Genial? Egal? Leichtsinnig?

gestellte Kartenverteilungen und Lösungen

Genial? Egal? Leichtsinnig?

Beitragvon Chevalier » 28. Mär 2011 11:05

Eine sehr guter Spieler (hat auch schon in diesem Forum Beiträge geschrieben) sitzt gestern am zweiten Tag der LV-EM im gesetzten Feld an Tisch 1 und kriegt in VH dieses Monster:

krbu pibu hebu kabu kras kr10 kr08 pias pi10 pi08

Grand Hand Schneider angesagt.

Ich denke es ist logisch, dass man den sofort abkürzen könnte, die GP kriegt maximal 30 Augen. Aber VH wollte unbedingt spielen und spielte folgende Karten in folgender Reihenfolge ab:

1. kabu pi09 kr09
2. krbu rot-rot (d.h. Klein Karo oder Klein Herz)
3. pibu rot-rot
4. hebu rot-rot
5. kr10 kr07 und rot
6. pi10 rot und pi07

Läuft alles nach Plan oder hat VH ein Problem und wenn ja welches?
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Beitragvon Skatfuchs » 28. Mär 2011 11:57

Hallo,

aus dem bisherigen Spielverlauf ist ersichtlich, dass MH Pik blank hat und HH Kreuz.
Der Skat ist dem AS unbekannt, er hat auch alle Buben gezogen. um die GS möglichst zum Pik- und Kreuzabwurf zu verleiten.
Es kann bei der Konstellation nun passieren, dass ein Kreuz- oder Pikbild im Skat liegt und damit einer der beiden GS bei den letzten beiden Stichen nur noch zwei Volle auf der Hand hält und der andere den krko oder piko und ein weiteres Volles.
Damit kommen die GS aus dem Schneider, wenn VH die falsche Farbe im 9.Stich wählt! :oops:
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Wer sich nach Regeln ängstlich richtet und hinter die Schablone flüchtet, den weihte nie mit seinem Kuß des Skates höchster Genius!
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Beitragvon Chevalier » 28. Mär 2011 12:35

Skatfuchs schreibt: aus dem bisherigen Spielverlauf ist ersichtlich, dass MH Pik blank hat und HH Kreuz.

Ist das wirklich ersichtlich?

Es kann bei der Konstellation nun passieren, dass ein Kreuz- oder Pikbild im Skat liegt

Meinst Du allgemein Bild (Dame?), oder meinst Du nur König? Was könnte denn passieren, wenn eine schwarze Dame liegen würde?

:roll:
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Beitragvon mingerhbs » 28. Mär 2011 13:35

Chevalier hat geschrieben:Was könnte denn passieren, wenn eine schwarze Dame liegen würde?

:roll:

ich denke, der fuchs hat hier die wesentlichen knackpunkte genannt.
ne kleinigkeit füge ich mal noch hinzu:

annnahme:
links: krko krda heas heko rechts: piko he10 kaas ka10
und der as am ausspiel mit kras kr08 pias pi08
7. kras krko ! ka10 mh legt den könig, um dem as keine aufschlüsse über den kreuzstand zu geben
8. pias heko piko nun steht der as etwas hilflos da, und muss die richtige farbe treffen. der sitz des letzten herzbildes lässt ja ebenso keine weiteren rückschlüsse zu

genial (aus sicht der gs) wäre, wenn statt der pikdame der pikkönig liegen würde .. und der as aufgrund der zugabe des kreuzkönigs (stich 7), im 9ten genau die falsche farbe wählt.
gruß minger
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Beitragvon Chevalier » 28. Mär 2011 13:43

genial (aus sicht der gs) wäre, wenn statt der pida der piko liegen würde .. und der as aufgrund der zugabe des kreuzkönigs, im 9ten genau die falsche farbe wählt.

Volltreffer Minger! Das ist der "Genial-Teil" in der Überschrift. :D

Findet auch jemand Argumente für den "Egal-Teil"?
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Beitragvon mingerhbs » 28. Mär 2011 21:40

ich probiers mal

solange ein rotes NICHT-volles neben einer schwarze karte liegt, und jeder gs mindestens einen vollen hat, ist es egal welche schwarze karte im 9ten den stich macht. -32 augen sinds dann trotzdem noch.

?
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Beitragvon Chevalier » 28. Mär 2011 22:06

Mit dem "egal" meinte ich was anderes, nämlich egal ob man die 4 Buben vorzieht oder nicht: Ein ebenfalls sehr guter Spieler, der ebenfalls auch schon mal hier was geschrieben hat, meinte nämlich nach dem Spiel, als er davon hörte, der Vortrag sei zwar "leichtsinnig" gewesen, das sei aber praktisch "egal", weil die kritische Konstellation sich praktisch so nie ereignen würde. Was könnte er gemeint haben?

Unser leichtfüßiger Grandspieler hat sein Spiel übrigens gewonnen, weil sie die Zauberei nicht fanden. Es lagen glaube ich eine rote 10 und ein schwarzes Bild. :lol:
Er belegte am Ende Platz 2. Den Titel hat er vielleicht in der vorletzten Serie verspielt, als er gleich am Anfang 1:3 und danach 2:4 stand und am Ende der Serie zwar noch mit einem blauen Auge davon kam, aber vor der letzten Serie etwa 400 Punkte Rückstand auf Platz 1 hatte und das nicht mehr aufholen konnte. 8)

Dennoch Glückwunsch zum Vizetitel und zur Quali.
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Beitragvon Ferdinand » 29. Mär 2011 01:15

mingerhbs hat geschrieben:genial (aus sicht der gs) wäre, wenn statt der pikdame der pikkönig liegen würde .. und der as aufgrund der zugabe des kreuzkönigs (stich 7), im 9ten genau die falsche farbe wählt.


