Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Skatfreund » 1. Mär 2017 18:32

Hallo,

normalerweise bin ich in dieser Rubrik nicht aktiv und nur stiller Mitleser, weil ich keine Liga und nur noch sehr selten an Turnieren teilnehme. Bei Streitfällen in unserer Cent-Skat-Runde einigen wir uns bisher relativ schnell sowie unkompliziert und es wird auch meiner Meinung nach "im Sinne des Spiels" entschieden.

Dennoch würde mich die Entscheidung über folgende Situation interessieren, welche sich tatsächlich beim letzten "lustigen" Abend so zugetragen hatte.
Vorweggenommen bereits unsere Entscheidung: Wir haben das Spiel nicht gewertet, ein (weiteres) Bier getrunken und über die Situation geschmunzelt. :bia:


Also, folgender Sachverhalt:

MH reizt mit folgendem Blatt bis 120:

krbu pibu hebu kabu kr10 pias pi07 pi08 kaas ka08 ka07

VH hält und bekommt das Spiel. Er nimmt den Skat auf und sagt einen Grand an. :o
Aufspiel: kr07 :rolleyes:

Eigentlich nicht von Belang, aber MH sagt "Kontra", VH "Re" und klärt dann direkt die Situation auf:

Wie vielleicht aufmerksame Leser schon gesehen haben, hat MH 11 Karten, denn beim Aufnehmen seiner Karten hatte er sich versehentlich eine Karte von HH geklaut, womit dieser nur 9 Karten hat. Dieser hatte dies auch nicht bemerkt, da er sich bei seinem sehr durchwachsenen Blatt und dem rasanten Reizvorgang seine Karten gar nicht mehr genau angeschaut hatte. Nur VH hatte dies beobachtet und sich nun einen Spaß daraus gemacht. Er als Alleinspieler hatte nun als einziger die richtige Kartenanzahl.

Meine Frage nun, wie müsste das Spiel gewertet werden? Meiner Meinung nach hat doch VH sein eigentlich nicht gewinnbares Spiel gewonnen, weil richtig gegeben wurde, der Reizvorgang abgeschlossen war und VH seine Spielansage getätigt hatte. Damit ist ein gültiges Spiel entstanden und die Gegenpartei hatte die fehlerhafte Kartenanzahl. Oder habe ich hier etwas übersehen? Leider bin ich -wie bereits erwähnt- nicht (mehr) ganz so sattelfest in Regelfragen.

Gruß
Skatfreund

P.S.: Ich hoffe, dass dieser oder ein sehr ähnlicher Sachverhalt hier nicht schon behandelt wurde. Sollte dies der Fall sein, so wäre ich für einen kurzen Verweis (Link) dankbar.
The trend is your frind!
Skatfreund
 
Beiträge: 167
Registriert: 8. Apr 2013 16:21

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon mr.kite » 1. Mär 2017 18:42

Dieser Fall wurde mit Sicherheit schon öfter behandelt hier. Im Sinne der Regeln hat VH hier seinen Grand gewonnen (ohne Contra und Re freilich, die gibts nämlich nicht in den Regeln...). Grund ist wie Du richtig dargestellt hast, dass VH die einzige Partei mit korrekter Kartenanzahl ist.

MH sollte doch irgendwann mal jenseits der 60 mitkriegen, dass da irgendwas komisch ist. Das bringt ihm zwar sein schönes Spiel nicht wieder, aber zumindest verhindert er dass VH sich seines erschleicht.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6834
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Skatfreund » 1. Mär 2017 19:18

Hallo mr.kite,

danke für deine schnelle Antwort. Ich habe es mir schon fast gedacht. :ja:

Mein Hinweis auf "Contra, Re" sollte die Sache etwas ausschmücken, natürlich gibt es dies im Spielbetrieb und Turnierbereich nicht. 8)

Gruß
Skatfreund
The trend is your frind!
Skatfreund
 
Beiträge: 167
Registriert: 8. Apr 2013 16:21

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon marvin » 6. Mär 2017 20:25

