Das ist ja ein Ding. Erst passiert hier vier Tage überhaupt nix und dann explodiert der Thread förmlich.
Wart ihr alle noch in der Sylvesterruhe?
Ich habe das Spiel in erster Linie eingestellt, um darzustellen, dass der naheliegende Herz hier sicher die falsche Wahl wäre, da der Kreuz mit 5 theoretisch ist und in jedem Falle mehr Punkte bringt. Das hat MaRie im Gegensatz zu zwei meiner Vereinskameradinnen, die durchaus über einige Jahre Erfahrung verfügen, gleich erkannt. Mein Kompliment dafür. Zur Ehrenrettung meiner Befragten sei allerdings angemerkt, dass sie natürlich nicht die Zeit hatten, sich mit der Aufgabenstellung lange zu beschäftigen. Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man ein Spiel in Ruhe durchanalysieren kann oder spontan eine Frage beantworten soll (was ja eine reale Spielsituation simuliert).
Grüne Sau hat dann zutreffend ergänzt, dass man beim Kreuz auch die Herz D im Blatt belassen sollte, weil das Spiel auch mit drei eigenen abzugebenden Punkten nur auf 59 bei den Gegnern steht, aber so eine 42%ige Schneiderchance besteht. Damit war nach zwei Beiträgen mein "Lernziel" gewissermaßen zur vollsten Zufriedenheit erfüllt.
Ergänzend hatte ich noch die Frage gestellt, ob ihr in einer anderen Position eine andere Spielwahl trefft. Auch hier wurde korrekt gesagt, dass in MH oder HH kein Spiel theoretisch ist. Der Kreuz wird allerdings deutlich häufiger verloren, da Herz ja nur gegen zwei Fünferlängen in Karo und Kreuz platt geht. Dennoch halte ich ihn für vertretbar.
Doch nun zum Grand. Zunächst mal zwei Bemerkungen zu zwei Beiträgen.
sacklzement hat geschrieben:Keine Reizung der Gegenpartei stimmt hier positiv.
Das ist schlicht falsch. Bei vier Buben und zwei eigenen Assen sagt Passe Passe rein gar nichts über die Kartenverteilung aus. Selbst wenn drei Farben komplett einseitig stehen, hat u.U. noch lange keiner der Spieler auch nur ansatzweise ein reizbares Spiel.
Skatfuchs hat geschrieben:sicherlich ist der Grand verlockend; aber als Anfänger sollte man den wohl eher nicht spielen.
Diese Aussage finde ich auch sehr fragwürdig. Was soll denn der Profi bei diesem Blatt groß besser machen als der Anfänger? Vielleicht kann er sich noch beim Drücken einen kleinen Vorteil verschaffen, aber welche Winkelzüge siehst du da, auf die ein Anfänger nicht kommt? Bei dem Blatt ist man m.E. schlicht auf eine nicht allzu ungünstige Kartenverteilung angewiesen.
Natürlich hat der Grand eine recht hohe Gewinnwahrscheinlichkeit. Dennoch würde ich ihn nur in Ausnahmesituationen ansagen. Der Erwartungswert ist mir dabei völlig schnuppe, da der Kreuz unverlierbar ist und mit mindestens 72 Augen nun wirklich nicht nach hinten zählt. Außerdem macht ein verlorener Grand mit vier die Liste absolut kaputt. Da zählt für mich der Grundsatz, dass man nie aus einem gewonnenen Spiel ein verlorenes machen sollte, deutlich mehr als der Erwartungswert.
Dazu kommt noch, dass die VH bei diesem Grand die deutlich schlechteste Position ist (wie bei den meisten Grands mit vier). Klingt überraschend, dass die eigentlich doch beliebteste Position hier besonders gefährlich sein soll, ist aber so. Der Grund ist ganz einfach. Der Hauptvorteil des Ausspiels ist, dass man dadurch in vielen Spielen nicht zu kurz kommt. Bei vier Buben allerdings besteht dieses Problem nicht. Stattdessen zeigt man beim Ausspiel den Gegnern sofort die eigene Problemzone. Säße man in HH und hätte die Pik Lusche gedrückt, könnte man z.B. hoffen, gleich ein wertvolles Pik Volles stechen zu dürfen. Aber wenn man mit Herz losgeht, was m.E. alternativlos ist, kann das Gewitter direkt über einen hereinbrechen.
Ein zweiter gravierender Nachteil beim Herzausspiel ist (wenn die Herz D im Blatt verbleibt), dass selbst günstige 3/1-Verteilungen leicht zu Problemen führen können. So kann sich bei einer blanken 10 oder einem blanken K der Spieler, der die Dreierlänge führt, problemlos zu einem Tiefschnitt animieren lassen (sprich er legt die acht). Das ist ein Standardspielzug, den selbst mittelmäßige Spieler im Schlaf beherrschen.
Deshalb spiele ich diesen Grand insbesondere in VH äußerst ungern. Klar, wenn man die Punkte unbedingt braucht, ist das Risiko vertretbar. Und wer sich ohnehin als Abenteurer bezeichnet, wird ihm kaum widerstehen können. Wer jedoch beim Balancieren auf dem Drahtseil ein Netz für unverzichtbar hält, sollte dann doch lieber Kreuz spielen.