HomerJay hat geschrieben:Allerdings habe ich meine Zweifel, dass Spieler, die den Grand mit Bubenaufschlag starten, mit diesem Motiv vertraut sind.
Mit den Mittelbuben kann man schon mit einem Buben starten, wenn man die 10 der schwachen Farbe gedrückt hat und dieses Motiv kennt. Das Risiko ist dabei doch sehr überschaubar und ein potenzieller Schneider bringt immerhin 24 nicht zu verachtende Zusatzpunkte. Mit nur den zwei roten Buben ist das hingegen schon ziemlich bescheuert. Entweder hat sich der AS dabei von einer 18er bis 24 Reizung blenden lassen, dass die Buben kommen müssen. Dann wäre er ziemlich überheblich. Oder er hat schlicht keinen Schimmer von Skat.
Aber es ist meines Erachtens ziemlich müßig, zu versuchen, die Gründe des AS für ein solch fahrlässiges Spiel herauszubekommen. Hier geht es doch um die Bewertung des Gegenspiels. Und dabei stellt sich immer die Frage, was will ich vermitteln: prinzipiell richtiges Spiel oder spekulatives Spiel in der Form, dass ich darauf baue, dass der AS Fehler macht (oder gemacht hat), die dann unsere Spielidee erfolgreich machen.
Und da habe ich eine ganz eindeutige Meinung. Solange ich keine plausiblen Gründe zu der Annahme habe, dass der AS dazu neigt, sich seine Spiele selbst uzudrehen, sollte ich das prinzipiell richtige Spiel anstreben. Dementsprechend gilt es auch die "Lehrsätze" so zu formulieren, dass sie im Allgemeinen praxistauglich sind und nicht nur in seltenen Sondersituationen. Ich habe in meiner Skatschule auf Skat1x1 geschrieben, dass es Spiele gibt, die man umdrehen muss und Spiele, die man umdrehen kann. Man sollte sich auf die fokussieren, die man umdrehen muss. Denn nur dann wird man sein Spiel effizient gestalten.
In diesem konkreten Fall bedeutet das, dass ich an Stelle von MH im ersten Stich nicht davon ausgehen kann, dass HH beide schwarzen Buben führt. Also zeige ich auch nicht zwingend die Gegenfarbe an, sondern werfe die schlüssigste Karte ab. Dagegen macht die Gegenfarbe im zweiten Stich Sinn, da das Desaster des AS nun offenkundig ist.
Zaccone und du schlagen hingegen eine Spielweise vor, die extrem spekulativ ist. Sie baut einzig auf den Fall, dass VH noch den Pik B hat und das Motiv nicht kennt, den zweiten Schuss zu stechen. Ansonsten ist sie nicht erfolgreich. Das kann m.E. auf Dauer nicht der richtige Weg sein. Deshalb habe ich auch frereb's Spielweise als Fehler bezeichnet, weil sie nur richtig gewesen wäre, wenn MH falsch gespielt hätte. Klingt ein bisschen kompliziert, sorry, sollte aber trotzdem verständlich sein. Denn schließlich kann ich im Gegenspiel nicht darauf bauen, dass mein Partner falsch spielt. Insbesondere dann nicht, wenn ich zu wenig über seine Spielstärke weiß, um ihn als schwachen Spieler zu klassifizieren. Dann muss ich ihm schon vertrauen.
Deshalb hätte ich auch, wenn frereb anschließend Pik gespielt hätte, und Herz wäre die richtige Wahl gewesen, ihn von jeglicher Schuld am Spielverlust freigesprochen. Denn dann hätte MH schlecht gespielt.