Es ist ja wohl klar, daß weder die Zugabe einer scharzen Dame noch eines schwarzen Königs irgendetwas aussagt, da aus Sicht des AS einerseits das jeweils zweite Bild im Stock liegen kann, und es andererseits, sollte es nicht im Stock liegen, bei diesem Spielverlauf auf den einen Punkt für die Gegenspieler nicht ankommt, so daß Dame und König aus Sicht des GS, der beide führt, gleichwertig sind.

Chevalier hat geschrieben:Mit dem "egal" meinte ich was anderes, nämlich egal ob man die 4 Buben vorzieht oder nicht: Ein ebenfalls sehr guter Spieler, der ebenfalls auch schon mal hier was geschrieben hat, meinte nämlich nach dem Spiel, als er davon hörte, der Vortrag sei zwar "leichtsinnig" gewesen, das sei aber praktisch "egal", weil die kritische Konstellation sich praktisch so nie ereignen würde. Was könnte er gemeint haben?


Was immer er gemeint haben kann, er ist durch mingerhbs widerlegt.

Die ersten sechs Stiche kann besagter Spieler ja kaum gemeint haben, denn die haben sich ja offenbar tatsächlich so ereignet. Die Restkartenverteilung von mingerhbs ist auch nicht praktisch unvereinbar mit dem Verlauf der ersten sechs Stiche, und mit geringen Änderungen ( z. B. heko und he10 vertauscht) auch sicher nicht mal unwahrscheinlich. Und wenn die Restkarten so stehen, dann ist auch der weitere Spielverlauf, wie von mingerhbs geschildert, nicht unplausibel.
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Beitragvon Chevalier » 29. Mär 2011 10:31

Die Meinung war sinngemäß: Wenn jemand ein Bild zu zweit hat, von dessen Farbe bereits im ersten Stich eine Lusche weg geflogen ist, dann wird sich der Spieler (bei einer Schneideransage!) in der Folge höchst wahrscheinlich eher von diesem augescheinlich wertlosen Zweier trennen als von anderen Farbkombinationen, die eher einen Stich versprechen. Und hier komme ganz besonders dem vierten Buben eine Bedeutung zu. Wenn der gespielt wird, müssen beide GS eigentlich davon ausgehen, dass der AS nur einen einzigen Stich abgibt und auf schwarz spielt (wobei er auf einen falschen Abwurf spekuliert). Also wird die Zweier-Kombi damit (scheinbar) noch wertloser als sie schon war. Der sehr gute Spieler meint also, dass die Zweier-Kombi mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dem 9. Stich aufgelöst wird.

Ich finde die Begründung nicht schlecht, weiß aber, dass der Grandspieler diese Idee nicht auf der Pfanne hatte (er hat ja seinen Leichtsinn zugegeben).
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Beitragvon Ferdinand » 29. Mär 2011 11:09

Meines Erachtens ein geradezu klassischer logischer Fehlschluß. Es wird eine Alternative zwischen mehreren Möglichkeiten aufgebaut. Dann wird begründet, warum einige dieser Möglichkeiten unwahrscheinlich sind. Daraus wird dann "geschlossen", daß die verbliebenen Möglichkeiten um so wahrscheinlicher sind. In Wahrheit lassen sich aber genauso gute Argumente aufführen, warum auch die zunächst nicht betrachteten Möglichkeiten ebenfalls unwahrscheinlich sind.

Dieser Trugschluß ist im englischen Sprachraum auch als "prosecutor's fallacy" bekannt. (Ein deutscher Fachausdruck ist mir leider nicht bekannt.)

Im vorliegenden Fall muß man entgegenhalten, daß gerade unter Berücksichtigung des Arguments, daß der AS aus Sicht der GS vermutlich nur einen Stich abgibt, für den GS beispielsweise alle Karokarten inklusive der ka10 völlig wertlos erscheinen und beigegeben werden können, sofern er das kaas hat. Es ist also keineswegs unwahrscheinlich, daß im 7. Stich die ka10 beigegeben wird, denn sie erscheint dem GS schon auf den ersten Blick wertlos, wogegen das schwarze Bild erst nach kurzer Überlegung als scheinbar ebenfalls wertlos zu erkennen ist.
Zuletzt geändert von Ferdinand am 29. Mär 2011 11:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Chevalier » 29. Mär 2011 11:41

Sehr überzeugend, Ferdinand. Ich kannte das Phänomen noch nicht, werde mich aber ran-googlen. :D

Ich fand die Konstruktion auch etwas "konstruiert". Man kann ihr folgen, aber man kann - das wurde ja gezeigt, besonders auch von Dir - auch ganz anders argumentieren.

Jedenfalls ist der Grandspieler ziemlich blaß geworden, als er nach dem 6. Stich merkte, dass er irgendwie doch noch verlieren konnte. Er hat geschaut wie jemand, der gerade eine schreckliche Endzeit-Vision hatte... :shock:
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