Das wirkt gerade wie eine Fortsetzung dieses Threads:
http://www.32karten.de/forum/viewtopic.php?f=2&t=11595

Nach Skatordnung wäre im hiesigen Fall auf Spielgewinn für VH zu entscheiden. Begründung: Die falsche Kartenverteilung wird erst nach Spielansage festgestellt, nur die GP hat eine falsche Kartenverteilung, also hat VH sein Spiel gewonnen. Zu prüfen wäre allenfalls noch, ob das von VH angesagte Spiel ohne Regelverstoß überhaupt gewinnbar ist, selbst bei schlechtestmöglichem Gegenspiel. Das würde ich als SR mal durchrechnen, und ggf. in Analogie zu 5.4.3 auf Spielverlust entscheiden (auch wenn der Paragraph nicht wörtlich anwendbar ist, da dort von einer "höheren Gewinnstufe" die Rede ist). Wenn VH nur Luschen auf der Hand hat, soll er mir was anderes erzählen. Im Zweifelsfall bemühe ich wieder 4.5.2.

Und nun kommt der Advocatus Diaboli: Selbst wenn VH einen theoretisch gewinnbaren Grand hat, so ist doch wohl offensichtlich, dass VH die falsche Kartenzahl der GP ausnutzt. Und habe ich nicht im oben genannten Thread gesagt, dass ein solches Ausnutzen einen ungebührlichen Vorteil darstellt, der nicht im Sinne der Skatordnung ist? Datüber muss ich nochmals nachdenken.

Korrektes Verhalten von VH wäre gewesen, während des Reizens auf die fehlerhafte Kartenverteilung hinzuweisen (wenn er sie schon bemerkt hat, was ja sehr ungewöhnlich ist). Dann wird die Verteilung korrigiert, MH und HH sind vom Reizen auszuschließen und VH kann frei entscheiden, ob er für 18 spielen will oder lieber einpassen. Wenn spielen, dann aber mit allen Konsequenzen! Oder ist nur MH vom Reizen auszuschließen und HH darf bei 18 das Reizen eröffnen? Auch darüber muss ich nochmals nachdenken...
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Kantholz » 7. Mär 2017 12:08

Die Analogie zum vom marvin genannten Bezugsbeispiel ist mit bloßen Händen zu greifen.
Ändere ich die Karten von HH auf einen GHS

klkrbu klhebu klkabu klkras klkr10 klkrko klkrda klkr09 klpi07

und die von VH auf ein plausibles Kreuz ohne 11

klpias klpi10 klpi09 klpi08 klheas klhe10 klhe09 klhe08 klkaas klka10
Findung: pibu kr07

könnte man VH noch nicht mal Absicht bzw. Kenntnis der unrichtigen Kartenverteilung vor Beendigung des Reizens unterstellen.

Und nun?

Im Ausgangsfall (wie auch in meinem Beispiel) verstöße ein Sieg des AS mit einem nicht gewinnfähigen Blatt gegen gegen

"Geist und Buchstaben"

der Regeln (Verträge, Vereinbarungen, wie im täglichen Leben übliche Sichtweise), wöllte man hier Grand. Gewonnen, mit 120
ansetzen.

Geist und Buchstaben erfüllen würde bedeuten, dass auch nach Beendigung des Reizens ein Schiri ein Spiel ohne Berücksichtigung der Reizhöhe nach Plausibilitätsgrundsätzen festlegt, notfalls Karo- Einfach.
Denn die Reizgebote der GP können bei unrichtiger Kartenverteilung niemals real sein !
Benutzeravatar
Kantholz
 
Beiträge: 1497
Registriert: 19. Okt 2005 09:15

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon John » 9. Mär 2017 11:58

Als eigentliches Problem sehe ich, dass sowohl Marvin wie auch Kantholz und vorher schon Mrkite mit ihren Ausführungen absolut Recht haben. Was die sowieso schon schwierige Fallkonstellation eben noch schwieriger macht.

Denn es gibt jetzt in so einem Extremfalle nur zwei Möglichkeiten.

