allein anhand von 4.2.9 ISkO zu beurteilen (4.2.9 ISkO: "Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. Bei Verstößen ergeben sich Konsequenzen aus den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6."). Unter Berücksichtigung der vom Deutschen Skatgericht entwickelten Fallgruppen und der von ihm verlangten grundsätzlichen Beeinträchtigungsintensität verstößt unser Skatfuchs diesmal (ausnahmsweise
) nicht gegen 4.2.9 ISkO. Würde man in diesem Fall einen solchen Verstoß annehmen, könnte man schließlich auch kaum noch ein Spiel zu Ende spielen.
Futlers Fall richtet sich übrigens auch allein nach 4.2.9 ISkO, da er sich als Ausspielberechtigter eines (herausfordernden) Vorziehens nicht schuldig machen kann. Jedenfalls kann man (bei diesem Informationsstand) auch hier einen Verstoß gegen 4.2.9 ISkO mit den gleichen Argumenten wie zuvor ruhigen Gewissens ablehnen, denn eine bloße "große Bewegung" gibt dafür nicht genug her (wenn man nicht gerade eine horizontale 180°-Drehung mit seinem Arm macht und die Karte anschließend provokativ in die Tischmitte schnippt). Für diese Beurteilung spricht zudem ein Vergleich mit den ähnlich gelagerten "Tischknallerfällen", wo man viel eher zur Annahme eines Verstoßes gegen 4.2.9 ISkO gelangt (was allerdings vom Deutschen Skatgericht noch nicht entschieden wurde und von vielen Skatspielern kontrovers diskutiert wird).
Tja, mit den Skatschiedsrichtern ist das manchmal wie mit den Horoskopen: Vieles, was sie erzählen, kann wahr sein, wenn man es denn glauben will, aber man sollte sich besser an die wenigen Leute halten, die einem wirklich die Zukunft bzw. den aktuellen Regelstand (voraus-)sagen können. Der Vergleich macht es schon deutlich: Mit letzter Sicherheit kann das niemand.