Hallo John,
erst mal schön, dass wir uns auch mal austauschen. Du schreibst ja meist zum Regelwerk, einem Teilbereich des Skats, den ich zwar als wichtig und notwendig ansehe, aber in der Praxis eher als Quell von Ärger erlebe, wenn einige Herrschaften versuchen, mit teilweise sehr fragwürdigen Regelinterpretationen verlorene Spiele in gewonnene umzuwandeln.
Da gibts einige echte Spezialisten, aber da sage ich Dir als Schiedsrichter sicher nichts Neues.
Du wirfst in Deinem Beitrag einige Fragen zu hauptsächlich drei Themen auf. Das eine würde ich Skatetikette nennen. Ich bin mittlerweile 25 Jahre beim Skat dabei und habe so ziemlich alle Stadien durchlaufen. Vom blutigen Anfänger über den ehrgeizigen Emporkömmling bis zum gestandenen, etablierten Spieler, der aufpassen muss, dass ihn die jungen Spunde nicht reihenweise überrunden. Trotz dieser langen Zeit habe ich auch die Anfänge nicht vergessen und kann mich noch gut erinnern, wie es war, als ich als lernender und keineswegs übermäßig selbstbewusster Jüngling in die Szene des Vereinsskats eintauchte.
Es war, wenn ich das mal so unverblümt sagen darf, einfach nur schrecklich. Wenn man kaum einzelne Spieler kennt, nimmt man die Skatspieler erst mal nur als Masse wahr. Und diese Masse präsentierte sich in einem mehr als zweifelhaften Licht. Ein Haufen unästhetischer Männer, nicht selten unangenehme Gerüche von sich gebend, großmäulig, primitiv, die sich meist in Gossensprache über vollkommen belanglose Dinge unterhielten bzw. stritten. Zumindest, solange sie das noch konnten. Wenn der Alkoholpegel gestiegen war, ging nicht mal mehr das. Und das Benehmen am Skattisch war oftmals keinen Deut besser. Da wurde gepöbelt, was das Zeug hält. Waren die Jungs am verlieren, wurde die miese Laune exzessiv zur Schau gestellt. Es wimmelte nur so von unsportlichen und nichtsgönnenden Selbstdarstellern.
Will sagen, schlechtes Benehmen am Skattisch ist kein Phänomen der heutigen Zeit. Hätte mich dieses Spiel nicht von Beginn an gepackt, wäre ich spätestens nach einem halben Jahr wieder ausgestiegen. Und wenn ich den damaligen Erzählungen älterer Skatspieler Glauben schenken darf, habe ich das Schlimmste schon nicht mehr erlebt. Denn als ich anfing, waren die Prügeleien schon weitgehend Geschichte. Ich weiß, Skatspieler neigen zu Übertreibungen, aber laut den Erzählungen gehörten blutige Nasen zu den ganz normalen Erscheinungen bei Turnieren und hatten keineswegs zwangsläufig zur Folge, dass die Übeltäter ausgeschlossen oder gar längerfristig gesperrt wurden. Das kam wohl darauf an, wer gerade wen verprügelt hatte und wie das Standing der Kontrahenten war, ob gesperrt wurde oder nicht.
Im Vergleich zu diesen "guten alten Zeiten" ist mein Eindruck, dass die heutige Skatszene doch einigermaßen zivilisiert ist. Die Jogginghosen an 3 - 4 Zentnermännern sind zwar immer noch recht verbreitet und die Stammtischparolen sind auch keinen Deut besser als damals, aber Gewalt wird in keinster Weise mehr toleriert und insgesamt ist alles ein bisschen weniger exzessiv geworden. Ob es wohl daran liegt, dass der Frauenanteil beim Skat (zum Leidwesen vieler Alt-Machos) deutlich gestiegen ist? Ich denke, das könnte zumindest ein Grund sein. Das sich in der Gesellschaft verändernde Rollenbild von Mann und Frau (Stichwort Emanzipation) ist sicher ein weiterer. Diese extremen Alt-Machos sind einfach Out of Order.
Das ändert aber nichts daran, dass Benehmen am Skattisch auch weiterhin Glückssache ist. Da hast Du absolut recht. Verlieren können auch heute noch nur die wenigsten, Selbstdarsteller der unangenehmen Sorte gibts immer noch massenhaft und das Meckern und Augenrollen von vermeintlich Besseren - sei es von jungen oder älteren Spielern - bei Fehlern ist immer noch an der Tagesordnung. Interessant ist übrigens, dass es nach meiner Beobachtung viel öfter die Spieler aus der zweiten Reihe oder gar die von noch viel weiter hinten sind, die sich als die großen Meckerpötte gerieren. Die Besten fallen häufig durch ihre ruhige Art auf und kritisieren, wenn sie überhaupt was sagen, meist sachlich (Ausnahmen bestätigen die Regel). Die Kotzbrocken sind zumeist eher die eingebildeten Riesen. Davon aber gibt es leider mehr als genug.
Ich fürchte, daran wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern. Auch wenn sich mittlerweile bei vielen ein Bewusstsein entwickelt, dass der Skatsport bald nur noch ein unbedeutendes Nischendasein fristet, wenn wir Skatspieler weiter feste daran arbeiten, die Alten wie die Jungen, vorallem aber die, die dieses Spiel zwar gern spielen, aber nicht den Anspruch oder vielleicht auch nicht das Talent haben, Weltmeister zu werden, zu vertreiben.
So, hier muss ich erst mal Schluss machen. Jetzt ruft selbst bei mir Nachteule das Bett so laut, dass ich nicht mehr weghören kann. Fortsetzung folgt.