Neulich beim Skat

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Eric » 30. Jan 2015 22:02

joker00765 hat geschrieben:völlig richtig eric, aber noch mal, es gibt die regel nicht das ein wiederholter reizwert die nächste reizstufe bedeutet, also völliger humbug


yep, absolut d'accord !
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 31. Jan 2015 09:49

Bieten und Halten...ist unwiderruflich

unwiderruflich kann nicht durch nachträgliche Akzeptanz beider Parteien "geheilt" werden.Unwiderruflich wirkt objektiv und "verjährt" auch nicht.

Beispiel:
Falsches Ausspiel führt zum sofortigen Verlust für die betreffende Partei.

Geheilt werden kann dies durch Akzeptanz der nicht betroffenen Partei oder wenn es keiner rechtzeitig merkt.

Würde aber falsches Ausspiel zum sofortigen unwiderruflichen Verlust für die betreffende Partei führen, könnte dieser auch nicht aufgehoben werden, wenn der Verstoß erst später bemerkt würde. (sonstige Randbedingungen für beabsichtigtes Schneiderspiel mal außen vorgelassen)

Was folgt daraus, undzwar streng logisch ?

Entweder ist das Spiel ungültig, weil kein alleiniger Spielberechtigter ermittelt wurde oder es gilt automatisch der nächsthöhere Reizwert.

Auf gar keinen Fall kann der Grandhandspieler, mit Einem, bei nur 65 erreichten Augen gewinnen, sondern er muss mindestens (hier) Schneider spielen.
Zuletzt geändert von Kantholz am 31. Jan 2015 17:37, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon mr.kite » 31. Jan 2015 11:25

Zu kantholz Beitrag fällt mir ein Gedicht von Christian Morgenstern ein, dass ich vor langer Zeit auswendig gelernt habe. Mit auswendig klappt das zwar nichtmehr so perfekt, aber die copy-paste-Funktion beherrsche ich immernoch:

Palmström, etwas schon an Jahren,
wird an einer Straßenbeuge
und von einem Kraftfahrzeuge
überfahren.

»Wie war« (spricht er, sich erhebend
und entschlossen weiterlebend)
»möglich, wie dies Unglück, ja-:
daß es überhaupt geschah?

Ist die Staatskunst anzuklagen
in bezug auf Kraftfahrwagen?
Gab die Polizeivorschrift
hier dem Fahrer freie Trift?
Oder war vielmehr verboten,
hier Lebendige zu Toten
umzuwandeln, - kurz und schlicht:
Durfte hier der Kutscher nicht -?«

Eingehüllt in feuchte Tücher,
prüft er die Gesetzesbücher
und ist alsobald im klaren:
Wagen durften dort nicht fahren!

Und er kommt zu dem Ergebnis:
»Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil«, so schließt er messerscharf,
»nicht sein kann, was nicht sein darf!«
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 31. Jan 2015 12:07

das freut mich, dass dich meine Beiträge bei dem doch recht trockenen Stoff hier zu Rezitationen dichterischer Art inspirieren...
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon mr.kite » 31. Jan 2015 13:18

Stimmt. Es passt halt einfach zum Kontext.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 31. Jan 2015 13:31

dann sollten wir Taronga bitten, mal ein Auge zuzudrücken, wenn wir hier den Strang zum Zentrum für Kultur und angewandte Dichtkunst machen.


Ich seh hier keinen Grund, nicht auch zwei Augen zuzudrücken :-) - LG Taronga
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 31. Jan 2015 14:54

Da ich nach 20 Jahren meinen Schiriausweis nicht mehr verlängert habe, wollte ich mich hier eigentlich gar nicht mehr zu Worte melden. Doch, na ja, die Katze lässt das Mausen nicht und der Schiri nicht das Schiedsen.

In den letzten Jahren habe ich hier ja öfter die Meinung vertreten, die ISKO sei nicht eindeutig genug und es sei einfach nicht möglich, aufgrund der Paragraphen in der ISKO Urteile zu fällen, die eben so oder so lauten müssen und anderslautende Urteile dann als Fehlurteile bezeichnet werden können.

Diese Meinung bezog sich jedoch nicht auf alle Paragraphen. Gerade der ganze Komplex 3.3., der sich ja in 8 Paragraphen mit dem Reizen beschäftigt, ist für mich - vor allem in dem Gesamtwirken von 3.3.1. bis 3.3.8 - absolut eindeutig formuliert.