Augen zu, nach der "korrekten" Buchstabentreue entscheiden, ignorieren, dass man sich damit auf den schmalen Grat begibt, ob hier Regeltreue um der Regeltreue wieder alle Vernunft durchgesetzt wird oder
das Regelwerk und seine Umsetzung bewusst der Lächerlichkeit preisgibt. Oder aber schlicht und einfach erkennen, dass es einfach Situationen gibt, die mit den Buchstaben des Regel- und Entscheidungswerkes nicht mehr genau zu lösen sind und Schiedsrichter bewusst mit der Möglichkeit zu kreativen Entscheidungen auszustatten. Es ist wohl von allen, die hier diskutieren, bekannt, wie sie zu dieser Frage stehen.

Marvin, bezüglich deiner Denkprozesse. Folgt man den hier schon über Cleverness geäußerten Gedanken, dann ist es eben absolut legitim, Fehler auszunützen. Und seine Karten nicht nachzuzählen, ist nun einmal ein Fehler. Andererseits ist es richtig, dass es eben trotzdem nicht im Sinne der ISKO ist, nämlich genau wegen des 4.5.2. Hält man aber diesen für den unwichtigsten, anstatt ihm den Rang des wichtigsten zuzugestehen, dann ......................... ist eben die Entscheidung doch im Sinne der ISKO.

Da hilft aber nun Nachdenken auch nicht weiter, denn die Fakten sind glaube ich klar. Da hilft nur ein Entscheiden und ein sich bewusst sein, welche Linie mit der Entscheidung verfolgt wird. Sieht man die Alternative (eben die Anwendung des 4.5.2.) nicht oder sperrt sich gegen seine Anwendung, dann hat man für sich die Entscheidung schon getroffen. Und ist dafür verantwortlich, wenn man sie als entscheidungsbefugte Instanz trifft!
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon John » 9. Mär 2017 11:58

Als eigentliches Problem sehe ich, dass sowohl Marvin wie auch Kantholz und vorher schon Mrkite mit ihren Ausführungen absolut Recht haben. Was die sowieso schon schwierige Fallkonstellation eben noch schwieriger macht.

Denn es gibt jetzt in so einem Extremfalle nur zwei Möglichkeiten.

Augen zu, nach der "korrekten" Buchstabentreue entscheiden, ignorieren, dass man sich damit auf den schmalen Grat begibt, ob hier Regeltreue um der Regeltreue wieder alle Vernunft durchgesetzt wird oder
das Regelwerk und seine Umsetzung bewusst der Lächerlichkeit preisgibt. Oder aber schlicht und einfach erkennen, dass es einfach Situationen gibt, die mit den Buchstaben des Regel- und Entscheidungswerkes nicht mehr genau zu lösen sind und Schiedsrichter bewusst mit der Möglichkeit zu kreativen Entscheidungen auszustatten. Es ist wohl von allen, die hier diskutieren, bekannt, wie sie zu dieser Frage stehen.

Marvin, bezüglich deiner Denkprozesse. Folgt man den hier schon über Cleverness geäußerten Gedanken, dann ist es eben absolut legitim, Fehler auszunützen. Und seine Karten nicht nachzuzählen, ist nun einmal ein Fehler. Andererseits ist es richtig, dass es eben trotzdem nicht im Sinne der ISKO ist, nämlich genau wegen des 4.5.2. Hält man aber diesen für den unwichtigsten, anstatt ihm den Rang des wichtigsten zuzugestehen, dann ......................... ist eben die Entscheidung doch im Sinne der ISKO.

Da hilft aber nun Nachdenken auch nicht weiter, denn die Fakten sind glaube ich klar. Da hilft nur ein Entscheiden und ein sich bewusst sein, welche Linie mit der Entscheidung verfolgt wird. Sieht man die Alternative (eben die Anwendung des 4.5.2.) nicht oder sperrt sich gegen seine Anwendung, dann hat man für sich die Entscheidung schon getroffen. Und ist dafür verantwortlich, wenn man sie als entscheidungsbefugte Instanz trifft!
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon marvin » 9. Mär 2017 22:10

Drei Tage lang wollte ich zwar nicht nachdenken, aber früher bin ich nicht dazu gekommen...

