Hallo, ich habe mich eben im Forum angemeldet, weil ich etwas an Theorie zum Spiel interessiert bin und mich etwas austauschen möchte. Ich habe selbst zuletzt einige Rechnungen durchgeführt und möchte euch ein Ergebnis zeigen, das ich interessant fand. Es geht um die ominöse Frage, ob es ein 10-Karten-Blatt gibt, für welches das optimale Spiel (langfristig, nach Maßgabe des Erwartungswerts) ein Null Hand ist. Und wenn es eines gibt, wie sieht es aus?
Ich habe ein Kriterium erarbeitet, mit dem sich, falls es auf ein Blatt zutrifft, mathematisch exakt bestimmen lässt, dass es sich um keinen optimalen Null Hand handelt. Das erstaunlich finde ich daran, dass es so präzise anzugeben ist, und, wie ich behaupte, sinnvolle Erkenntnisse liefern kann. Es ist allerdings nur ein Puzzlestück auf dem Weg, die ominöse Frage zu beantworten. Mein Methode ist langsam, da mathematisch, aber genau, da mathematisch.
Das Kriterium. (Überarbeitet nach dem Diskussionsstand vom 13. 7. 2021. Einiges ist von unten ist hierherkopiert.)
Voraussetzungen.Anwendung nur möglich auf 10-Karten-Blätter, für die gilt, dass es keine Findung gibt, die das jeweilige Blatt in optimaler Weise zu einem Farb- oder Grandspiel machen. (optimal heißt bei mir immer: nach dem Erwartungswert.)
Außerdem ist für das zu untersuchende Blatt Folgendes zu prüfen: Betrachte für das Kandidatenblatt alle möglichen Findungen, die das Blatt NICHT in einer Weise verstärken, so dass es in optimaler Weise ein Null Ouvert ist. Sei P(N) die mittlere Wahrscheinlichkeit, nach solchen Findungen den Null zu gewinnen, und P(NH) die Wahrscheinlichkeit, das 10-Karten-Blatt als Null Hand zu gewinnen.
Gilt P(N) <= P(NH), so ist das Kriterium "positiv", bestätigend, affirmativ: Besteht ein Blatt den Folgenden Test, ist Null Hand das optimale Spiel dafür, solange nichts weiter bekannt ist.
Gilt P(N) >= P(NH), so ist das Kriterium "negativ": Besteht ein Blatt den Test NICHT, kann es sich nicht um einen optimalen Null Hand handeln.
Es existiert die Vermutung, dass nur P(N) <= P(NH) gilt, oder zumindest allermeistens gilt. Die Entscheidung, was davon gilt, muss geschätzt werden, berechnen lässt es sich nicht oder so gut wie nicht.
Kriterium.Das Kriterium ist der Test, ob das Blatt folgende Ungleichung erfüllt.
P(NH) >= 2/3 + (46(n + k*(3*P(NO) - 2)))/(36*231 + 69*(n + k)).
Zeichen:
P(NH) ~ Siegwahrscheinlichkeit im Spiel Null Hand
P(NO) ~ mittlere Siegwahrscheinlichkeit im Spiel Null Ouvert über alle Findungen, so dass das Blatt ein verlierbarer, aber optimaler Null Ouvert ist
n ~ Anzahl der möglichen Findungen, die das Spiel zum sicheren Null Ouvert machen
k ~ Anzahl der möglichen Findungen, die das Spiel zum verlierbaren Null Ouvert machen, der aber noch besser als der Null ist (also optimal ist).
Bemerkungen.Dabei lässt sich die Zahl n immer genau bestimmen, k und P(NO) lassen sich in vielen Konstellationen gut theoretisch bestimmen. Von ihnen erhält man eine untere Schranke für die Siegchance des Null Hand, die für unberechenbar gehalten werden darf und geschickt eingeschätzt werden muss, hier helfen Erfahrung und so vorhanden empirische Erhebungen. Obwohl P(NH) sich nur schätzen lässt, kann die Entscheidung, ob der Test bestanden ist oder nicht, trotzdem klar ausfallen.
Anzumerken wäre noch, dass hier eine "klassische" Punkteabrechnung zu Grunde gelegt wird, also keine Seeger-Punkte. (Für Seeger-Punkte lässt sich ein analoges Kriterium aufstellen, das habe ich unten ergänzt.)