Das Problem im vorliegenden Falle liegt lediglich im Verhalten der Spieler begründet. Was bedeutet, dass eine sachgerechte Entscheidung nicht mehr möglich ist. Da hilft dann keine ISKO mehr, sondern nur noch ein Urteilsspruch, der jedoch niemals richtig oder falsch sein kann.

Aus den Paragraphen geht doch ganz klar hervor, dass Bieten und Halten unwiderruflich sind. Also GH oder 72 gehalten ist identisch, eine Wiederholung des gleichen Reizwertes ist ebenso gegenstandslos wie ein nunmehriges Passen bei einer gegenstandslosen Reizung. AH ist immer VH mit dem Reizwert 72.

Klar, durch das Fehlverhalten hat nun HH gespielt. Jedes Urteil hat nun seine Berechtigung, je nachdem, inwieweit seine Begründung überzeugt. Wohlgemerkt, ich meine, eine Entscheidung in dieser Situation kann nicht falsch oder richtig sein. Sie kann lediglich mehr oder weniger sinnvoll begründet sein.

Meine Meinung: HH ist nicht regulär AS, hat unberechtigt ein Spiel angesagt. Die GS sind auf dieses unberechtigte Spiel eingegangen und es ist daher zu werten. Eine Schuld an der Situation sehe ich zwar sowohl bei HH wie auch bei VH, jedoch reicht diese Schuld nicht aus, um HH durch Aberkennung des Spiels oder VH durch Verwarnung zu sanktionieren.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 3. Feb 2015 09:40

hätte der GH- Spieler ein sicheres Schneider- oder mit Zweienspiel, könnte man die auf die GH- Bietung folgende 72er Ansage noch als Klarstellungsreizung werten.

Das kann man hier aber nicht !

dEr GH- Spieler hat weder Schneiderchance noch mit Zweien und kann von daher regulär bei höherem Reizwert als 72 nicht gewinnen.

Aber genau das ist der Unterschied, Goethe hin, Schiller her !
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 3. Feb 2015 15:04

Was doch auch bei 72 und GH alles nicht nötig ist, oder? Genau darum geht es doch!
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Bad_Goose » 4. Feb 2015 15:03

Mmhh...eigentlich nicht darum.

Wenn ich das richtig verstanden habe, meldet HH einen GH an und bietet somit eine 72er Reizung, die von VH gehalten wird. Jetzt wiederholt HH noch einmal sein Gebot mit den Worten "72", ohne dabei ein klarstellendes Wort hin zu fügen. VH war dies Urteil unten vielleicht vertraut und hat somit die 72 als 77er Reizung genommen, worauf hin er gepasst hat. Erst im Spielverlauf stellte sich heraus (man weiß es ja vorher ohne Kartenverrat nicht wirklich), das der AS sich überreizt hatte, bzw. kein Schneider erspielen kann und somit das Spiel als verloren zu werten ist.

Ob ich gut finde oder nicht, ist ein anderes Thema.

marvin hat geschrieben:
Aber jetzt kommt es: Ich habe 2013 meine Schiri-Prüfung gemacht (also noch sehr frisch). Beim Lehrgang wurde lang und breit darüber diskutiert, dass diese "plausible" Lösung nicht richtig sei. Sondern es gebe eine Skatgerichtsentscheidung, die wie folgt lautet: Wird ein gültiger Reizwert, der zuvor gehalten wurde, wiederholt (ohne dass es sich um eine Klarstellung oder ein Mißverständnis handelt), dann bedeutet dies automatisch den nächsthöheren gültigen Reizwert.

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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 4. Feb 2015 17:31

Die meisten Beiträge sehen den Sachverhalt, den hier Marvin schreibt, als Humbug an. Ähnliches habe ich bei meiner letzten oder vorletzten Nachprüfung zum Schiedsrichter auch so wörtlich gehört. Wenn nun ein anderes Urteil vorliegt, so wie Marvin es (aus dem Gedächtnis?) zitiert, dann ist Umdenken natürlich erforderlich. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Sache und vor allem deswegen, dass hier nicht ein spezieller Einzelfall entschieden wurde, sondern eine vorherige, eindeutige, Rechtsprechung des ISKG komplett ins Gegenteil verkehrt wurde, muss man sich natürlich auch Gedanken über die Verbreitungsmethoden von Urteilen machen.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 5. Feb 2015 11:01

"Die meisten Beiträge sehen den Sachverhalt, den hier Marvin schreibt, als Humbug an."