Wenn ich als SR zu einem solchen Fall gerufen würde, dann würde mir das VH Blatt ansehen. Komme ich dann zu dem Ergebnis, dass sein Spiel ohne Regelverstoß der GP ungewinnbar ist, dann würde ich schlussfolgern, dass er während des Reizens bereits die falsche Kartenverteilung gewusst hat. Ansonsten macht sein Reizen überhaupt keinen Sinn. Dann aber wäre es seine Pflicht gewesen, den Regelverstoß sofort zu reklamieren - er hätte noch während des Reizens korrigiert werden können, wie in meinem vorherigen Beitrag beschrieben.

Er tut das aber nicht, sondern spekuliert darauf, dass die falsche Kartenverteilung erst nach Beendigung des Reizens erkannt wird und er dann einen ansonsten ungewinnbaren Grand gutgeschrieben bekommt. Das ist aber ein Fall für 4.5.2., weswegen ich die Spielansage Grand nicht akzeptiere. Vielmehr wird die Kartenverteilung korrigiert und VH muss entscheiden, ob er für 18 spielen oder einpassen will.

HH würde ich auch nicht an der Neuauflage des Reizens teilnehmen lassen, da er auch seiner Verpflichtung, die Kartenzahl zu prüfen, nicht nachkam und somit Mitverursacher der Situation ist. Hätte er dagegen vor Beendigung des Reizens reklamiert, nur 9 Karten zu besitzen, dann hätte er eine Karte von MH bekommen und nur MH wäre ausgeschlossen worden.
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Taronga » 10. Mär 2017 15:22

marvin hat geschrieben:Wenn ich als SR zu einem solchen Fall gerufen würde, dann würde mir das VH Blatt ansehen. Komme ich dann zu dem Ergebnis, dass sein Spiel ohne Regelverstoß der GP ungewinnbar ist, dann würde ich schlussfolgern, dass er während des Reizens bereits die falsche Kartenverteilung gewusst hat. Ansonsten macht sein Reizen überhaupt keinen Sinn. Dann aber wäre es seine Pflicht gewesen, den Regelverstoß sofort zu reklamieren - er hätte noch während des Reizens korrigiert werden können, wie in meinem vorherigen Beitrag beschrieben.
.....
HH würde ich auch nicht an der Neuauflage des Reizens teilnehmen lassen, da er auch seiner Verpflichtung, die Kartenzahl zu prüfen, nicht nachkam und somit Mitverursacher der Situation ist. Hätte er dagegen vor Beendigung des Reizens reklamiert, nur 9 Karten zu besitzen, dann hätte er eine Karte von MH bekommen und nur MH wäre ausgeschlossen worden.



Unabhängig davon, ob man den Fairnessparagraphen heranziehen kann oder nicht (also unterstellt, dass VH frühzeitig die falsche Kartenverteilung bemerkt hat und (unfair) ausnutzen wollte - m.W. ist man nur verpflichtet, die eigene Kartenanzahl zu prüfen und nicht aufzupassen, ob die anderen die richtige Kartenanzahl haben), wäre bei sofortiger Beanstandung nicht die Kartenanzahl korrigiert, sondern (gem. 3.2.9) neu gegeben worden. Von daher entfallen alle Entscheidungen wegen Reizausschluss. Meiner Meinung nach hätte man im Ausgangsfall auf Spielgewinn AS entscheiden müssen (Abreizen, und das wäre es ja gewesen, ist nach der ISKO nicht durch Spielgewinn oder Spielverlust sanktionierbar).

LG
Taronga
Taronga
 
Beiträge: 918
Registriert: 22. Apr 2008 09:52

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Kantholz » 10. Mär 2017 16:34

das Problem ist, dass ich im vorhandenem Regelwerk keine lösungstechnische Generallinie sehe.

ZB.
VH
klkrbu klhebu klkabu klka10 klkako klkada klka09 klheas klheko klpida klpi09

VH hält 48 und geht bei 50 von MH weg.
MH wird bei 50 AS mit Kreuzhand:

klkras klkr10 klkrko klkrda klkr09 klkr08 klkr07 klkaas klpias klpi08

nach ein paar Stichen ist klar, dass Pikbube liegt und es wird noch die unrichtige Kartenzahl bei den GS festgestellt.