Woher kommt die Formel? - Ich habe die Idee, für die Abrechnungsformeln Erwartungswerte zu bestimmen einmal recht vollständig ausbuchstabiert, viel mehr Idee steht nicht dahinter - Hat das eigentlich schon jemand ausführlich gemacht und wo?
Idee zur Herleitung. Für den Beweis müssten noch ein paar unwesentliche Rechnungsschritte ergänzt werden, das wichtige ist aufgeführt. Wenn gewünscht, kann ich ergänzen.
Ansatz: Erwartungswert der Punkte, die man auf das Blatt bei Skataufnahme erhält. Hier wird die Tatsache verwendet, dass der Skat das Blatt nur zu einem Nullspiel erweitern kann.
Spielwert(B, X, Skataufnahme) = 1/231 * (Sum(v) 46*(3P_v(NO) - 2) + Sum(v) 46*(3P'_v(NO) - 2) + Sum(v) 23*(3P_v(N) - 2)).
Darin ist B das 10-Karten-Blatt, X die Spielweise (vorstellbar als Ablege-Algorithmus, den man theoretisch vorgeben muss, damit die W-keiten eindeutig sind), die P's sind die Einzelwahrscheinlichkeiten, die von den Skatverteilungen v abhängen. Auf diese Weise kommt jeder Skat vor, für jeden einen Summanden. Es gilt P_v(NO) = 1 für jedes v, da das der Fall der sicheren Null Ouverts ist. Weitere Umformung besteht darin, die Mittelwerte der Einzelwahrscheinlichkeiten herauszuschälen um zu einer Gleichung zu gelangen, in der es nur noch die beiden Mittelwerte der Siegw.-keiten als Unbekannte gibt.
Der weitere Weg ist, die Spielwertformel für Null Hand zu finden:
Spielwert(B, X, NH) = 35*(3P(NH) - 2).
Die Form der Gleichung ist oben ähnlich wiederzuerkennen, dort kommen die entsprechenden Formeln für Null (Ouvert) vor.
Null Hand ist genau dann optimal, wenn
Spielwert(B, X, NH) > Spielwert(B, X, Skataufnahme)
gilt. Davon ausgehend und mit Hilfe von P(NH) <= P(N) bzw. P(NH) >= P(N) (2 Fälle), wodurch das kaum berechenbare P(N) verschwindet, gelangt man zur obigen Ungleichung.
Folgerungen.Ist das Kriterium für ein Blatt positiv und besteht es den Test, ist bewiesen, dass Null Hand ohne weitere Informationen wie Reizungen das optimale Spiel ist. Es handelt sich dann um einen Natur-Null-Hand. Insbesondere ist dann klar, dass es solche Blätter gibt.
Ist das Kriterium für ein Blatt negativ und besteht es den Test nicht, ist bewiesen, dass es sich nicht um einen Natur Null Hand handelt.
Ist das Kriterium positiv und besteht das Blatt den Test nicht, oder ist es negativ und das Blatt besteht den Test, lässt das keine dieser Schlüsse zu.
Beispiel. (Die Zahlen stimmen nicht, Monsieur hat einen groben Fehler gefunden. Trotzdem wird das Prozedere hier deutlich.)
Position: Vorhand/Mittelhand/Hinterhand.
Es ist festzustellen, dass es keinen Skat gibt, der dem Blatt die besten Aussichten für ein Farb- oder Grandspiel gibt. Zwei Asse genügen dafür beispielsweise nicht, Kreuz und Pikbube sind z.B. ideal und machen den Null gerade unverlierbar.
Finden zum sicheren Null Ouvert:
- eine von 9 reinfinden + König/Ass derselben Farbe oder eine Gute der vierten Farbe oder noch eine reinfinden.
Also n = 9*8/2 + 9*2 + 9 = 72.
Unsichere Null Ouverts : alle, so dass eine Dame zu Dritt stehen bleibt (Siegchance ohne Beachtung*, dass Gegner nicht abwerfen können: P(NO) = 15/19, da: verloren genau dann, wenn 9-10-Bube unter der gehaltenen Dame auf einer Hand(!FALSCH!).) Der Null bräuchte, um dem NO überlegen zu sein, in diesem Fall eine Siegchance von mindestens 52/57 rund 91,2%. Ich will ihm die nicht geben und rechne daher die Verteilungen mit der Dame zu dritt, die stehen bleibt zu den unsicheren NO, die besser als Null sind. Es lässt sich die Rechnung aber auch durchführen, wenn man annimmt, das bei einer Dame zu dritt doch der Null besser ist, etwa unter weiteren Randbedingungen wie der Spielstärke der Gegner kann das die sinnvollere Alternative sein. Der Leser, wie man so sagt, kann das als Probe mal selbst nachrechnen, was dann für eine Bedingung an den Null Hand rauskommt. Das Ergebnis für diesen Fall habe ich unten auch notiert.