Wenn alle in den Stadtteich springen ( damals noch übelste Brühe ), dann springst du wohl hinterher, pflegte mein Lehrer bei solcher Argumentation immer zu sagen...

Auch wenn sich die Wasserqualität in der Marktwirtschaft deutlich verbessert hat, denke ich mir meinen Teil, wenn selbst Rentner immer noch hinterher springen.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon mr.kite » 5. Feb 2015 13:10

Ich persönlich halte nicht so viel von "Ich habe mal da und dort gehört, dass..." und "Der und diejenige meinen, dass...". Wenn es um Urteile des ISkG geht würde ich immer zunächst mal die Urteile der Entscheidungssammlung zur Hand nehmen. Hierbei einschlägig sind zB die Fälle 1 und 3 zu 3.3.5 ISkO. Diese zeigen klar auf, dass das Wiederholen eines Reizwertes weder ein Passen noch ein Überbieten des vorangegangenen Reizwertes darstellt. Auf die Möglichkeit, dass es sich um ein Überbieten handeln könnte (!) wird nichtmal im Ansatz eingegangen. Der vermutlich entscheidende Satz:
Mittelhand [in unserem Falle VH] hätte Hinterhand darauf aufmerksam machen müssen, dass 48 [72] bereits gereizt wurde und sie mehr reizen müsse um das Spiel zu bekommen.
Man muss daher davon ausgehen, dass auch das ISkG die Annahme, dass die Wiederholung eines Reizwertes dessen Erhöhung darstellen soll, für so lächerlich hält dass es nichtmal darauf kommt, so etwas auch nur zu erwähnen.

marvin hat geschrieben:Begründung geht ungefähr wie folgt: Nachdem VH die 72 gehalten hat, muss MH/HH entweder passen oder einen höheren Reizwert bieten. Da er nicht passt, ist seine 72 auf den nächst höheren regelkonformen Reizwert anzuheben (so wie wenn er 73 gesagt hätte). Würde man das nicht so handhaben, dann könnte das wie folgt ausgenutzt werden (Beispiel)
- VH will 24 halten und dann passen
- MH will maximal 24 bieten
- es wird flott gereizt: 18 - ja - 20 - ja - zwo - ja - null - ja - vier - ja - vier - nein (weil VH gar nicht genau hinhört und davon ausgeht, dass nach vier eben sieben kommt)
- MH erschleicht sich damit die Möglichkeit, ein Spiel auf 24 zu bekommen, das eigentlich VH zusteht
Hierauf passt exakt der oben zitierte Fall 1 zu 3.3.5 ISkO. VH hat die 24 einmal gehalten. Wenn er nun passt und MH den Skat aufnimmt dann wird MH vom Reizen ausgeschlossen und VH beginnt das Reizen (nun nurnoch mit HH) erneut. Wenn MH den Skat nicht aufnimmt muss VH eben darauf aufmerksam machen, dass MH nicht bei 24 AS werden kann, weil er 24 bereits gehalten hatte und er nun Weiterreizen müsse um AS zu werden. Es besteht schlicht kein Grund VH weiter durch so eine kreative Urteilspraxis zu schützen, weil er bereits maximal geschützt ist.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon marvin » 5. Feb 2015 21:57

Das mag ja alles sein. Aber ich als Neu-Schiedsrichter muss mich doch erst mal darauf verlassen, dass im Schiedsrichter-Lehrgang kein Unsinn erzählt wird. Wenn es daher heißt: Das ISkG hat diese Situation mal so entschieden, dann glaube ich das erst mal. Dass ich dann nicht mit einer Urteilsnummer kommen kann, ist auch klar - weil die im Lehrgang auch nicht erwähnt wurde.

Nun könnte es sein, dass ich im Lehrgang etwas katastrophal mißverstanden habe - das möchte ich nicht ausschließen. Aber zwei weitere Schiedsrichter, die in 2013 und 2014 ihren Schein gemacht haben, haben bestätigt, dass es genau so dargestellt wurde. Nun gut, vielleicht hat ja der Lehrgangsleiter etwas falsch verstanden. Kann ich mir aber bei einem ISkG-Mitglied kaum vorstellen.

