Ich würde gern noch mal auf die ursprüngliche Frage zurückkommen. Unabhängig davon, dass man beim Aufspiel nie genau weiß, wie die Karten stehen und dementsprechend meist erst hinterher erkennt, welche Kartenreihenfolge die siegbringende gewesen wäre (so überhaupt ein Sieg möglich ist), gibt es doch in vielen Fällen eindeutig bessere und schlechtere Optionen. Dieses Spiel gehört m.E. unbedingt dazu.
Die Kreuz-Eröffnung ist in diesem Spiel aus meiner Sicht mehr als eindeutig die beste Option. Und das aus verschiedensten Gründen. Beginnen möchte ich mit einem Grund, der nicht zwangsläufig ist, sondern aus einem Fehler beim Reizen entsteht. Du hältst 24 und steigst bei 27 aus, fedor. Einem vernünftigen Skatspieler annoncierst Du damit ein Karo-Spiel. Man hält
nie seinen Reizwert, außer, es gibt bei dem entsprechenden Reizwert mehrere Spiele (z.B. 36 oder 48). In diesem Fall ist das besonders fatal. Setzt Dich Dein Partner auf eine Karo-Reizung, kann es passieren, dass er diese Farbe eröffnet und Dir die 10 blankiert. Mit einer Kreuz-Eröffnung klärst Du den Sachverhalt und bewahrst Deinen Partner u.U. vor einem Fehler, den er gar nicht zu verantworten hätte, weil er auf Deiner fehlerhaften Reizung beruht.
Aber selbst wenn Du - wie es sich gehört - beim 24er Gebot gepasst hättest, wäre eine Kreuz-Eröffnung m.E. Pflicht. Der wichtigste Grund ist die Position des AS hinter Dir. Kreuz ist die lange Farbe, in der Du den AS quälen kannst. Auch wenn Dein Partner die Farbe mithat, wird er sie ziemlich oft nur einmal führen und anschließend kann er - je nach Belieben - abwerfen oder überstechen. So kann entweder ein Trumpfvolles des AS in Gefahr geraten oder ein potenzieller Kartengleichstand der Gegenpartei in einer der roten Farben aufgelöst werden (bei zwei roten Zweierlängen von Dir spricht sehr viel dafür, dass Dein Partner in einer der beiden Farben auch eine Zweierlänge hat).
Ein weiteres Argument für Kreuz ergibt sich aus einem Argument gegen die beiden anderen Farben. Denn in beiden roten Farben kannst Du enormen Schaden anrichten. Bei Herz kannst Du dem AS eine 10 hochspielen, bei Karo Dir selbst Deine 10 kaputtspielen. Insbesondere ersteres macht sehr oft einen an sich problemlosen Spielgewinn gleich im Ansatz kaputt. Deshalb wäre Herz Ass die letzte Karte, die ich spielen würde.
Es gibt noch ein zweites wichtiges Argument gegen Herz Ass. Nehmen wir mal an, der AS wäre tatsächlich Kreuz frei, hätte aber mindestens einen Kreuz gedrückt. Du hast in Trumpf keine Übernahme (außer, es käme tatsächlich 7 und 8 auf den Tisch). Dein Partner kann aber ein problematisches Ausspiel haben. Führt er z.B. sowas:
könnte er versucht sein, den
zu öffnen. Schneidet der AS in evtl. Not nun, ergibt sich ein fantastischer Spielzug:
Abstich
Die scharfe Übergabe in Herz sollte den AS nun in mächtige Schwulitäten gebracht haben. Aber auch wenn so ein wahrhaft spektakuläre Spielzug nicht zustande kommt, ist das Herz Ass die einzige problemlose Übernahme, die Du besitzt, um den AS nochmals in MH zu bringen. Diese im ersten Stich ohne Not aus der Hand zu geben, ist mehr als fahrlässig.
Aus diesen Gründen finde ich die Kreuz-Eröffnung alternativlos. Bleibt noch die Frage, ob man ein Volles oder den K ausspielt. Ich finde, dass es hier bessere Argumente für das Volle gibt. Erstens kann es gleich richtig einschlagen, wenn der Partner die Farbe frei ist, zweitens sehe ich es als sehr wahrscheinlich an, dass der AS mit statt ohne Zwei spielt. Man sollte also nicht unbedingt damit rechnen, dem Partner noch zwei Volle auf Trumpf schmieren zu können.
Die Frage ist aber - wenn es so läuft, wie es tatsächlich gelaufen wäre - ob nach dem ersten Stich unbedingt das zweite Volle nachgespielt werden sollte, da es doch sehr unwahrscheinlich ist, dass der AS die D auch noch auf der Hand hat. Mir persönlich ist es bei dem Blatt mit jeweils einem Vollen in den roten Farben lieber, wenn mein Partner absetzt statt zu überstechen, um zu klären, welche rote Farbe der AS hält. Deshalb würde ich den K bevorzugen. Allerdings kann der Druck, den die 10 aufbaut, auch der Siegbringer sein. Darum würde ich mich in diesem Fall um ein eindeutiges Votum, welche Karte stärker ist, drücken wollen.
Es grüßt der Monsieur