Zwei Damen zu dritt wären für den NO schon überzeugender zu schwach und bringt auf lange Sicht sogar eher Minuspunkte.
Finden zum unsicheren NO:
- eine aus 9 reinfinden + eine aus 9 schlechten (zweimal König/Ass und in der 4. Farbe Ass/K/D/B/10)
- zwei gute in der 4. Farbe.
k = 9*9 + 5 = 86.
Ich schätze, dass hier P(N) <= P(NH). Denn: - in P(NH) sind die zahlreichen unverlierbaren Verteilungen dabei, in P(N) nur solche, in denen man schlecht findet und genau diese Karten auch wieder drückt und schließlich doch den sogenannten Guck-Hand spielt. Das Kriterium ist positiv.
Anwenden des Kriteriums:
P(NNH) >= 167024/182571 rund 91,5% müssen wir dem Null Hand geben, , sogar leicht mehr wegen *.
Ergebnis, wenn eine einzige gehaltene Dame schon als NO schwächer als das verdeckte Nullspiel beurteilt wird:
P(NNH) >= 338/369 rund 91,6%.
Es muss noch entschieden werden, ob das Kriterium positiv oder negativ ist: ich glaube, dass es in beiden Fällen (1. Fall: k=86, 2. Fall k=0) positiv ist, dass also P(N) <= P(NH) gilt, eben weil die 72 unverlierbaren Verteilungen nicht in die Chance von P(N) einfließen und die aber auch vortelihaft für den Null Hand (auch wenn keine der 72 diesen von vornherein unverlierbar macht) sind.
Ich bin allerdings nicht bereit, dem Blatt diese 91,5% zu geben, der Versuch ist hier meines Erachtens gescheitert, einen optimalen Null Hand zu finden. Es ist aber damit auch nicht auszuschließen, dass es einer ist, das müsste man sich dann näher ansehen. Das Beispiel demonstriert immerhin die Vorgehensweise.
Wer das Kriterium als negativ ansehen möchte, hat immerhin zum Ergebnis, dass es sich nicht um den Natur-Null-Hand handeln kann.
Kritik.Hauptsächlich kritisiert worden ist der zu theoretische Zugang, es ist zu beweifeln, dass man viele Anwendungen hieraus gewinnt. Schon fraglich ist, ob der eventuell mal gefundene optimale Null Hand tatsächlich als Hand gespielt wird, oder ob man praktisch nicht doch in den Skat schaut, um Null Ouvert zu spielen und im Zweifel Null, wenn die Reizung es erlaubt.
Wichtig ist zu sehen, dass die Ungleichung P(N) >= P(NH) bzw. umgekehrt die einzige Abschätzung ist, die in der Herleitung des Kriteriums auftaucht, in Fällen wie dem Beispiel, die keinen Schluss zulassen, muss geprüft werden, wie groß der Fehler dieser Abschätzung (also die Differenz |P(N) - P(NH)|) ist, um zu sehen, ob sich nicht doch eine Aussage treffen lässt.
Ergänzung: mit Seegerpunkten.Mit den 50 Punkten für gewonnene/verlorene Spiele lässt sich jede dieser Rechnungen genauso durchführen. Da die Abrechnungsformeln nun andere sind, muss das ganze Prozedere getrennt von dem obigen angewendet werden, Selbst die Beurteilung von P(N) <= P(NH) oder P(N) >= P(NH) muss im Allgemeinen getrennt erfolgen. Die Zahl n ist allerdings immer dieselbe. Die Zahl k nicht zwingend, in diesem Beispiel muss der Null bei Seegerpunkten nur 84% haben, um bei der einen gehaltenen Dame stärker als der NO zu sein, wodurch k=0 hier wesentlich naheliegender und überzeugender ist. Die Ungleichung hier lautet:
P(NNH) >= (238kP(NO) - 46k + 192n + 24 * 231)/(36 * 231 + (n + k) * 169).
für das obige Beispiel mit n = 72 und k = 0 ergibt das rund P(NNH) >= 90,2%.