Ich habe inzwischen auch festgestellt, dass die dargestellte Sichtweise nicht mit der aktuell auf dskv.de abrufbaren Version der Entscheidungssammlung in Einklang steht. Insofern werde ich persönlich das Gelernte vergessen und mir selbst eine neue Auslegung aufbauen - ggf. bis ich durch ein neues Urteil des ISkG eines besseren belehrt werde.

Dennoch bleibt es problematisch:
ISkO 3.3.8 "... das Bieten und Halten eines Reizwertes ist unwiderruflich"
Wenn also die (zweite) 72 wirklich 72 bedeutet hat, dann hätte VH nicht passen dürfen. Da HH weder weiter gereizt noch gepasst hat, war das Reizen noch im vollen Gange, als er Grand-Hand ansagt. Das war also wieder nur ein Reizwert 72, zum dritten Mal. Oder bedeutet dann, wenn bereits 72 gereizt waren, der "Reizwert GH" 96?

a) Es bleibt bei gereizten 72. Dann ist das Reizen bis heute nicht beendet. Da kein AS ermittelt ist, die ursprüngliche Kartenverteilung aber nicht mehr hergestellt werden kann, verbleibt als mögliche SR-Entscheidung nur ein eingepasstes Spiel.

b) Nachdem 72 gehalten sind, bedeutet die Äußerung "GH" automatisch Reizwert 96. Daraufhin hätte VH halten oder passen müssen, was nicht explizit geschehen ist. Das Ausspielen würde ich aber als implizites Passen werten. So wie es ja häufig vorkommt, dass jemand sofort nach Kartenaufnahme "GH" kräht und dann einfach losgespielt wird, ohne dass die anderen explizit passen.
Insofern wäre HH ordnungsgemäßer Alleinspieler, aber leider beim Reizwert 96. Wenn er den Schneider nicht schafft, hat er eben verloren.

Eine andere Auslegung kommt für mich nicht in Frage, solange ich davon ausgehe, dass der erste "Reizwert GH" tatsächlich eindeutig von VH gehalten wurde. Im Moment tendiere ich spontan zu Variante (a), bin mir aber noch nicht endgültig darüber im Klaren, ob dies wirklich richtig ist.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 5. Feb 2015 23:21

Vielleicht hilft das Prinzip des ersten Fehlers, bzw. der ersten Handlung, hier weiter. Marvin, du schreibst,
Wenn also die (zweite) 72 wirklich 72 bedeutet hat, dann hätte VH nicht passen dürfen.

Richtig, doch könnte man auch so sagen, VH hat 72 gehalten. Er hat beim zweiten Mal gar nicht gepasst. Wie auch, 72 - das zweite Mal gesagt - ist ja keine Reizung mehr, sondern nichts anderes als "Muh", "Mäh" "Mist". AS ist VH und niemand anderes geworden, es sei denn, HH tätigt ein höheres Reizgebot. Was wäre denn, wenn VH zum zweiten Mal gehalten hätte? Wäre doch kein Mensch auf die Idee gekommen, außer in dem angeblichen Urteil, dass nunmehr ein höherer Reizwert gelten und gehalten worden wäre? Warum also sollte plötzlich HH nur deswegen ein höheres als das gereizte Gebot auferlegt bekommen, weil VH sich nun zum Passen entschließt, obwohl er das nicht darf? Die Frage ist also doch lediglich, wie auf den Fehler von HH zu reagieren ist, dass er sich nun als AS wähnt, irrtümlich. Und dies natürlich bei Reizwert 72.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 6. Feb 2015 11:29

Irrtümlich ?
Wirklich ?
Der GH-Spieler kann doch gar nicht weiter wie 72 wie wir am Spielausgang gesehen haben.

So blauäugig kannst du doch gar nicht sein.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon mr.kite » 6. Feb 2015 16:30

Ja nun, das ISkG ist aber nunmal gerne Bereit, die "Macht des Faktischen" anzuerkennen. Zwei Entscheidungen habe ich dazu bereits gezeigt. Eine dritte fiele mir noch ein: SkGE 312-2012. Da es aber John war der sie eingeholt hat gebührt ihm auch das Recht, sie erneut zu veröffentlichen. Einen zentralen Satz kann ich mir aber nicht verkneifen:
ISkG hat geschrieben:Alle Mitspieler tragen eine Eigenverantwortung und haben darauf zu achten, dass die Bestimmungen (...) der ISkO eingehalten wird.


Für eine Alternativentscheidung à la kantholz oder marvin sehe ich weiterhin keinerlei Anhaltspunkte.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 6. Feb 2015 17:59

MrKite, du kannst sie gerne veröffentlichen. Ich bin sowieso aus der aktiven Schiri-Arbeit raus. Danke!
Doch auf Kantholz und die sogenannte "Blauäugigkeit" möchte ich schon noch einmal gerne eingehen.
Mit der "Macht des Faktischen" kann ich nicht direkt etwas anfangen, jedenfalls nicht in dem Sinne, in dem Entscheidungen damit begründet werden. Auch die Motivsuche (irrtümlich? - und das noch mit Unterstellung!) kommt für mich erst in zweiter Linie.
Also, zur Klarstellung: Ich sehe den Fall so: HH bietet 72 (das erste Mal); VH hält. Nun ist HH dran. Er muss passen, ein höheres Gebot abgeben oder - denken, trinken, lamentieren, was auch immer. Nichts, was er tut, außer den beiden ersten Möglichkeiten hilft dabei, den AS für das Spiel zu bestimmen oder diese Bestimmung voranzutreiben. Ob er nun "Mist" oder "70", "71" oder "72" sagt, ist ohne Belang. Nun sagt er - warum auch immer - "72". Und VH scheint regelunsicher zu sein und sagt nun das einzige, was er nicht sagen sollte "passe". Jede andere Reaktion "natürlich" "reiz ordentlich" "hatten wir schon" würde Sinn machen. HH hört "passe", was für ihn bedeutet (in wohl 99,99% aller Fälle), "jetzt bin ich Alleinspieler." Ob er nun selbst regelunsicher ist oder vielleicht einen scheinbar tollen Trick ausprobiert hat, ist doch letztlich unerheblich. Es ist eben ein Irrtum, so oder so, und er ist nicht AS. Solange dieser Punkt nicht absolut klar gestellt ist, machen Diskussionen über die Würdigung des weiteren Ablaufs (Akzeptanz von HH als AS durch die Mitspieler) wenig Sinn. Wie dabei die Meinung von dir, Kantholz, über meine Blauäugigkeit helfen soll, ist mir unklar.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Eric » 6. Feb 2015 22:18

Danke John, Du kannst das gut erklären.

Ich als ebenfalls noch recht frische Schiri möchte Kantzholz noch ergänzend erklären versuchen :

Wenn nach "72" ; "Passe" HH den Skat zu sich zieht und irgendwer ( also wirklich, kann jeder Teilnehmer der Veranstalunt sein der das mitbekommen hat ) sagt "Moment, Du bist nicht AS" und Hinterhand blöckt "doch" und der Reklamierer dann brüllt "Ein Schiri an Tisch 14" ist es bei dem geschilderten Sachverhalt keine Sekunde im Zweifel, dass HH mit einem Reizgebot von 72 eben niemals spielt. Entweder mehr, auf das VH dann passt oder selber passen. VH muss dann allerdings mit 72 selbstverständlich spielen.

Aber, wenn niemand den Regelverstoß bemerkt ( und ja, natürlich ist es möglich dass HH cleverer ist als die anderen und seine Regelkunde im Vergleich zur Regelunkunde der anderen ausnutzt ) kann man eben erst mal nichts machen.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Kantholz » 7. Feb 2015 11:35

Wir haben eine klare Aufgabenstellung.
Es hat wenig Sinn darüber zu diskutieren, was VH/HH sagen/hätten/tun/lassen/müssen, ob sie sich geirrt haben oder nur unpässlich waren- vollkommen wurscht. Fakt ist:

1. VH hat einen Gebot widerrufen, was lt. Regel unwiderruflich ist.

2. HH spielt ein Spiel, was er nur bei einem Reizwert bis 72 gewinnt aber für 72 nicht regelkonform erhält.

Da HH aber schuldlos am Widerruf von VH ist, kann er Regelkonformität mit einem Spielwert größer 72 hilfsweise herstellen.

Schlussfolgerung:

Gäbe es eine Diskussion ob des Gewinnens, wenn HH mit Zweien oder mehr gespielt hätte ? Nein! Definitiv nicht !

Nachtrag:
Jetzt gebe ich noch den Affen Zucker(natürlich als Sprichwort gemeint!):

Bis auf die Schlussfolgerung (denn da gibt es immer Leute, die diskutieren), halte ich diese Argumentationskette mit Sachargumenten

für nicht widerlegbar.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Eric » 7. Feb 2015 17:06

Ok , verstehe.

Für mich stellt eben der Verstoß aller ! gegen 4.5.10 ( .... Verstöße gegen.... sind sofort .... ) das Ereignis dar, was "hilfweise" Regelkonformität herstellt.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon John » 9. Feb 2015 18:58

Regelkonformität herstellen! Klingt gut!
Doch geschieht dies damit, dass man sich plötzlich einen höheren Reizwert als 72 - der nie geboten oder gehalten wurde - aus dem Nirwana holt? Es geht nämlich, falls dies unklar geblieben ist, hier um den verpflichtenden Reizwert und nicht darum, wenn das alles interessiert hätte, wenn der Grand eh mit 2 gewesen wäre.
Fakt ist:

1. Hh hat einmal 72 geboten, VH hat die 72 gehalten.
2. HH hat das Gebot - warum auch immer - wiederholt.
3. VH hat eine unbedeutende (blödsinnige) Antwort auf die Wiederholung dieses Gebotes gebeten.
4. Zu entscheiden ist zunächst, wer - regelkonform - AS nun ist. Dies dürfte unstrittig VH sein.
5. Da das Spiel aber unzulässigerweise von HH durchgeführt wurde, ist diese - von allen Spielern mit gleicher Schuld verursachte - Situation zu entscheiden.
6. Diese Entscheidung kann so oder so lauten - sie muss ja irgendwie getroffen werden - . Welche Kriterien für diese Entscheidung nun herangezogen werden, eines wird sie nie sein können: "Regelgerecht".
Damit auch nicht falsch oder richtig. Gerecht? Na ja, das hatten wir schon lange.
Auf jeden Fall schafft die rein fiktive Erhöhung des Reizwertes auf nie gebotene 73 oder mehr nicht mehr Regelgerechtigkeit, sondern stellt eine wesentliche Grundlage des Regelwerks in Frage. 3.3.5., nämlich. Darin steht nämlich nichts davon, dass gebotene Reizwerte fiktiv sind und, um eine Situation aufzulösen, erhöht werden können, dürfen oder müssen.
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon joker00765 » 10. Feb 2015 17:18

Skatfreund
Uwe Fug

Mail: uwefug@outlook.de



Ihr Schreiben vom Unser Zeichen Datum



04.02.2015 SkGE 130-2015 10.02.2015


Guten Tag Skatfreund Fug,

Ihre Anfrage:
Wenn ich das richtig verstanden habe, meldet HH einen GH an und bietet somit eine 72er Reizung, die von VH gehalten wird. Jetzt wiederholt HH noch einmal sein Gebot mit den Worten "72", ohne dabei ein klarstellendes Wort hin zu fügen. VH war dies Urteil unten vielleicht vertraut und hat somit die 72 als 77er Reizung genommen, worauf hin er gepasst hat. Erst im Spielverlauf stellte sich heraus (man weiß es ja vorher ohne Kartenverrat nicht wirklich), das der AS sich überreizt hatte, bzw. kein Schneider erspielen kann und somit das Spiel als verloren zu werten ist. Ob ich gut finde oder nicht, ist ein anderes Thema.

marvin hat geschrieben: Aber jetzt kommt es: Ich habe 2013 meine Schiri-Prüfung gemacht (also noch sehr frisch). Beim Lehrgang wurde lang und breit darüber diskutiert, dass diese "plausible" Lösung nicht richtig sei. Sondern es gebe eine Skatgerichtsentscheidung, die wie folgt lautet: Wird ein gültiger Reizwert, der zuvor gehalten wurde, wiederholt (ohne dass es sich um eine Klarstellung oder ein Missverständnis handelt), dann bedeutet dies automatisch den nächsthöheren gültigen Reizwert.


