Die Intelligenzfalle

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Die Intelligenzfalle

Beitragvon baulemann » 19. Feb 2011 12:26

Hi,

ich beobachte immer häufiger, dass Diskussionsbeiträge scheinbar nur den Sinn und den Zweck haben, andere Diskussionsteilnehmer "runter" zu machen.
Aktuelles Beispiel ist die Diskussion über die Erklärung "Passe".

Jedermann kann in der ISkO nachlesen und findet im Vorwort die Bemerkung

Die Skatordnung bildet die Grundlage für alle regeltechnischen Entscheidungen. Ihre strikte Einhaltung ist allererste Voraussetzung dafür, Streitfälle und Unstimmigkeiten zu vermeiden.


Es gibt in dieser ISkO an keiner Stelle einen Paragrafen, jedenfalls habe ich keinen gefunden, der erklärt, wie ein Spieler sein "Einpassen" vorzutragen hat.

Ich frage mich, warum einige Beiträge bereits wieder zu "Rundumschlägen" ausufern.

Vielleicht hilft ein kleiner Denkanstoss.
Ich zitiere aus "Edward de Bono's Denkschule", ISBN 3-478-81105-8, erschienen 1990 im mvg-Verlag, München, Seite 16ff:

Die Intelligenzfalle
In der Tat scheint es um gewisse Dinge schlimmer bestellt zu sein, als ich oben erwähnte. Hoch intelligente Menschen können sich als schlechte Denker erweisen. Sie mögen ebensoviel Training ihrer Denkfertigkeit benötigen wie andere Menschen, manchmal sogar mehr. Dies ist die fast vollständige Umkehrung der Ansicht, sehr intelligente Menschen seien automatisch gute Denker. Wir (vom Cognitive Research Trust, einer Stiftung zur Förderung der kognitiven Forschung) nannten dies daher die "Intelligenzfalle". Sie setzt sich aus vielen Komponenten zusammen, und ich werde einige ihrer Bestandteile nachstehend aufführen. Einige Elemente sind soziologischer Natur, andere praktisch wirksam, wieder andere sind physicher Art.
1. Ein hoch intelligenter Mensch kann für praktisch jede Ansicht einen rationalen und wohl argumentierten Fall konstruieren. Je logischer sich ihm ein spezieller Standpunkt darstellt, desto weniger fühlt sich der Nachdenkende veranlasst, der Sache auf den Grund zu gehen. Er kann so zum Gefangenen einer gewissen Situation werden nur aufgrund der Tatsache, dass er sie vertritt und unterstützt.
2. In der Schule wie auch im späteren Leben hält man häufig verbale Gewandheit fälschlich für Denken. Ein intelligenter Mensch verfällt diesem Glauben und ist so versucht, das eine durch das andere zu ersetzen, das heisst das Denken mehr seiner verbalen Gewandheit zu überlassen.
3. Das Ego, das Bild seiner selbst sowie der Sonderstatus eines hoch intelligenten Menschen basieren allzu häufig auf der Intelligenz. Daraus entsteht das Bedürfnis, stets recht zu haben und klug und anerkannt zu sein.
4. Die kritische Anwendung von Intelligenz führt stets zu grösserer unmittelbarer Zufriedenheit als ihr konstruktiver Einsatz. Jemandem nachzuweisen, er liege falsch, verschafft ein sofortiges Erfolgserlebnis und gewährt das Gefühl von Überlegenheit. Zustimmung hingegen verleiht den Eindruck von Überflüssigkeit und Schmeichelei. Legt man eine Idee dar, liefert man sich der Gnade oder Ungnade dessen aus, von dem man zur Bewertung dieses Gedankens abhängig ist. Auf diese Weise sind allzu viele brillante Köpfe in dieser negativen Haltung erstarrt (da sie so verlockend ist).
5. Hoch intelligente Menschen scheinen häufig die Gewissheit des Reaktionsdenken (das Lösen von Rätseln oder das Aussortieren von Daten und Angaben) vorzuziehen, wobei ihnen eine Menge Material vorgelegt wird, und sie dann gebeten werden, darauf zu "reagieren". Wir nennen dies den "Everst-Effekt", da das blosse Vorhandensein eines schwer begehbaren Berges für sehr gute Bergsteiger Anlass genug ist, sich davon angesprochen zu fühlen und zu reagieren. Bei projekt-orientiertem Denken muss der Denker den Zusammenhang, die Begriffe und die Ziele schaffen. Das Denken muss expansiv und spekulativ sein. Aufgrund der natürlichen Neigung oder möglicherweise aufgrund eines frühen Trainings scheint ein Verstand mit hohem Intelligenzgrad die reagierende Denkart vorzuziehen. Das wirkliche Leben erfordert jedoch normalerweise eher die projekt-orientierte Denkart.
6. Die blosse physische Schnelligkeit eines hoch intelligenten Verstandes bewirkt, dass er Schlüsse aus nur wenigen Signalmerkmalen zieht. Ein langsamer Verstand benötigt mehr Zeit und mehr Signale; möglicherweise kommt er dann zu einer Schlussfolgerung, die dem Problem angemessener ist.
7. Ein hoch intelligenter Verstand scheint mehr Wert auf Schlauheit als auf Weisheit zu legen, oder er wird dazu ermutigt. Dies mag möglicherweise damit begründet sein, dass Schlauheit sich leichter demonstrieren lässt. Ausserdem hängt sie weniger von Erfahrung ab (aus diesem Grund leisten Ärzte und Mathematiker ihre "genialen" Beiträge meist in jüngeren Jahren).
Es gibt noch andere Aspekte hinsichtlich der Intelligenzfalle. Nicht alle hoch intelligenten Menschen verfangen sich in ihr. Sie vermeiden sie aus purem Zufall oder aufgrund ihrer Lebensumstände oder durch bewusstes Bemühen. Die Gefahr bleibt jedoch weiterhin bestehen. Und diese Gefahr warnt uns, nicht von der automatischen Annahme auszugehen, dass hohe Intelligenz effektives Denken bedeute.


Und nun? "Sattle die Hühner! Wir reiten nach Laramy!"
SITUS VI LATE INISSET ABANIT!
baulemann
 
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