Jetzt will keiner verloren haben

Und nun ?
Benutzeravatar
Kantholz
 
Beiträge: 1497
Registriert: 19. Okt 2005 09:15

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon John » 10. Mär 2017 18:55

Wie sollte denn deiner Meinung nach dann hier die lösungstechnische Generallinie aussehen?

Mmn nach ist dieses Spiel - also das Beispiel von Kantholz - für keine Partei gewinnbar.
Die GS haben die falsche Kartenzahl und der AS hat kein rechnerisch gewinnbares Spiel auf der Hand.
Also eingepasst! Ich denke nicht, dass man da überlegen müsste, welcher "Spielverlustgrund" zeitlich vorher eingetreten ist.
Höchstens, um zwischen eingepasst und neu geben (3.2.9.) zu unterscheiden.

@Taronga: Abgesehen davon, dass ich wie ja schon öfter erwähnt, den Fairnessparagraphen viel genereller sehe wie viele andere hier auch und in diesem Falle ihn jederzeit heranziehen würde, ohne deswegen VH etwas unterstellen zu wollen, stimme ich mit deiner Lösung nicht überein. Geht man nämlich von Abreizen aus, so ist dieses zwar nach der ISKO nicht durch Spielgewinn oder Spielverlust sanktionierbar, wohl aber - in einem berechtigten Ausnahmefall - durch eine Aberkennung des Spielrechtes gegenstandslos zu machen.
Nicht gut ausgedrückt, aber vielleicht gibt es so etwas in einer Entscheidung; oder es sollte eingeführt werden.
Denn genau für solche Fälle dient doch der Fairnessparagraph, meine ich. Um auch nach außen hin den fairen Charakter des Skats zu demonstrieren. Und wenn auch nur die Möglichkeit besteht - bzw. hier die große Wahrscheinlichkeit - dass ein AS mit einem Spiel, das ja mit Skat nun wirklich einmal nichts zu tun hat (ohne genau diese Wendung unangebracht inflationär zu verwenden) , sich bei normalem Skat unmöglich zu erreichende Punkte verschafft, weil er falsches Geben und seine eigene Regelkenntnis
unfair ausnützt, dann sollte genau dieser Imageverlust vermieden werden. Das steht hier über einer etwaigen ebenso vielleicht buchstabentreuen, wie sicher irrsinnigen Auslegung eines eben doch lückenhaften Regel- und Entscheidungswerkes.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Kantholz » 11. Mär 2017 10:43

@John
So einfach sehe ich die Sache nicht.

Klar kann man sagen, dass bei "Ohne" Reizung immer die Gefahr besteht durch Bubenfindung ein theoretisch nicht Gewinnbares an die Backe zu bekommen.

Nicht aber, wenn man das Ursache-Wirkungsprinzip würdigt.

Betrachtet man die 11 VH-Karten, so wird sehr schnell klar, dass wenn ein(e)
-Bube,
-Karo,
-Herzass
also von diesen 8 Karten nur eine Karte entfällt, VH ganz sicher keine 48 halten würde.

Mit anderen Worten, MH bekäme das Spiel in 8 von 11 Fällen für max. 36
Dabei ist noch nicht mal sicher, dass Pikbube bei korrekter Gebweise im Skat läge.

Sicher ist lediglich, dass MH ein Spiel gewonnen haben muss (so er denn reizt)

Die Generallinie wäre auch hier, dass ein Schiri im Streitfall ein Spiel nach Plausibilität ohne Berücksichtigung der Reizhöhe festlegt.

