Seid doch mal vernünftig!

Alles, was nicht in eine andere Area passt.

Seid doch mal vernünftig!

Beitragvon grunzquiek » 16. Mai 2019 20:26

Vorsicht, der folgende Text ist ziemlich lang und nicht unbedingt amüsant! :!:

Jaja, ich weiß, ihr seid schon alle unheimlich vernünftig, aber vielleicht nicht in dem Sinne, den ich gerade meine. Ich unterscheide zwischen objektiver und subjektiver Vernunft.*

Objektiv vernünftig: Das, was man tut, weil es allgemein für vernünftig gehalten wird, es hat oft mit Geld zu tun. Kosten, Nutzen und Risiken werden abgewägt, wobei Gefühle wie Freude oder Ärger normalerweise nebensächlich sind.

Subjektiv vernünftig: Ein möglichst hoher Überschuss der Freude über den Ärger oder allgemein angenehme Gefühle bei Einhaltung von Notwendigkeiten sind maßgeblich.

Ein einfaches Beispiel:

Objektive Vernunft: Ich kaufe ein Auto, das mich möglichst kostengünstig und ausreichend bequem von A nach B befördert.

Subjektive Vernunft: Ich kaufe ein Auto, bei dem ich mich schon freue, wenn ich es sehe, weil ich mich über das schöne Auto mehr freuen kann, als über eine Zahl auf meinem Kontoauszug. Noch vernünftiger: Ich setze einen Eisbären auf den Rücksitz (natürlich ordentlich angeschnallt), der mich schon fröhlich anlächelt :) , wenn ich mich dem Auto nähere. Wenn dann jemand fragt, wie dort ein Plüschtier hinkommt, obwohl ich weder Kinder noch Enkel habe, dann sage ich ihm, dass ich schon im Bereich des Altersinfantilismus sei. Das hat er eh schon vermutet. :stupid:

Bei dem Beispiel ist für mich klar: Subjektive Vernunft (Freude) schlägt objektive Vernunft (Kosten)! Bei jemand anderem kann es ganz anders sein: Wenn er sich über eine schöne Zahl auf seinem Kontoauszug mehr freuen kann als über ein Auto, dann ist für ihn die subjektive Vernunft das gleiche wie die objektive Vernunft.

Das war jetzt mal ein Luxusproblem, weil viele Leute nach Abzug der Lebenshaltungskosten nicht so viel oder garnichts übrig haben, als dass ihnen solche Gedanken kommen könnten. Das finde ich in der aktuellen Ausprägung nicht in Ordnung. Meiner Meinung nach sollten die Einkommensunterschiede drastisch verringert werden, weil viele Menschen beispielsweise mangels angeborener Begabung nur wenig verdienen können, und man ihnen deswegen nicht den Vorwurf des Selbstverschuldens machen kann. Auch sollte dafür gesorgt werden, dass Nichtleister ein finanziell auskömmliches Leben haben, weil es für mich nicht gerecht ist, dass reiche Nichtleister in Saus und Braus leben können, während arme Nichtleister beim Ende des Geldes noch eine Menge Monat übrig haben.

Diese Einstellung ist im Sinne einer Maximierung des Gesamterfolges der Volkswirtschaft vielleicht nicht objektiv vernünftig, aber sie ist subjektiv vernünftig, weil sie mir das angenehme Gefühl gibt, ein guter Mensch zu sein :engel: . Dabei bin ich aber mittlerweile tolerant (damit bin ich sogar ein noch besserer Mensch), weil ich niemandem einen Charakterfehler unterstelle, nur weil er anderer Meinung ist.
Manche Leute beackern lieber die Themen Klima, Migranten oder Feminismus, weil sie sich dabei als gute Menschen fühlen, aber das liegt mir nicht so, unter anderem weil es dabei nach meiner Einschätzung allzu arg an objektiver Vernunft mangelt. Diesen guten Menschen würde etwas mehr Toleranz auch gut zu Gesicht stehen.

Aber jetzt zu einem Thema, mit dem die meisten von euch schonmal zu tun hatten:

Das Skatspiel! :D

Beim objektiv vernünftigen Spiel kommt es nur darauf an, möglichst viele Punkte zu erhalten oder möglichst viel Geld zu gewinnen / möglichst wenig zu verlieren. Dabei gibt es einen geringen oder garkeinen Überschuss der Freude über den Ärger.
Beispiele:
- gute Karten, aber jemand reizt höher und das Verlustrisiko beim Weiterreizen ist unwirtschaftlich, es wird gepasst (geringer Ärger)
- Spiel gewonnen, aber das war eh zu 89,743 % wahrscheinlich (geringe Freude)

Beim subjektiv vernünftigen Spiel kommt es in erster Linie darauf an, einen möglichst hohen Überschuss an Freude über den Ärger zu haben. Dabei gibt es ein höheres Potential an Lustgewinn, aber es ist schwierig, dafür den richtigen Weg zu finden.
Beispiele:
- "So, dem hab ichs jetzt aber mal gezeigt, so hoch wie der kann ich schon lange reizen. Verloren, aber das war eh klar bei ner Chance vom 1-20 %"; (Freude und Ärger) :twisted:
- "Juhuuu, ich hab gewonnen, da gucken die aber doof, die hätten sich das nicht getraut"; (große Freude) :freude:
- Oder, das ist bei mir öfter der Fall: "Das hätte ich wohl gewonnen, wenn ich gereizt hätte, aber das hätte auch schief gehen können. Aber das ist besser so, wenn's schief gegangen wäre, hätte ich mich schwarz geärgert"; (neutral)

Zu berücksichtigen wäre dabei noch der Effekt bei der Endabrechnung. Der ist bei objektiv vernünftigem Spiel in jeder Hinsicht besser.

Mir ist schon vor etlichen Jahren der Gedanke gekommen, dass mal jemand eine Methode zum subjektiv vernünftigen Skatspiel zwecks Lustoptimierung entwickeln könnte. Dann könnte man nebenbei ein kleines Programm starten, das einem nach Festlegung und Gewichtung der persönlichen Präferenzen aufgrund einer Datenbank mit den Wahrscheinlichkeiten nach Erfahrungswerten den optimalen Reizwert und das zu wählende Spiel (ein knapp gewonnener Wackelgrand bringt gefühlsmäßig 10-mal so viel, wie ein sicheres Farbspiel) anzeigt. Ich persönlich lehne Zahlen und Datenbanken eher ab, weil ich mich in einem früheren Berufsleben zu viel damit beschäftigt habe, aber es gibt ja Leute, denen sowas Spaß macht. Der Nachteil dabei: Wenn man das so ernsthaft aufbereitet, macht das Spielen vielleicht doch nicht mehr so viel Spaß. :(

* Ich habe dazu noch das allwissende google befragt: Die Begriffe "subjektive Vernunft" und "objektive Vernunft" wurden schon verschiedentlich von irgendwelchen Leuten verwendet. Der philosophische Kram ist mir zu abgehoben, ich meine damit etwas anderes, eher küchenpsychologische Hausmannskost.

Tschüs!
Subjektiquieck
"Es gibt so Tage, da wehen einen die Urfragen der Menschheit an.
Was ist der Mensch? Wo kommt er her? Und warum ist er nicht dort geblieben?"

(Matthias Beltz, Skat- und Bierforscher, Autor, Jurist, Kabarettist)
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