Wird wie folgt entschieden:
Die Wiederholung eines Reizwertes bedeutet keinesfalls, dass damit der nächsthöhere Reizwert geboten wird.

Begründung:
Nach ISkO 3.3.5 wird stets derjenige Alleinspieler, der den höchsten Reizwert geboten oder gehalten hat.

Es gibt keine Entscheidung des Skatgerichts, die dieser Vorschrift widerspricht.
Im vorliegenden Fall hat Vorhand das Reizgebot von Hinterhand »Grand-Hand« gehalten und beim Reizgebot von 72 gepasst. Das höchste abgegebene Reizgebot ist und bleibt 72 (egal ob das Reizgebot mit einer Spielansage oder mit einer Zahl genannt wurde). Da Vorhand die 72 gehalten hat, konnte Hinterhand bei diesem Reizwert nicht Alleinspieler werden.
Da die Gegenspieler es aber toleriert haben, dass Hinterhand ihr Spiel ansagt und durchführt, ist sie zu Recht Alleinspieler geworden. Sie hat sich nicht überreizt und muss dem entsprechend auch nicht »Schneider« machen.
Es kommt häufiger vor, dass jemand bis »Null« reizt und wenn er das Spiel nicht bekommt, überflüssiger Weise die »23« sagt. Wenn die Null gehalten wurde, kann bei 23 nicht gepasst werden. Der Reizende ist in diesen Fällen darauf hinzuweisen, dass er zu Vermeidung von Diskussionen keine Reizwerte widerholen soll.

Es gibt einige Fälle, die in der Sammlung von Skatgerichts-Entscheidungen zu finden sind, in denen zum Beispiel 47 gehalten und bei 48 gepasst wurde. Hier wird klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Reizgebot von 47 einem Reizwert von 48 entspricht. Hat also jemand die gebotenen 47 gehalten, kann er bei 48 nicht passen. Keinesfalls bedeutet die Wiederholung des Reizwertes 48 ein Reizgebot von 50.


Mit freundlichen Grüßen
und allzeit „Gut Blatt“

das ist die antwort von hans braun , sollte nun alles gesagt sein
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon marvin » 10. Feb 2015 22:17

Ich finde es gut, dass 72 nicht plötzlich 77 bedeuten soll (muss mich schon auf Arbeit damit rumschlagen, dass 65 auch mal 67 heißen kann).

Ich bin nun aber darüber irritiert, dass Hans Braun nichts von dem Urteil weiß, welches mir und anderen mir bekannten Schiedsrichtern von zwei Lehrgangsleitern unabhängig voneinander vorgestellt wurde.

Nicht gut finde ich, dass es das Skatgericht akzeptiert, wenn am Tisch einvernehmlich das Halten eines Reizwerts aufgehoben wird. Man stelle sich das mal mit etwas anderem Wortlaut vor:
- HH "72"
- VH "Ja"
- HH "Du hast wirklich 72?"
- VH "Hab's mir anders überlegt, würde lieber passen"
- Und der Tisch lässt nun HH für 72 Alleinspieler werden...

Das ist doch ein klarer Verstoß gegen die Bestimmung, dass Bieten und Halten von Reizwerten unwiderruflich ist!
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Re: Neulich beim Skat

Beitragvon Eric » 10. Feb 2015 22:19

Die Entscheidung kann ich uneingeschränkt unterschreiben.

Wenn alle zusehen, wie HH unberechtigt ein Spiel ansagt und spielt ( er ist ja nicht mal VH und der Beginn des Spiels ist von den Gegenern abhängig ), dann soll er es auch haben.

Sicher, wenn VH - aus welchen Gründen auch immer - glaubte, mit der 2. Nennung von 72 sei 77 gemeint, und HH sehr wohl weiß, dass VH das denkt, aber auch weiß, dass dem nicht so ist, und sich so vlt. sein Spiel "erschleicht" , ist das für mich noch kein Grund.

Ich würde sogar - außer man will den Fall hier abschließen - wenn HH schon - widespruchslos !! - den Skat aufgenommen hat , nicht mehr auf unberechtigte Skateinsicht und Reizausschluss entscheiden.

Wie sehen das die anderen ?
Zuletzt geändert von Eric am 10. Feb 2015 22:30, insgesamt 1-mal geändert.
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
Gotthold Ephraim Lessing
Eric
 
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