Hier: Kreuzhand, Einfach +36Punkte

Funktionsbeweis:
Hätte der AS die unrichtige Kartenzahl der GS vorher erkannt und Grandhand angesagt , wäre das ebenfalls offensichtlich und in Streit ausgeartet.
Auch hier Schiri: + 36
Benutzeravatar
Kantholz
 
Beiträge: 1497
Registriert: 19. Okt 2005 09:15

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon marvin » 12. Mär 2017 21:15

@ Taronga: Laut Ausgangspost war korrekt gegeben, nur hat MH eine Karte von HH mit aufgenommen:
beim Aufnehmen seiner Karten hatte er sich versehentlich eine Karte von HH geklaut


Demzufolge wird nicht neu gegeben, sondern die Kartenzahl korrigiert und der Spieler, der die Karte eines anderen Spielers aufgenommen hat, wird vom Reizen ausgeschlossen.

Die Frage ist freilich, wie man zweifelsfrei feststellen kann, ob falsch gegeben wurde oder ein Spieler die Karte eines anderen aufgenommen hat. Aber das können wir nicht hier klären - ich orientiere mich einfach an der Fallbeschreibung.

Und zu dem Beispiel von Kantholz: Ich nehme mal an, dass hier der AS die richtige Kartenzahl hat und auch zwei Karten im Skat liegen. Dann würde ich den 5.4.3 anwenden, also für den AS wegen theoretischer Ungewinnbarkeit verloren. Ich sehe noch keinen Grund, warum das nicht richtig sein soll.
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon Kantholz » 13. Mär 2017 10:01

@marvin
wenn bei einer GS- Kartenverteilung von 9/11 (11/9) du den 5.4.3 anwenden willst, wo ziehst du denn da die Reißleine?

Bei 8/12 ?
Oder 7/13 ?
Oder erst bei 0/20 ?
Oder auch da nicht ?
Benutzeravatar
Kantholz
 
Beiträge: 1497
Registriert: 19. Okt 2005 09:15

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon mr.kite » 13. Mär 2017 22:14

Ich empfinde marvins Sichtweise als überzeugend. Ich hoffe dass sich das Skatgericht eines Tages ebenfalls überzeugen lässt. Bis dahin sollte man als Schiedsrichter am Tisch aber anders entscheiden.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6834
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon John » 14. Mär 2017 10:25

Ich verstehe ja, MrKite, dass du als Jurist genau diesen Standpunkt vertreten musst.
Ich empfinde marvins Sichtweise als überzeugend. Ich hoffe dass sich das Skatgericht eines Tages ebenfalls überzeugen lässt. Bis dahin sollte man als Schiedsrichter am Tisch aber anders entscheiden.


Das Problem ist jedoch nur: Wie kann man ein Skatgericht jemals überzeugen? Wie sind die Strukturen "von unten nach oben", die einfache Skatschiedsrichter zu denen machen würden, die der oberen Instanz argumentativ nachweisen, dass vielleicht ein anderes als das zur Zeit für Schiris verpflichtende Urteil das überzeugendere wäre.

Wäre da nicht daran zu denken, dass ein Schiedsrichter ein Urteil fällt, von dem er überzeugt ist, dass es das richtige ist? Und dann sein Urteil überzeugend begründet und damit - vielleicht - erreicht, dass es - obwohl momentan gegen die gültige Rechtsprechung - bestehen bleibt, weil das Skatgericht sich durch die - hoffentlich bis ins Letzte ausgefeilte Begründung - hat überzeugen lassen.

Oder glaubst du an ein "sich selbst ohne Not überzeugendes Skatgericht"? Ich nicht, schon deshalb nicht, weil es davor in der Vergangenheit (und vielleicht immer noch) zu oft wegen Ausnahmeregelungen oder widersprüchlichen Entscheidungen gescholten worden ist.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Nicht gewinnbarer Grand doch gewonnen?

Beitragvon marvin » 14. Mär 2017 19:57

Ich ziehe gar keine Reißleine. Die GP hat einen Regelverstoß begangen, indem ein Spieler einen Teil der Karten des anderen angesehen hat, ja sogar mit seinen eigenen vermischt hat. Das führt dann zu den üblichen Konsequenzen eines Regelverstoßes, zu denen aber auch der 5.4.3 gehört.
marvin
 
Beiträge: 1189
Registriert: 23. Mär 2007 01:31
Wohnort: Idstein


Zurück zu Regelwerk

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste